Politik

ÖVP-Länderchefs stellen sich hinter Kurz

Die ÖVP-Landesparteiobleute stehen trotz der Korruptionsermittlungen geschlossen hinter ÖVP-Chef und Bundeskanzler Sebastian Kurz, der „weiterhin unsere volle Unterstützung“ habe. FPÖ und NEOS fordern seinen Rücktritt, die SPÖ hält Neuwahlen für „unumgänglich“.

In einer gemeinsamen Presseaussendung stellten sich die neun ÖVP-Landesparteiobleute, darunter Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, geschlossen hinter Sebastian Kurz. Der Bundeskanzler habe weiterhin „unsere volle Unterstützung. Wir sind davon überzeugt, dass alle damit befassten Personen zur raschen Aufklärung beitragen werden.“

Die ÖVP-Landesparteichefs gehen zudem davon aus, dass sich die strafrechtlich relevanten Vorwürfe als falsch herausstellen würden und auch aufklären lassen. "Gerade in der jetzigen Situation ist es jedenfalls ganz entscheidend für unser Land, dass wir weiterhin über eine stabile Bundesregierung mit Bundeskanzler Sebastian Kurz an der Spitze verfügen, die für das Wohl dieser Menschen im Land arbeitet.“

Kurz: „Anschuldigungen sind falsch“

Bei seinem Statement vor dem Besuch beim Bundespräsidenten weist Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) erneut alle Anschuldigungen zurück und fordert, dass die Unschuldsvermutung auch für ihn gilt.

In einer kurzen persönlichen Stellungnahme gegenüber der Austria Presse Agentur (APA) sprach Niederösterreichs Landeshauptfrau Mikl-Leitner von einer „schwierigen Situation“. Ihr Vorarlberger Amtskollege Markus Wallner (ÖVP) befand die Vorwürfe als „schwerwiegend“, wollte an diese laut APA auch nicht anstreifen: „Wir in den Ländern haben damit nichts zu tun.“ Deutlichste Distanz drückte der Steirer Hermann Schützenhöfer (ÖVP) aus: „Die Härte der Vorwürfe ist unfassbar. Sie hat eine Dimension erreicht, die an die Grenzen des Möglichen heranreicht“, meinte er, betonte aber gleichzeitig, hinter Kurz zu stehen.

Landbauer fordert Rücktritt

Er könne seine Schadenfreude nicht verheimlichen, „dass es nun auch die türkise Familie der ÖVP getroffen hat“, sagte FPÖ-Landesparteichef Udo Landbauer bei einer Pressekonferenz anlässlich der Herbstklausur der FPÖ in Neuhofen an der Ybbs (Bezirk Amstetten). „Und wenn man sich ansieht, womit sich die ÖVP hier konfrontiert sieht, dann muss ich nicht weiter ausführen, dass es hier nur eine Konsequenz geben kann.“

Landbauer forderte nicht nur den Rücktritt von Kanzler Kurz, sondern auch den Rücktritt „all seiner Gehilfen, die an diesen Machenschaften beteiligt gewesen sind.“ Angesprochen auf das „Ibiza-Video“ und die Rolle des damaligen Vizekanzlers und Bundesparteiobmanns der FPÖ, Heinz-Christian Strache, verwies Landbauer auf unterschiedliche Sachverhalte.

Im „Ibiza-Video“ sei „in Weinlaune etwas daher palavert worden“, so Landbauer, während jetzt der Nachweis der Korruption auf dem Tisch liege. „Wenn man sich ansieht, was die ÖVP hier aufgeführt hat, handelt sich um den ganz klaren Nachweis der Korruption, den es nach der Ausstrahlung des Ibiza-Videos so noch nicht gegeben hat. Und das ist für mich ganz anders zu beurteilen.“

Neuwahl für Schnabl „unumgänglich“

Bereits am Mittwochnachmittag meldete sich der Parteivorsitzende der SPÖ Niederösterreich und Landeshauptfrau-Stellvertreter Franz Schnabl zu Wort. Er forderte alle Parteien auf, „dem System Kurz nun einen Riegel vorzuschieben, gemeinsam einen Misstrauensantrag einzubringen und das verlotterte Bild, das Österreich gerade international zur Schau stellt, zu beenden“. Den Schritt in Richtung Neuwahl sehe er als „unumgänglich“ an.

Dieses Bild sei „einer österreichischen Bundesregierung nicht würdig“, hielt Schnabl in einer Aussendung fest. Nicht nur die Bürgerinnen und Bürger würden sich langsam fragen, „ob hier das, wovon die FPÖ auf Ibiza geträumt hat, tatsächlich von den Türkisen und ihrem Kanzler Kurz ausgelebt wurde“.

Grüne Landessprecherin zurückhaltend

Zurückhaltender zeigte sich Helga Krismer, die Landessprecherin der niederösterreichischen Grünen. „Da der Nationalrat handlungsfähig ist, sehe ich keine Notwendigkeit von Neuwahlen. Die ÖVP muss ihre Verantwortung für das Land selber definieren“, hielt sie gegenüber der Austria Presse Agentur (APA) fest.

Ihr Parteikollege Vizekanzler Werner Kogler und dessen Team seien „Garant für Stabilität und dulden auch keine Querschüsse auf die Justiz“. Österreich befinde sich noch immer in der Corona-Pandemie und habe mit der Steuerreform sowie dem nahenden Budgetbeschluss „den Auftrag gegen die Klimakrise mit Zukunftskonzepten anzukämpfen“

NEOS fordert Ende der Unterstützung

„Hätte die niederösterreichische Volkspartei Rückgrat, hätte sie Kurz spätestens nach Bekanntwerden der beschämenden SMS zum Rücktritt bewegt", reagierte NEOS Niederösterreich in einer Aussendung am frühen Donnerstagnachmittag. „Dass sich ein Politiker mithilfe 1,6 Millionen Euro Steuergeld an die Macht schummelt und damit die Wählerinnen und Wähler sowie die eigene Partei betrügt, ist beschämend“, wurde NEOS-Landessprecherin Indra Collini zitiert. Österreich brauche einen Neustart und eine Politik, „die den Anstand in den Mittelpunkt rückt.“