Gänsebraten
Matěj Vrtil /pixabay
Matěj Vrtil /pixabay
Wirtschaft

Martinigansl feiert Comeback im Wirtshaus

Lockdown-bedingt gab es im Vorjahr „Gansl-to-go“. Die Abholung der Gans aus dem Wirtshaus funktionierte so gut, dass seitdem viele Bauern begonnen haben, Gänse zu mästen. Am Wirtshaustisch feiert das Martinigansl heuer ein Comeback.

Etwas mehr als ein Viertel der Tiere, die in Niederösterreich verzehrt werden – genau 28 Prozent – werden auch im Bundesland produziert. Die qualitative Spitze stellen die Weidegänse dar, sie wachsen ein halbes Jahr lang im Freien heran, doppelt so lang wie in der Stallmästung.

Einer der größten derartigen Betriebe des Landes ist der von Johann Radelsböck in Haag (Bezirk Amstetten). Heuer ist er wieder im Vollbetrieb, seit Mai hält Radelsböck 8.000 Gänse rund um seinen Hof. Im Vorjahr hatte wegen des Lockdowns Skepsis geherrscht, wie er erzählt: „Wir wussten nicht, wie sich die Sache entwickeln würde, und stellten um 20 Prozent weniger ein. Aber das ,Gansl to go’ funktionierte in der Gastronomie so gut, dass es Betriebe gibt, die sogar mehr als früher verkauften.“ Das wirkte sich auch auf die Zahl der Gänsebauern aus. Vor wenigen Jahren waren es in Niederösterreich noch 130 Betriebe mit 30.000 Gänsen, heuer sind es 160 mit 45.000 Tieren – so viele wie noch nie.

Photovoltaik als Gänsestall

Der Hof in Haag ist trotzdem besonders, allein schon wegen seiner Ställe: acht riesige Photovoltaik-Anlagen mit 900 Kilowatt Strom. Eine Doppelnutzung, wie Johann Radelsböck beschreibt: „Gänse hassen die Hitze in der Sonne. Wenn es strahlend schön ist, stellen sie sich unter die Photovoltaik-Dächer, die einstweilen Strom produzieren.“

Martinigansl Haag
ORF
Acht Photovoltaik-Hallen bieten den Weidegänsen von Johann Radelsböck Unterschlupf

Seit fast 40 Jahren lebt Radelsböck ausschließlich von Gänsen. Damals begann er mit 100 Stück. „Seitdem wuchsen wir immer nur so stark, wie von Jahr zu Jahr die Nachfrage stieg“, erklärt der Bauer beim Besuch von noe.ORF.at.

Für die 8.000 Tiere heuer wird es jetzt eng, es beginnt die Vermarktung, die nur einige Wochen dauert. Jedes der Tiere wird zweimal vom St. Valentiner Tierarzt Karl Auinger begutachtet: „Ich schaue mir zuerst die lebenden Tiere an, prüfe auf etwaige Salmonellen. Dann untersuche ich die geschlachteten Tiere noch einmal im Bauchraum auf Entzündungen oder Verwachsungen und ich beurteile die Organe.“

Hochbetrieb beginnt jetzt

Der Schlachthof war der erste in Niederösterreich mit EU-Zertifikat für Gänseschlachtung und er ist einer von wenigen geblieben. Die Rupfmethode sei nach wie vor österreichweit einzigartig, sagte Radelsböck.

Es handelt sich um eine Trockenrupfung. Die betäubten und dann geschlachteten Tiere werden also nicht in heißes Wasser gegeben, um sie danach nass zu rupfen, sondern mit Spezialmaschinen getrocknet. „Damit bleibt die Haut von Verbrühungsflecken verschont. Sie ist weniger keimbelastet und wird knuspriger beim Braten“, so Radelsböck. Der doppelt so hohe Arbeitsaufwand lohne sich, sagt er.

Jetzt beginnt die arbeitsreiche Zeit auf dem Hof. Zu 80 Prozent werden die 8.000 Tiere rund um Martini in die Gastronomie verkauft, der Rest zu Weihnachten im Handel. Im Wirtshaus jedenfalls darf das Gansl heuer wieder bei Tisch genossen werden.