„Oma, chill doch einmal“, schallt es durch eine kleine Küche in Aggsbach-Dorf. „Was soll ich? Chillen? Was ist denn das schon wieder?“, antwortet Gertrude Lechner – ihren Fans besser bekannt als „Trudeoma“ – ihrer Enkelin Kathrin Stefan. Es ist eines von 180 Videos, die die 90-jährige Pensionistin zusammen mit ihrer Enkelin auf der Plattform TikTok hochgeladen hat.
Wenn es eines gibt, dass Gertrude Lechner in dieser Welt der sozialen Medien beschreibt, dann ist das Authentizität. Sie sei so, wie sie ist, erklärt Enkelin Kathrin Stefan. Sie regt sich über Dinge in ihrem Alltag auf, erklärt wie der perfekte Apfelstrudel gelingt oder schüttelt auch mal den Kopf, wenn es um neumodische Dinge geht. Dass dabei das ein oder andere Missverständnis zwischen Alt und Jung vorkommt, scheint die eher jüngere Gemeinde auf TikTok wohl nicht zu stören. Vielleicht macht das die „Trudeoma“ auch gerade so sympathisch.
Von der Idee zum TikTok-Star
Entstanden ist der TikTok-Account durch Zufall, wie Enkelin Kathrin Stefan erklärt: „Wir haben unsere Großmutter einmal bei einer großen Familienfeier aufgenommen, weil sie bekannt dafür ist, immer wieder gerne mal den Vogel abzuschießen. Meine Tochter (Urenkeltochter von Gertrude Lechner, Anm.) hat dann gemeint, wir könnten das Video doch auf TikTok laden. Das haben wir dann gemacht, es kam gut an – und seitdem betreiben wir den Spaß weiter.“

Gertrude Lechner ist stolz darauf, in so hohem Alter in dem neuen Medium beliebt zu sein. Trotzdem bleibt sie bescheiden: „Ich weiß ja gar nicht, was die alle in mir sehen. Ich bin doch nur eine alte Frau mit 90 Jahren. Was es da so Außergewöhnliches zu sehen gibt, dass verstehe ich nicht. Ich bin sprachlos, wie viele Menschen mir da zusehen.“
Die Videos entstehen ohne große Planung, sondern meist in Alltagssituationen, wenn Enkelin Kathrin Stefan auf Besuch kommt. Dabei muss Gertrude Lechner zu ihrem Glück oft gezwungen werden, meint sie mit einem Augenzwinkern: „Wenn ich beim Fenster raus schaue und ich sie kommen sehe, dann weiß ich bereits, dass ich jetzt wieder geärgert werde. Sie kommt und filmt mich beim Rasenmähen, beim Kochen oder bei sonst was. Immer heißt es ,Oma machen wir das, Oma filmen wir das’. Und ich mache halt mit.“
Die Welt sollte genügsamer werden
Viele in der Fangemeinde loben die „Trudeoma“, sie sei „sehr fit“ oder einfach „am Boden geblieben“, meint Enkelin Kathrin Stefan. Für Gertrude Lechner ist das aber mehr ein Resultat ihres einfachen Lebenswandels. Daher wünscht sie sich, gerade in einer Zeit, wo online über Knopfdruck vieles erhältlich ist, mehr Bescheidenheit von den Jungen.

Denn Gertrude Lechner habe in ihrer Kindheit, in den Wirren des Zweiten Weltkriegs, gelernt, mit kleinen Dingen glücklich zu werden: „Wir hatten damals gar nichts, wir waren einfach froh, wenn uns unsere Mutter Gute-Nacht-Geschichten erzählt hat. Und heute sehe ich, wie die Kinder so viel Spielzeug haben, dass man damit ein ganzes Spielzeuggeschäft füllen könnte. Ich wünsche mir von den Kindern mehr Genügsamkeit. Und das sollten vor allem auch die Eltern ihren Kindern beibringen.“