Auffallend ist, dass die Impfbereitschaft – im Durchschnitt gesehen – mit dem Abstand zu Wien abnimmt, wenn man sich das Most- und das Waldviertel ansieht. Impfspitzenreiter in Niederösterreich ist die Gemeinde Aderklaa (Bezirk Gänserndorf) mit mehr als 80 Prozent Erstgeimpften. Statistisches Schlusslicht ist Dorfstetten (Bezirk Melk). Dort haben etwas mehr als 41 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner eine erste Impfung erhalten (Stand 21.09.2021).

Der Bürgermeister von Aderklaa Bernhard Wolfram (ÖVP) meint, die hohe Impfquote erkläre sich dadurch, dass man die Pandemie im Ort stets sehr ernst genommen habe. Kurt Wittmann, einer der Bewohner der 200-Einwohner-Gemeinde, ist stolz auf die hohe Impfquote: „Ich glaube, in dieser Gemeinde hat es immer eine große Verbundenheit gegeben. Ich bin überzeugt, dass wir nicht umsonst Impfweltmeister sind.“
Überschaubare Größe und Nähe zur Großstadt
Ein anderer Bewohner sieht die überschaubare Größe des Ortes als eine mögliche Erklärung. Anders als in einer Großstadt kenne man einander und nehme den Schutz anderer Menschen ernster, heißt es. Eine weitere Erklärung für die hohe Impfquote könnte auch die Nähe zur Großstadt sein. Die jungen Bewohnerinnen und Bewohner würden gerne in Wien in Abendlokale gehen, da sei es sinnvoll geimpft zu sein, so eine Frau aus dem wenige Kilometer entfernten Markgrafneusiedl.

Skepsis und Verunsicherung in Dorfstetten
Ganz anders ist die Situation in Dorfstetten nahe der Grenze zu Oberösterreich. In der Gemeinde gebe es gegenüber der CoV-Impfung viel Skepsis und Verunsicherung, sagt Bürgermeister Alois Fuchs (Bürgerliste Dorfstetten). Über die Impfung müsse sich – Stichwort Eigenverantwortung – aber jeder selbst informieren. Skepsis gegenüber der Impfung bestätigt auch eine Bewohnerin: „Ich glaube nicht, dass das irgendwelche politischen Gründe hat, sondern, dass sich die Leute sicher fühlen wollen. Die wollen noch zuwarten.“
Heidi Höbart, die ebenfalls in Dorfstetten lebt, kann die Skepsis gegenüber der CoV-Impfung nicht nachvollziehen. Sie leidet nach wie vor an den Folgen einer Corona-Erkrankung und musste deshalb auch ihren Job aufgeben: „Ich verstehe es nicht, weil das die einzige Möglichkeit ist, die hilft. Da müssen wir alle zusammenhelfen und da kann man sich das ersparen, was ich habe. Das Long Covid. Und auch, dass die Intensivstationen voll werden. Ich glaube, dass das noch nicht angekommen ist bei den Leuten.“

Sozialer Aspekt spielt große Rolle
Laut dem Psychologen Norman Schmid spielen soziale Aspekte eine große Rolle bei der Entscheidung für oder gegen die CoV-Impfung: „Die Menschauen schauen, was ihr Umfeld macht, angesehene Personen in der Gemeinde, vom Bürgermeister bis zum Fußballtrainer. Wenn die finden, die Impfung ist eine gute Sache, dann werden wahrscheinlich auch viele Bürger da mitmachen.“ Ein Impfzwang sei jedenfalls nicht die richtige Lösung, um die Impfquote in die Höhe zu treiben, denn Zwang verursache erst recht Widerstand, so der Experte.