Tanzszene aus Schwanensee
Jean-Claude Carbonne
Jean-Claude Carbonne
Kultur

Mit „Schwanensee“ ins Jubiläumsjahr

Mit Tschaikowskys berühmtem Ballett „Schwanensee“ eröffnet das Festspielhaus in St. Pölten am Samstag die neue Saison. Dieser „Schwanensee“ ist typisch für das Festspielhaus: Er ist eine Mischung aus traditionellem Tanz und neuer Bewegungssprache.

Natürlich gibt es auch in der Interpretation des französischen Star-Choreografen Angelin Preljocaj Hebefiguren, Tanz auf Zehenspitzen und große Ensembleszenen, aber auch Frauen in Abendkleidern und Männer, die im Smoking tanzen – mit neuen Bewegungsformen. Angelin Preljacaj spielt mit der Tradition, durchaus auch mit Ironie.

Preljocaj eröffnet mit seiner Inszenierung eine ganz besondere Saison 2021/22. Im Frühjahr 2022 feiert das Festspielhaus sein 25-Jahr-Jubiläum, zudem ist diese Spielzeit die letzte der künstlerischen Leiterin, Brigitte Fürle.

noe.ORF.at: Frau Fürle, was zeichnet für Sie die Arbeit von Angelin Preljocaj aus?

Brigitte Fürle: Ich bin seit mehr als 30 Jahren mit Angelin Preljocaj freundschaftlich und beruflich verbunden. Er hat mich sozusagen zum Tanz gebracht. Ich habe damals seine Choreografie von Strawinskys „Les Noces“ gesehen. Sie hat mich sehr berührt. Ich war zu dieser Zeit eigentlich noch Theaterdramaturgin. Dann habe ich begonnen, seine Arbeit zu verfolgen, und seit zehn Jahren arbeite ich sehr treu mit ihm zusammen. Hier im Festspielhaus haben wir mittlerweile vier Produktionen gezeigt, „Schwanensee“ ist nun unsere fünfte Produktion.<<

noe.ORF.at: Was ist für Sie das Typische seiner Handschrift?

Fürle: Was ich ganz besonders an Angelin mag, ist, wie er die Frauenfiguren zeichnet. Er zeigt selbstbewusste, sinnliche Frauen. Ich bin schon sehr gespannt, wie er mit der Figur der Schwanenkönigin umgeht.

Brigitte Fürle
Martina Siebenhandl
Brigitte Fürle, deren letzte Saison als künstlerische Leiterin des Festspielhauses St. Pölten am Samstag beginnt

noe.ORF.at: „Schwanensee“ ist eine epochale Komposition und ein Werk mit ganz langer Tradition. Wie ist er damit zurechtgekommen?

Fürle: Dieses Stück ist wie der Mount Everest. Ein Handlungsballett ist neu in Angelins künstlerischen Biografie. Er hat für „Schwanensee“ eine eigene Musikdramaturgie erarbeitet. Er hat sich die Partitur auf die Szenen zurechtgeschnitten und auch Teile von Tschaikowskys Sinfonien eingebaut. Da ist er schon sehr gut, denn er ist ein sehr musikalischer Choreograph.

noe.ORF.at: Kommen wir nun zum bald darauf folgenden nächsten Höhepunkt im Herbst, dem „Frühlingsopfer“. Da wird Pina Bauschs legendäre Umsetzung aus neuen Blickwinkeln beleuchtet. Wie sieht das aus?

Fürle: Ja, das ist eine unserer ambitioniertesten Arbeiten bisher im Festspielhaus, nicht nur, was meine Spielzeiten betrifft. Pina Bauschs Inszenierung wird von mehr als 30 Tänzerinnen und Tänzern aus 14 afrikanischen Staaten getanzt. Derzeit befinden sich alle im Senegal für die Abschlussproben. Gerade in Zeiten wie diesen ist dieses Projekt äußerst komplex. Wir mussten es bereits mehrmals verschieben. Aber gerade künstlerische Auseinandersetzungen aus Afrika zu zeigen, ist mir ein großes Anliegen. Ich setze auf den Dialog mit der Welt – und die Welt kommt nach St. Pölten.

Tänzer aus Afrika proben das „Frühlingsopfer“
Maarten Vanen Abeele
Afrikanische Tänzer und Tänzerinnen bei einer Probe zum „Frühlingsopfer“

noe.ORF.at: Neben den großen philharmonischen Konzerten des Tonkünstler Orchesters gibt es im Festspielhaus die lange Tradition von Konzerten großer Stimmen aus dem Pop- und Jazzbereich. Da kann man sich beispielsweise auf ein Wiedersehen mit Dee Dee Bridgewater aus Nordamerika freuen.

Fürle: Dee Dee fühlt hier auch schon ein bisschen wie zu Hause. Sie hat bereits öfter im Festspielhaus Konzerte gegeben. Unsere Musikkuratorin Constanze Eiselt hat sie schon mehrfach eingeladen, und sie kommt immer wieder gern. Insgesamt haben wir großartige Frauenstimmen im kommenden Programm, wie zum Beispiel Tori Amos oder Dobet Gnahoré und Angelique Kidjo aus Afrika, also Frauenpower pur in St. Pölten, möchte ich sagen.

noe.ORF.at: Wenn Sie zurückblicken auf die acht Jahre ihrer künstlerischen Leitung, wie ist die Position des Festspielhauses international?

Fürle: Das Festspielhaus ist nicht nur eine der größten Bühnen Österreichs, sondern als weltweit vielbeachtetes Tanzhaus auch ein Kulturbotschafter. Seit seiner Eröffnung ist es zudem Residenz des Tonkünstler Orchesters Niederösterreich. Es ist vor allem die Vielstimmigkeit und Vielseitigkeit des Programms, mit der dieses Haus seinen Erfolg begründet hat.