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Aus für Krisentelefon nach 20 Jahren

Das Krisentelefon Niederösterreich ist Ende August nach 20 Jahren eingestellt worden. Mit ein Grund ist, dass es inzwischen viele andere Organisationen gibt, die Menschen in schwierigen Lebensumständen weiterhelfen. Erste Anlaufstelle ist mittlerweile oft 1450.

Das Krisentelefon Niederösterreich – ein Angebot des Hilfswerks, finanziert vom niederösterreichischen Gesundheits- und Sozialfonds (NÖGUS) – wurde Ende August eingestellt. Zuletzt ging die Nachfrage nach dem Angebot laut NÖGUS immer weiter zurück. Für den Rückgang an Anrufen gäbe es laut NÖGUS zwei Gründe: Einerseits wurden seit der Gründung vor 20 Jahren viele Organisationen geschaffen, die ebenfalls telefonische Hilfe in schwierigen Lebenssituationen anbieten. Gleichzeitig wurde mit der Gesundheitshotline 1450 eine bundesweite Anlaufstelle gegründet, die sich generell um alle gesundheitlichen Fragen – und damit auch um die Psyche von Menschen – kümmert.

Man habe in den letzten Jahren die Erfahrung gemacht, dass sich Betroffene öfter bei 1450 direkt melden. Um weitere Doppelgleisigkeiten zu vermeiden, wurde daher der Betrieb des Telefondienstes in Niederösterreich eingestellt, heißt es beim NÖGUS.

Eigentlich nur Nachbetreuung

Die Verschiebung hin zu 1450 habe laut NÖGUS auch Vorteile gehabt. Denn, anders als das Krisentelefon, ist die bundesweite Gesundheitshotline auch bei den Notruforganisationen, wie etwa Notruf Niederösterreich, eingebunden. Dadurch entstehen wesentlich schnellere und weitere Handlungsspielräume am Telefon. So kann zum Beispiel auch ein psychosozialer Dienst zu den Anrufenden nach Hause geschickt werden, sofern dies während des Gesprächs gewünscht wird.

Solche Möglichkeiten hatte man beim Krisentelefon Niederösterreich nicht. Der Grundgedanke bei der Gründung war eigentlich, dass Menschen nach einer Betreuung in einer psychiatrischen Einrichtung ein telefonischer Dienst zur Verfügung gestellt wird. Sozusagen eine Nachbetreuung bei Fragen aller Art. Erst später haben sich laut NÖGUS auch Personen gemeldet, die das Angebot für Beratungen und Gespräche genutzt haben.

Kritik der Grünen: „Ausdünnen der Beratung“

Kritik am Ende des Krisentelefons kam am Donnerstag von den Grünen Niederösterreich. Sozialsprecherin und Landtagsabgeordnete Silvia Moser kritisiert das als falsches Signal an Menschen in Krisensituationen, „gerade in Zeiten, in denen psychische Belastungen als Folge der Pandemie gehäuft auftreten“. Die niederschwellige und anonyme Telefonberatung bleibe damit auf der Strecke. "Gerade für Menschen mit suizidalen Gedanken, Menschen, die in schweren Krisen stecken und Hilfe benötigen, war das NÖ Krisentelefon die Anlaufstelle Nummer 1 in unserem Bundesland“, so Moser, die auch eine parlamentarische Anfrage ankündigte.

Von akuter Hilfe bis zum Gespräch

Auch wenn mit dem Krisentelefon Niederösterreich ein Angebot für Menschen in schwierigen Lebenssituationen nun wegfällt, gibt es nach wie vor verschiedene Anlaufstellen, bei denen man sich Hilfe in Krisenzeiten holen kann. Das Angebot ist vielschichtig, je nach Lebenslage, Alter, Geschlecht und Situation. Alle Gespräche werden vertraulich behandelt:

  • Telefonseelsorge
    Tel.: 142 (Notruf), täglich 0–24 Uhr
    Telefon-, E-Mail- und Chat-Beratung für Menschen in schwierigen Lebenssituationen oder Krisenzeiten.
  • Ö3-Kummernummer
    Tel.: 116 123, täglich 16-24 Uhr
    Die Ö3-Kummernummer ist eine Erstanlaufstelle für Menschen in persönlichen Notlagen.
  • Rat auf Draht
    Tel.: 147, täglich 0–24 Uhr
    Beratung für Jugendliche und Kinder.
  • Kindernotruf
    Tel.: 0800 567 567, täglich 0–24 Uhr
    Der Kindernotruf ist eine Telefonberatung in akuten Krisen sowie Konfliktsituationen.
  • Frauenhelpline
    Tel.: 0800 222 555, täglich 0-24 Uhr
    Die Frauenhelpline gegen Gewalt bietet Informationen, Hilfestellungen, Entlastung und Stärkung – auch in Akutsituationen.
  • NÖ Frauentelefon
    Tel.: 0800 800 810, Mo-Do 9–12 Uhr
    Bei psychischen, sozialen, rechtlichen, gesundheitlichen und wirtschaftlichen Fragen helfen Ihnen die Expertinnen des NÖ Frauentelefons weiter.
  • Männernotruf
    Tel.: 0800 246 247, täglich 0-24 Uhr
    Der Männernotruf bietet Männern in Krisen- und Gewaltsituationen eine erste Ansprechstelle.