Großschönau
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Chronik

Großschönau will EU-Vorzeigedorf werden

Die Gemeinde Großschönau (Bezirk Gmünd) bewirbt sich um den europäischen Dorferneuerungspreis. 26 Orte aus zwölf Ländern stehen in der engeren Auswahl für die Auszeichnung, die besonders innovative und engagierte Dörfer kürt.

Vor allem mit den Projekten zur Energiewende will Großschönau bei der Jury punkten. Der Ort ist eine e5-Gemeinde, was für eine besonders gelungene Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen steht. Im 500-Einwohner-Ort im Waldviertel gibt es etwa mit der Sonnenwelt eine Erlebniswelt für erneuerbare Energie, das Forschungszentrum Sonnenplatz, mehrere Ladesäulen für E-Autos oder die Bioenergiemesse BIOEM, die 1986 gegründet wurde.

Damals hatte Großschönau etwa 250 Einwohnerinnen und Einwohner, sagt Bürgermeister Martin Bruckner (ÖVP). So gut wie alle waren in den Aufbau der Messe eingebunden. Auch heute bemühe man sich, die Bevölkerung für die Dorferneuerung zu begeistern. So wurde etwa eine Kinderbetreuungseinrichtung gebaut, ebenso ein Gesundheitszentrum. „Wir wollen urbane Infrastrukturqualität mit ländlicher Lebensqualität verbinden“, so Bruckner.

Den Weitblick bei der Energiewende bewies Großschönau auch bei der Digitalisierung: 2004 baute die Gemeinde auf eigene Kosten eines der ersten Glasfasernetze im Bundesland. Damals für viele noch unbekanntes Terrain, weshalb Martin Bruckner mit einigem an Gegenwind konfrontiert war, wie er sagt: „Man hat uns damals milde belächelt, aber wir haben uns nicht vom Weg abbringen lassen.“

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Großschönau, PV-Anlage auf Dach
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Photovoltaikanlagen finden sich in Großschönau an allen Ecken und Enden
Großschönau, E-Tankstelle
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Ebenso Ladestellen für Elektroautos
Großschönau, Bioenergiemesse 2019
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Die „BIOEM – Messe für nachhaltiges Leben" feiert nächstes Jahr ihre 35. Ausgabe
Großschönau, Sonnenwelt
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In der Sonnenwelt werden die Vorteile der Energiewende erlebbar

Das alles wirft Großschönau nun in die Waagschale, um den europäischen Dorferneuerungspreis zu gewinnen. 26 Dörfer aus zwölf Ländern nehmen teil, darunter etwa Kommunen aus Deutschland, Belgien, Estland, den Niederlanden, der Schweiz oder Ungarn. Großschönau geht für Niederösterreich ins Rennen, aus Österreich kandidieren aber auch Rohrbach bei Mattersburg (Burgenland), Trebesing (Kärnten) und Prutz (Tirol). 1998 gewann mit Obermarkersdorf (Bezirk Hollabrunn) zuletzt eine niederösterreichische Gemeinde.

Jury besichtigt alle teilnehmenden Dörfer

Vergeben wird der Preis von der „Europäischen Arbeitsgemeinschaft für Landentwicklung und Dorferneuerung“ im Abstand von zwei Jahren. Anfang Oktober entscheidet eine Jury – bestehend aus Agrarwissenschafterinnen und -wissenschaftern, einem Stadtplaner, ehemaligen und aktiven Bürgermeistern, sowie Beamtinnen und Beamten aus den Bereichen Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft oder Raumordnung – wer Europas innovativstes Dorf ist.

Mit dem Preis sollen Best-Practice-Beispiele Aufmerksamkeit erlangen. Die Orte sollen voneinander lernen, sich vernetzen und gute Projekte kopieren. Menschen motivieren, sich im eigenen Dorf zu engagieren – so fasst es der Vorsitzende der ARGE Landentwicklung und Dorferneuerung, Niederösterreichs Alt-Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP), zusammen.

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Großschönau, Wirtshaus 2002
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Bereits 2002 ist Großschönau der niederösterreichische Kandidat für den Dorferneuerungspreis. Damals klappt es nicht, der Preis geht an das Große Walsertal (Vorarlberg).
Großschönaus Bürgermeister Martin Bruckner, 2002
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Bürgermeister Martin Bruckner ist auch 2002 bereits im Amt, 2000 wurde er erstmals zum Ortsvorsteher gewählt

Pröll sieht den ländlichen Raum durch den von der Pandemie ausgelösten Trend zum Wohnen am Land gestärkt, fürchtet aber, dass das Ehrenamt zu stark gelitten hat. Bis zu 500.000 Freiwillige in Sportvereinen hätten in den letzten eineinhalb Jahren ihr Engagement beendet. „Ich warne davor, dass sich diese Entwicklung weiter vorantreibt, denn das wäre für die Entwicklung der Dörfer und des ländlichen Raumes etwas Fatales“, so Pröll.

Für Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) sind die Kooperationen rund um die Stadt- und Dorferneuerung Multiplikatoren. Als Land unterstütze man diese Dynamik und helfe, übergeordnete Fragen zu beantworten, etwa wenn es um Infrastruktur oder die Dezentralisierung von Arbeitsplätzen gehe. Gelungene Dorferneuerung könne nur über Jahrzehnte funktionieren, „denn eine Entwicklung eines Dorfes oder einer Stadt ist nie zu Ende, weil es immer wieder neue Herausforderungen zu bewältigen gibt und sich immer wieder neue Möglichkeiten ergeben.“

Gemeinde schon öfter im Rampenlicht

Erwin Pröll und Bürgermeister Martin Bruckner präsentierten Großschönau bereits 2002 als niederösterreichischen Bewerber für den Dorferneuerungspreis. Damals gelang der Sieg nicht, aber seitdem gewann der Ort eine Reihe von Preisen für sein Engagement: etwa den Österreichischen Klimaschutzpreis 2014, den Climate Star des Landes Niederösterreich 2012 und erst heuer wurde Großschönau zur besten Gemeinde in der Europaregion Donau-Moldau gekürt.

„Preise sind ja nicht das Brot des Lebens, aber sie helfen einfach, die eigene Bevölkerung davon zu überzeugen, dass es gut ist, was da geschieht und noch mehr Motivation zu streuen, sich zu engagieren und mitzumachen“, sagt Bruckner. Dazu würde auch der europäische Dorferneuerungspreis beitragen.