Wirtschaft

Neuer Agrana-Chef spricht über seine Pläne

Der neue Agrana-Chef Markus Mühleisen könnte dem börsenotierten Konzern neue Strukturen verpassen. Das aktuelle Halbjahresergebnis liegt zwar unter der Vorjahresperiode, an der positiven Prognose für das Gesamtjahr hält man aber fest.

Nach seinem ersten Quartal als Agrana-Chef betont Markus Mühleisen die volatilen Zeiten, in dem sich die Wirtschaft und damit sein Konzern bewegt – vor allem bezogen auf den Rohstoff-und Energiebereich sowie die Pandemie. „Wir sind optimistisch und zuversichtlich, aber es kann viel passieren“, sagt Mühleisen zum Jahresziel, das EBIT um zehn Prozent zu steigern, obwohl das aktuelle Halbjahresergebnis unter der Vorjahresperiode liegt.

Apfel-, Erdäpfel- und Zuckerrübenernte seien aktuell „sehr gut angelaufen“. Vor einem Jahr sei dem nicht so gewesen, was sich beim aktuellen Halbjahresergebnis auswirke, sagte Mühleisen am Donnerstag im APA-Interview. Die Äpfel sind für den Fruchtbereich der Agrana wichtig, die Kartoffel fürs Stärkesegment und die Rüben für die Zucker-Division. Man gehe hierbei aktuell von guten Kampagnen aus. Der Hektar-Ertrag bei den Zuckerrüben liege bei 78 bis 80 Tonnen je Hektar, der Zuckergehalt sei gut. Selbiges gelte für den Stärkegehalt bei den Erdäpfeln.

Im Zuckerbereich dürfte sich was tun

Gibt es nächstes Jahr auch wieder einen Zuckerrübenanbau auf mehr als 38.000 Hektar, könne die Zuckerfabrik in Leopoldsdorf nahe Wien weiterbetrieben werden. Sie wackelte für die heurige Kampagne, schlussendlich wurden aber doch noch genug Zuckerrübenflächen mit Rübenbauern kontrahiert – mehr dazu in Zuckerpakt sichert Rübenanbau (noe.ORF.at; 17.7.2021).

Trotzdem: Im Zuckerbereich dürfte sich bei der Agrana was tun. „Wir beschäftigen uns damit, wie wir uns besser aufstellen“, sagte Mühleisen. Es gehe um die Organisation des gesamten Netzwerks in dieser Unternehmenssparte. In den vergangenen Jahren wurde mit der Sparte kein Geld verdient – „und dann muss man genau hinschauen“, so der Unternehmenschef. Es gehe auch um mehr Nachhaltigkeit. Jedenfalls glaube man an diese Unternehmenssparte.

Wie aber übernimmt man überhaupt das Ruder in einem Konzern wie der Agrana? Mühleisen löste seinen Vorgänger Johann Marihart nach 29 Jahren und damit längstdienenden Chef eines heimischen, börsennotierten Unternehmens ab – mehr dazu in Agrana: Marihart geht nach fast 30 Jahren (noe.ORF.at; 29.1.2021). „Ich habe mich lange mit meinem Vorgänger Marihart eingearbeitet und sehr viel Zeit mit Gesprächen mit dem Aufsichtsrat und Belegschaftsvertretern verbracht“, so Mühleisen. Er habe sich mit so vielen Mitarbeitern wie möglich besprochen, „um zu hören, was die Leute bewegt“. Selbiges sei mit Kunden und Geschäftspartnern der Fall gewesen. „Man merkt so, was gut läuft und was man vielleicht verändern möchte in der Organisation.“

„Vielleicht wird es andere Strukturen geben“

In den nächsten Monaten geht es Mühleisen darum, die Divisionsstrategie und die Nachhaltigkeitsstrategie zu schärfen, die Kunden- und Marktnähe auszubauen und zu schauen, wie man sich hierfür organisieren muss. „Vielleicht wird es andere Strukturen geben.“ Die Digitalisierung sei auch großes Thema. Genau so werde man „gucken, wie wir unsere finanzielle Performance verbessern können“, so der gebürtige Deutsche.

„Weitere Priorität war und ist es zu schauen, wie wir das nächste Kapitel der Unternehmensgeschichte gestalten wollen.“ Es gehe beispielsweise darum gute Wachstumschancen auszumachen und wie man den Konzern vor der Herausforderung der Nachhaltigkeit am besten aufstelle. „Welche Organisationsänderungen müssen wir vornehmen und wie kommen wir näher an Kunden und Märkte heran“, lauteten die wichtigen Fragen, so Mühleisen. Nächster Entwicklungsschritt sei die Entwicklung der Agrana von einem großtechnischen Verarbeiter und Veredler von Rohstoffen auch zu einem Anbieter, der Lösungen für Kunden weiterentwickeln könne.

