Paul Bierl
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MENSCHEN IM BLICKPUNKT

Der Biobauer als Autorennfahrer

Das gefügelte Wort von der Pension als „Unruhestand“ trifft selten auf jemanden so zu wie auf Paul Bierl. Der 63-jährige Schlossermeister hat seine Werkstatt zwar geschlossen, doch nun ist er leidenschaftlicher Biobauer genauso wie Autorennfahrer.

Paul Bierl aus Seibersdorf (Bezirk Baden) war früher Straßenrennfahrer in der Formel Ford. Heute treibt er sein Stockcar durch den Sand des früheren Speedway-Rundkurses in Natschbach-Loipersbach (Bezirk Neunkirchen). Der Stockcar-Formel-2-Bolide ist ein Auto, das auf Blech, Gestänge und Motor reduziert ist, mit etwas seltsam anmutenden Dachaufbauten, deren Sinn auch die Fahrer selbst nicht genau definieren können. Keine Spur von Laptops wie in den modernen Rennserien, alles sehr reduziert, sagt Paul Bierl: „Wir haben den Motor vorne und den Antrieb hinten, dazu relativ viel Kraft – das zu beherrschen und ohne Hoppala um die Kurven zu kommen, das ist schon eine Herausforderung. Und dann noch gegen andere zu bestehen, um so mehr.“

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Paul Bierl ist leidenschaftlicher Biobauer und Autorennfahrer

Seltsam anmutende Autos

Die Stockcars wurden aus England importiert, sie sind für alle praktisch gleichwertig: „Wir haben keine Elektronik an Bord, nur die Anzeigen, ansonsten spielt sich alles auf mechanischer Ebene ab. Im Fahrerlager werden noch mit richtig großen Hämmern die Beulen ausgeklopft, die die Rennen hinterlassen. Aber wir sind keine Auto-Crash-Fahrer, die sich wegboxen. Es ist ein Kampf, bei dem gerempelt wird, aber es geht darum, als Schnellster im Ziel zu sein.“ Paul Bierl nimmt es auch mit Fahrern auf, die um Jahrzehnte jünger sind. Beim jünsten Rennen in Natschbach-Loipersbach stand er auf dem Podest neben einem 19-Jährigen. In seinem Haus in Seibersdorf stapeln sich die Pokale.

Foto im Cockpit
Privat

Wenn es um Fliehkraft geht, ist er Spezialist, auch als Pilot. Mit so genannten Parabelflügen simuliert er Schwerelosigkeit. Dabei werde, so Bierl, eine Flugkurve geflogen, die in weiterer Konsequenz die Schwerkraft im Flugzeug aufhebe und die Passagiere schwerelos schweben lasse. Geflogen wird vom Flugplatz in Stockerau (Bezirk Korneuburg) weg, wo er auch Doppeldecker-Flugzeuge steuert.

„Gleiche Umweltbilanz als Biobauer aus“

Und dann ist da noch seine Leidenschaft zur Bio-Landwirtschaft. Der Rennfahrer und Pilot hat sich zwar als Schlossermeister zur Ruhe gesetzt, nicht aber als Biobauer. Das Zertifikat dafür haben er und seine Frau Ruth seit 25 Jahren. Bio und Ökologie in Verbindung mit einer so achaischen Form des Autorennsports, bei dem der Benzingeruch in der Luft liegt, das geht auf den ersten Blick gar nicht zusammen.

Für Paul Bierl passt das aber sehr wohl: „Ich habe in meinem Leben sicher schon drei- bis viertausend Bäume gepflanzt. Ich habe zwar keine Stickstoffbilanz gezogen, aber ich glaube, ich liege nicht so schlecht damit. Natürlich ist dieser Rennsport umwelttechnisch nicht ideal, aber so schlecht ist es auch nicht und ich glaube, dass ich das mit meiner Arbeit als Biobauer ausgleiche.“ Und so will er noch einige Jahre den Jungen im Sandoval den Auspuff zeigen.