Erwin Steinhauer wurde am 19. September 1951 in Wien geboren, wuchs am Alsergrund auf, maturierte mit 17, brach das auf Wunsch des Vaters begonnene Studium (statt Jus wurde es allerdings Lehramt für Deutsch und Geschichte) ab – und wurde Kabarettist. Nach Engagements u.a. am Wiener Kabarett Simpl und am Düsseldorfer Kom(m)ödchen brachte er 1982 mit „Entlassen!“ sein erstes Soloprogramm heraus, dem etliche weitere – darunter „Café Plem-Plem“ (1984) und „Auf der Schaufel“ (1989) – folgten.
Zwischen 1992 und 2001 legte er mit der Begründung „Wenn sich bei dem Kabarett, das man macht, außer dem Bankkonto nichts bewegt, dann hat das keinen Sinn“ eine Kleinkunst-Pause ein. Später hatte er u.a. mit dem Farkas/Grünbaum-Programm „Was lachen Sie?“ mit Heinz Marecek großen Erfolg.
„Ich war der, wegen dem die Leute gern lachen“
Steinhauer hat in Dutzenden Hörspielen und mehr als 100 Film- und Fernsehproduktionen mitgewirkt. Nicht alle waren Qualitätsprodukte, wie er in seiner 2007 erschienenen Biografie offen zugibt: „Auf meiner Filmliste ist Vieles darunter, das ich gemacht habe, um zu überleben. Nicht immer war ich relevant und oft nicht einmal besonders wichtig, sondern ich war einfach der, wegen dem die Leute gern lachen.“
Mit den Verfilmungen von Alfred Komareks „Polt“-Krimis durch Julian Pölsler, in den drei „Brüder“-Filmen von Wolfgang Murnberger, aber auch in der ORF-Krimiserie „Trautmann“, in der TV-Satirereihe „Die 4 da“ und der Fernsehserie „Die Toten von Salzburg“ wirkte er jedenfalls an vielen Produktionen mit, die Bestand haben.
Zuletzt war er etwa im TV-Dreiteiler „Maximilian – Das Spiel von Macht und Liebe“, in Michael Kreihsls Verfilmung des Daniel-Glattauer-Romans „Die Wunderübung“ oder in der Komödie „Vier Saiten“ – ebenfalls unter der Regie von Kreihsl und an der Seite von Otto Schenk und Marianne Mendt – zu erleben.
Er war der Herr Karl, der Bockerer, Frosch und Mammon
Als Regisseur inszenierte Steinhauer u.a. „Muttertag“ der Gruppe Schlabarett, aber auch Mitterers „Ein Jedermann“ oder Nestroys „Liebesgeschichten und Heiratssachen“ in der Josefstadt. Als Burgtheater-Ensemblemitglied (1982-88) spielte Steinhauer u.a. „Der Herr Karl“ und den Minister Flint in „Professor Bernhardi“, am Volkstheater den Fortunatus Wurzel im „Der Bauer als Millionär“, an der Volksoper und am Theater an der Wien den „Fledermaus“-Frosch, bei den Salzburger Festspielen den Mammon im „Jedermann“, am Landestheater Niederösterreich den Bockerer und den Tartuffe.
Am Theater in der Josefstadt in Wien war er u.a. als Oskar in „Geschichten aus dem Wiener Wald“, Bankier Natter in „Das weite Land“, Zwirn im „Lumpazivagabundus“, Patriarch Helge in „Das Fest“ und Pädophiler in David Harrowers Missbrauchsdrama „Blackbird“ zu sehen.
Im Gedenkjahr 2014 – in Erinnerung an den Ausbruch des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren – stand er etwa als Untersuchungsrichter Leo Pfeffer in die „Schüsse von Sarajevo“ auf der Bühne bzw. als Gouverneur von Bosnien-Herzegowina für Andreas Prochaskas „Das Attentat – Sarajevo 1914“ vor der Kamera. Außerdem adaptierte Steinhauer gemeinsam mit Franz Schuh Karl Kraus’ apokalyptisches Drama „Die letzten Tage der Menschheit“ zu einem eindringlichen Theaterabend. Das daraus entstandene Hörspiel wurde bei der ORF-Publikumswahl zum besten des Jahres gewählt.