Dabei gehe es darum, noch stärker auf Kundenbedürfnisse einzugehen und Lösungen zu entwickeln. Das gelte etwa für den Stärkebereich – aber nicht für Lebensmittel sondern für Technik. Denn beispielsweise wollten etwa die Bau- und Kosmetikbranche Substanzen auf fossiler Basis mit natürlichen Rohstoffen tauschen, so Mühleisen. „Wir wollen Spezialstärken entwickeln, die dann in Klebstoffen, Baustoffen und in der Kosmetik eingesetzt werden können – auf nachhaltiger Basis.“

Im Fruchtbereich – hier ist der österreichische Konzern Weltmarktführer – wird sehr viel an die Milchwirtschaft abgesetzt. Hier wolle man den Kunden helfen, sich zu differenzieren und so weiterzuwachsen. In Europa und den USA gehe es in Richtung Nachhaltigkeit und Mehrwertprodukte, in anderen Weltregionen eher um den Preis.

Jahresergebnis 2021/22 soll steigen

Die börsenotierte Agrana hat im ersten Geschäftshalbjahr 2021/2022 verglichen zur Vorjahresperiode den Umsatz um 8,8 Prozent auf 1,42 Mrd. Euro gesteigert. Das operative Ergebnis, EBIT (Ergebnis der Betriebstätigkeit) und der Konzerngewinn gingen allerdings zum Teil deutlich zurück.

„Das Ergebnis des ersten Halbjahres 2021/22 lag wie erwartet unter Vorjahr“, so Vorstandschef Mühleisen Donnerstagfrüh in einer Unternehmensmitteilung. „Trotz eines äußerst volatilen Geschäftsumfeldes halten wir an unserer positiven Prognose für das Gesamtjahr 2021/22 fest und erwarten beim EBIT eine Steigerung um zumindest zehn Prozent.“ Beim Konzernumsatz wird von einem moderaten Anstieg ausgegangen. Im Geschäftsbericht wird aber auch auf „Unsicherheiten aufgrund der andauernden Covid-19-Pandemie und der damit verbundenen hohen Volatilität in allen Segmenten“ verwiesen.

Aktuell zum Halbjahr brach das EBIT allerdings um 19,7 Prozent auf 44,8 Mio. Euro (Vorjahr: 55,8 Mio. Euro) ein. Das sei auf höhere Rohstoff- und Energiekosten zurückzuführen, auf einen schwächeren Verkauf bei Fruchtsaftkonzentraten aus der Ernte 2020 sowie auf geringere Margen im Segment Zucker. Das operative Ergebnis sank von 47,4 auf 41 Mio. Euro. Der Nettogewinn ging von 34,4 auf 27,1 Mio. Euro zurück.

„Eine heterogene Geschäftsentwicklung seit dem Ausbruch der COVID-19-Pandemie führte zu Verwerfungen innerhalb der Quartale im Vorjahr, die nun im laufenden Geschäftsjahr teilweise zu gegenläufigen Effekten führen“, erläuterte Mühleisen. „Nach einem schwächeren ersten Halbjahr gehen wir im zweiten Halbjahr von einer sukzessiven Verbesserung der Ergebnisse aus“, betonte er.

Nach Segmenten entwickelten sich die Agrana-Geschäfte im ersten Halbjahr wie folgt: Im Bereich Frucht stieg der Umsatz um 5,3 Prozent Euro auf 633,4 Mio. Euro. Das EBIT sank um 14,3 Prozent auf 25,8 Mio. Euro. Der Umsatz im Stärke-Segment war mit 476,2 Mio. Euro um 17,1 Prozent höher als im Halbjahr des vorangegangenen Geschäftsjahres, das EBIT sank um 16,4 Prozent auf 29 Mio. Euro. Im Zucker-Bereich stieg der Umsatz leicht auf 314,2 Mio. Euro (Vorjahr: 300,3 Mio. Euro) und das EBIT war mit minus 10 Mio. Euro neuerlich im negativen Bereich (Vorjahr: minus 9 Mio. Euro). Investieren will die Agrana im laufenden Geschäftsjahr 95 Mio. Euro. Dieser Wert werde deutlich unter dem Abschreibungsniveau von rund 120 Mio. Euro liegen.