Alexandra Meixner im Gespräch mit Robert Friess
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„Ganz Persönlich“

Alexandra Meixner: „Neugierde ist Triebfeder“

Extremsportlerin Alexandra Meixner hat am Mittwoch ihren fünften Weltrekord aufgestellt. Im Interview erzählt die Waldviertlerin, wie der Sport zur Leidenschaft wurde, wie er sich mit ihrem Beruf als Ärztin vereinbaren lässt und von Missbrauchserfahrung.

13.333,3 Kilometer innerhalb von 30 Tagen auf einem Fahrrad: Das ist der jüngste Weltrekord von Alexandra Meixner aus Sankt Martin (Bezirk Gmünd). Dafür legte sie die Strecke am Donauradweg zwischen Hollenburg bei Krems und Traismauer (Bezirk St. Pölten) 36 bis 42 Mal pro Tag zurück, das Tagespensum von Meixner betrug somit 444,44 Kilometer.

Es war der insgesamt fünfte Weltrekord der Niederösterreicherin in verschiedenen Ultratriathlon-Disziplinen. Zu den größten Erfolgen in der 20-jährigen Karriere von Meixner zählen zudem zwei Teilnahmen beim „Race across America“ und ein weiterer Weltrekord als schnellste Frau beim „Race across Australia“.

Die 50-Jährige, die unter anderem 20 Triathlons hintereinander schaffte, gehört zu Österreichs Aushängeschildern im Ausdauersport und ist unter anderem auch Gynäkologin, Sexualtherapeutin und Autorin. Wie sie sich nach ihrer jüngsten Höchstleistung fühlt, wie es zu ihrer Leidenschaft für Extremsport gekommen ist und wie sich das alles mit ihrem Beruf als Ärztin vereinbaren lässt, schildert sie im Gespräch mit Robert Friess.

noe.ORF.at: Alexandra Meixner, wir sind hier im Basislager Ihres Weltrekords, in einem Bootshaus in Hollenburg im Bezirk Krems. Wie geht es Ihnen?

Alexandra Meixner: Körperlich geht es mir sehr gut, emotional bin ich mir noch nicht so ganz sicher. Einerseits ist da die Erleichterung und die Freude über den Weltrekord, anderseits aber auch ein bisschen Leere. Die schönen Erlebnisse der letzten dreißig Tage klingen noch in mir nach und haben mich ein bisschen süchtig gemacht. Die vermisse ich jetzt schon.

noe.ORF.at: 13.333,3 Kilometer in 30 Tagen, wieso tut man sich das an?

Meixner: Ich empfinde es nicht so, als würde ich mir das antun. Die Entscheidung ist eigentlich deswegen gefallen, weil ich einfach neugierig war, ob das funktionieren kann. Ich mache meine sportlichen Projekte aus einer Neugierde heraus, wie sich etwas anfühlt, ob etwas überhaupt geht, wie es geht und welche Probleme – sowohl mentaler als auch gesundheitlicher Natur. Eigentlich ist Neugierde meine Triebfeder.

noe.ORF.at: Wann hat Ihre Leidenschaft für den Extremsport begonnen?

Meixner: Ich bin langsam hineingewachsen. Sportlich war ich nie, ich war bewegungsfreudig. Ich schätze, circa mit 28, 29 Jahren, als ich mit dem Studium schon fertig war, habe ich begonnen zu laufen und Rad zu fahren. Als ich dann 30 Jahre alt war, habe ich mich einmal verlaufen und bin 20 Kilometer gelaufen. Ein Bekannter hat mir gesagt, ich sei einen Halbmarathon gelaufen und wer das kann, könne auch einen ganzen Marathon rennen. Danach bin ich den Wachau-Marathon gelaufen und irgendwann habe ich gehört, dass es einen Ironman gibt, später vom doppelten Ironman gehört, von einem Dreifachen, einem Fünffachen. Und dann war da immer diese Neugierde, wie so etwas funktioniert und ob ich das auch kann.

Alexandra Meixner
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Alexandra Meixners Karriere begann mit einer Teilnahme am Wachau Marathon. Mittlerweile hat sie fünf Weltrekorde aufgestellt.

noe.ORF.at: Sie sind Ärztin und machen auch eine Ausbildung zur Psychotherapeutin. Ist der Extremsport nicht so etwas wie eine Sucht?

Meixner: Das hab ich selber schon oft überlegt. Eine Sucht ist so negativ behaftet. Früher habe ich gesagt, ja, es ist eine Sucht, weil meine Gedanken darum kreisten, wann ich trainieren kann, wieviel ich trainieren kann und wie ich das alles unterbringen kann. Ich bin für mich allerdings zu einem versöhnlicheren Ausdruck gekommen und bezeichne meinen Sport heute als Leidenschaft.

noe.ORF.at.: Sie haben auch eine Ausbildung als Sexualtherapeutin gemacht. Was waren die Gründe dafür?

Meixner: Das ist in meiner Jugend zu suchen. Ich wurde als Jugendliche sexuell missbraucht. Das war für mich ein ganz prägendes, schlimmes Ereignis. Ich glaube, dass ich dadurch ein sehr gestörtes Verhältnis zu meinem Körper hatte. Mein gesamtes Körperbewusstsein war komplett gestört, ich habe meinen Körper lange nicht gespürt und es hatte auch einen prägenden Einfluss auf meinen Selbstwert. Um das aufzuarbeiten, habe ich den Weg gewählt, eine Sexualtherapieausbildung zu machen.

noe.ORF.at: Ist nicht auch der Extremsport eine Art, damit umzugehen?

Meixner: Ich habe das auch schon sehr stark überlegt. Ich habe zwei Erklärungen, wieso ich immer leistungsorientiert unterwegs war. Ich möchte stärker sein, ich möchte besser sein, vor allem auch oft stärker als Männer und das hat schon mit dem Missbrauch zu tun. Einerseits, um mich zu beweisen, andererseits waren wir Zuhause sechs Mädels und ich wollte für meinen Vater immer so wie ein Sohn sein.

noe.ORF.at: Sie sind Ärztin in Sankt Martin im Bezirk Gmünd und haben ein zeitaufwendiges Hobby. Wie schaffen Sie beides?

Meixner: Mit großer Unterstützung meines Mannes, meiner Familie und auch meiner Freunde, die alle akzeptieren, dass ich sehr wenig Zeit habe für sie und die mir trotzdem die Freundschaft nicht kündigen. Und natürlich nehme ich Schlafmangel in Kauf, weil ich sehr früh aufstehe vor der Ordination, um zu trainieren. Vor allem aber gelingt es mir mit viel Freude und einer Leidenschaft dafür.