Rötelzeichnungen an der Turmwand
ARMAN KALTEIS
ARMAN KALTEIS
Chronik

St. Pölten: Barocke Wandskizzen entdeckt

Seit Mai wird der St. Pöltner Rathausturm saniert. Dabei wurden kürzlich historisch bedeutende Wandzeichnungen entdeckt. Laut Auskunft des Magistrats stammen sie vermutlich aus dem 17. Jahrhundert. Nun sollen sie näher untersucht werden.

Bei den historischen Wandzeichnungen handelt es sich der Stadt St. Pölten zufolge um Rötelzeichnungen. Die derzeit mit dem Wandfund beschäftigte Restauratorin Martina Petuely (s. Bild oben) vermutet ihren Ursprung „mit hoher Wahrscheinlichkeit im 17. oder am Anfang des 18. Jahrhunderts. Urheber könnte der Turmwärter gewesen sein, der zur damaligen Zeit im obersten Geschoß lebte.“

Somit dürften die Zeichnungen einige Zeit nach dem Bau des Turm entstanden sein. Der Rathausturm wurde 1591 fertiggestellt. Petuely machte den Fund vor etwa zwei Wochen und legte die Wandzeichnungen seither im Zuge der Restaurierungsarbeiten Stück für Stück frei.

Skizzen typisch für Barockzeit

Der Einschätzung der Restauratorin nach haben die Zeichnungen jedenfalls „einen hohen historischen Wert, weil es eine Quelle für die damalige Zeit ist. Wir haben bei den drei Zeichnungen zum Beispiel eine männliche Person dabei, die eine zeittypische Tracht anhat, sie hat einen geknöpften Mantel, der unten offen ist. Die Person hat eine Bundhose an, was auch sehr typisch für diese Zeit ist. Es handelt sich also um ein sehr schönes Zeitdokument“, so Petuely.

Eine Skizze könnte eine Hausfassade abbilden, eine weitere zeigt ein leeres Medaillon. „Da damals Papier etwas sehr Besonderes und Teures war und es nicht jeder zur Verfügung hatte, hat man damals erste Entwürfe oder Skizzen oft an Wände gemalt“, erklärt die Denkmalpflegerin.

Wandzeichnung
Martina Petuely
Die drei Rötelzeichnungen stellen Restauratorin Petuely zufolge einen Mann in barocker Tracht, eine Fassade oder ein Möbelstück und ein Medaillon dar

Weitere Untersuchungen sollen Details klären

Dass noch weitere Untersuchungen notwendig seien, bekräftigte auch Thomas Pulle, Leiter des St. Pöltner Stadtmuseums. Zwar teilt auch er „eindeutig“ die Einschätzung, dass sich die skizzenhaften Arbeiten „in die Barockzeit um das 17. oder 18. Jahrhundert datieren lassen.“ Rätsel geben aber Details auf, wie beispielsweise ein Schlüssel als Attribut einer gezeichneten männlichen Person. "Handelt es sich um einen Repräsentanten der Stadt, einen ‚Schlüsselgewaltigen‘ oder verweisen die Schlüssel gar auf den Heiligen Petrus, der immer durch den an ihm beigegebenen Schlüssel zu erkennen ist? Künftige Forschungen werden hier vielleicht Licht ins Dunkel bringen.“

Der Fund der diversen Rötelzeichnungen zeige Pulle zufolge jedoch eindrücklich, „dass bei historisch bedeutenden Bauten auch unter der vermeintlich glatten Oberfläche immer wieder Überraschendes zu finden ist.“ Die Sanierung des St. Pöltner Rathausturmes soll laut einer Aussendung der Stadt bis Ende 2021 dauern. Im Zuge der Bauarbeiten wird der Turm öffentlich zugänglich gemacht.