„Meine Familie ist mein Anker, sonst wäre ich allein“
Apropos Preise: Über einen diesbezüglichen Mangel kann sich Steinhauer auch nicht beschweren. Er darf u.a. den Salzburger Stier, die Romy, den Karl-Skraup-Preis und Goldene Ehrenzeichen aus Wien und dem Burgenland sowie das Große Goldene Ehrenzeichen des Landes Niederösterreich sein Eigen nennen. Für die Rolle des traumatisierten Kriegsreporters in „Thank You For Bombing“ (2016) erhielt er den Diagonale-Schauspielpreis, ein Jahr später wurde er zum Kammerschauspieler ernannt.
Neben Sohn Matthias (geboren 1980) hat Steinhauer auch Tochter Iris (geb. 1978), die ebenso wie sein jüngstes Kind, Stanislaus (geb. 2000), mit getrennten Eltern aufgewachsen sind. Der familiären Harmonie dürfte das nicht groß schaden. „Wir sind sehr eng, meine Familie ist mein Anker, sonst wäre ich allein und unwichtig“, bekannte Steinhauer vor wenigen Monaten im „Standard“.
Karriere und Leben in Buchform: „Der Tragikomiker“
Anlässlich seines 70ers dürfte sich der Jubilar wohl auch sehr über jenes Geschenk freuen, das ihm sein langjähriger Freund und Wegbegleiter Fritz Schindlecker machte. Sein Buch „Der Tragikomiker“ (Ueberreuter Verlag) lässt das Leben und vor allem die Karriere des Kabarettisten und Schauspielers auf liebe- wie humorvolle Weise Revue passieren.
Der Kabarett-, Drehbuch- und Bühnenautor Schindlecker kennt Steinhauer seit Mitte der 1980er-Jahre. Gemeinsam haben sie nicht nur Sketches und Lieder entwickelt und in Fernsehproduktionen zusammengearbeitet, sondern auch Bücher wie „Sissi, Stones und Sonnenkönig“, „Wir sind super – die österreichische Psycherlanalyse“ oder „Fröhliche Wei(h)nachterl – eine schöne Bescherung“ veröffentlicht.
Auf mehr als 180 Seiten und illustriert mit etwa 40 Fotos „geht es um Steinhauers unterschiedliche Karrierestationen von Kabarett und Theater über Gesang und Lesung bis zu Film und Fernsehen sowie um allerlei Privates. Geschrieben ist dieser biografische Streifzug in lockerem, launigen Ton und mit liebevoller Zugewandtheit – gespickt mit jeder Menge Anekdoten“, heißt es in einer APA-Rezension.
Der ORF würdigt den Künstler Erwin Steinhauer
Steinhauer brachte es zu einem der großen Publikumslieblinge seiner Zunft. Der ORF nimmt den 70er deshalb zum Anlass, den Schauspieler ausführlich zu würdigen. ORF 2 tut dies vor allem am 18. September und bringt etwa mit „Erwin“ (22.00 Uhr) ein Roadmovie, in dem Steinhauer mit seinem Sohn und Schauspielerkollegen Matthias Franz Stein wichtige Stationen seines Lebens besucht und dabei Weggefährten und Freunde wie Ulrike Beimpold, Rupert Henning oder „Polt“-Autor Alfred Komarek trifft. Darüber hinaus gibt es ein Wiedersehen in je einer Episode von „Die Toten von Salzburg“ (20.15 Uhr) und „Polt“ (23.05 Uhr).
ORF III lässt Steinhauer am Wochenende von 24. bis 26. September hochleben. Einer der Höhepunkte ist etwa die „Erwin-Steinhauer-Gala“ am Freitag (20.15 Uhr) mit zahlreichen Ausschnitten aus Kabarettprogrammen, Film- und Serienrollen sowie mit Gästen wie Lukas Resetarits oder Fritz Karl, die sich an gemeinsame lustige Begebenheiten erinnern. Im Anschluss (21.50 Uhr) ist mit „Zu meiner Zeit – Erwin Steinhauer“ ein Porträt des Künstlers zu sehen. Am Sonntag wiederum zeigt ORF III die gesamte „Brüder“-Trilogie (ab 14.55 Uhr).
Der Radiosender Ö1 feiert den Publikumsliebling ebenfalls in einigen Sendungen. Am 18. September (14.00 Uhr) steht das Hörspiel „Madonnenterror“ von Andreas Jungwirth mit Steinhauer, Rupert Henning und Peter Huemer auf dem Programm. Und am 29. Oktober (19.30 Uhr) überträgt „Kabarett direkt“ live den Abend „Alles Gute Erwin Steinhauer“ aus dem Salzburger Oval.