Bummermoos in Brand-Nagelberg (Bezirk Gmünd), Torfmoos
ORF/Nina Pöchhacker
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Umwelt & Klima

Wie Moore gegen die Klimakrise helfen

Moore gehören zu den gefährdetsten Lebensräumen. Im Waldviertel wird daran gearbeitet, Moore wieder zu intakten Biotopen zu machen. Als CO2-Speicher sind sie wichtige Klimaschützer und ohnehin viel besser als ihr Ruf.

Sie sind weder festes Land noch durchgängiges Wasser. Um Moore ranken sich Sagen und Legenden von Moorhexen und anderen Gestalten. Der Aberglaube, dass man in ihnen versinkt wie in Treibsand, ist weit verbreitet – deswegen sind sie auch oft Schauplätze für Krimis. Aber eigentlich sind Moore Klimaschützer: Sie bieten spezialisierten Tieren und Pflanzen ein Zuhause und speichern Tonnen an Kohlenstoffdioxid (CO2).

Mutter Erde

Unter dem Motto „Klima schützen, Arten schützen“ findet der Schwerpunkt der Initiative „Mutter Erde“ statt. Vom 3. bis 12. November beleuchtet der ORF in TV, Radio und online den Zusammenhang von Klimawandel und Artensterben.

Moorlandschaften bestehen aus abgestorbenen Pflanzen, die durch Regen- oder Grundwasser vom Sauerstoff abgeschnitten werden und sich nie vollständig zersetzen können. So entsteht Torf, der das CO2 und die Nährstoffe der abgestorbenen Pflanzen bindet. In Niederösterreich sind Moore vor allem im Waldviertel zu finden – aber nur bei wenigen handelt es sich um intakte Biotope.

Der Naturschutzbund analysierte den Zustand von 75 Mooren im Waldviertel, sagt Geschäftsführerin Margit Gross: „Wir haben nur zwei gefunden, die vom Menschen unberührt sind, alle anderen sind beeinflusst. Da brachten Menschen das Wasser teilweise mit Entwässerungsgräben aus den Mooren, damit sie austrocknen und um dort Forstwirtschaft betreiben zu können.“

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Bummermoos in Brand-Nagelberg (Bezirk Gmünd)
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Das hellbraune Pfeifengras ist ein Zeichen für zu viel Wasserbewegung (durch Entwässerungsgräben) im Moor. Das Wasser transportiert Nährstoffe, Pfeifengras beginnt zu wuchern und verdrängt typische Hochmoorarten.
Bummermoos in Brand-Nagelberg (Bezirk Gmünd)
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Einsinken bis zur Hüfte – das sei in heimischen Mooren möglich, so Ökologe Joachim Brocks. Durch den Wasserauftrieb – die unterste Schicht besteht aus Ton – könne man in aufrechter Haltung jedoch nie komplett versinken.
Bummermoos in Brand-Nagelberg (Bezirk Gmünd)
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Bäume sind im Moor nur schwach verwurzelt. Bei Wind fallen sie oft um und werden dann selbst zum Teil des Moores.
Bummermoos in Brand-Nagelberg (Bezirk Gmünd)
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Das Bummermoos in Brand-Nagelberg (Bezirk Gmünd) speist sich aus Grund- und aus Regenwasser

„Leben des Moors steht und fällt mit Wasser“

Was beim Austrocknen passiert, hat jedoch fatale Folgen für das Klima und infolgedessen für Tiere und Pflanzen, die rund um Moore heimisch sind. Beim Entwässern oder Abbauen von Torf kommt erstmals wieder Sauerstoff in das Moor und dabei entweicht sowohl Lachgas, als auch der über Jahrtausende gespeicherte Kohlenstoff als CO2 – Gase die zu den größten Treibern der Erderwärmung zählen. Erst kürzlich berichtete die Weltwetterorganisation (WMO) von einem neuen Rekordanstieg von Kohlenstoffdioxid – mehr dazu in Wieder Rekord an Treibhausgasen in der Atmosphäre (science.ORF.at; 25.10.2021).

Die Entwässerungsgräben wurden ab der Mitte des 18. Jahrhunderts gezogen, sagt Ökologe Joachim Brocks. „Das Leben des Moors steht und fällt mit dem Wasser. Wenn viel Wasser da ist, sinken die abgestorbenen Pflanzen als Biomasse ein. Wenn zu wenig Wasser da ist oder der Wasserstand stark schwankt, dann kann es ein wenig verrotten, weil Sauerstoff dazukommt.“

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Joachim Brocks hält Torfmoos
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Die abgestorbenen Teile des Torfmooses sind bereits braun. Im Bummermoos ist die Torfschicht ein bis zwei Meter dick, ältere Moore kommen aber auch auf zehn Meter Torfschicht.
Bummermoos in Brand-Nagelberg (Bezirk Gmünd), Holzdamm zur Moorrettung
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Die Holzdämme reichen etwa 1,30 Meter in die Tiefe und sind im Mineralboden des Moors verankert
Bummermoos in Brand-Nagelberg (Bezirk Gmünd), ehemaliger Moorgraben zur Entwässerung
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So sieht der frühere Entwässerungsgraben im Bummermoos im Anschluss an den Holzdamm aus
Entwässerungsgraben im Gebharts Moor im Waldviertel
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In einer Moorlandschaft in Gebharts (Bezirk Gmünd) gibt es einen besonders breiten Entwässerungsgraben, rundherum ist der Moorkörper am Austrocknen

Torfmoose holen Wasser aus der Tiefe

Brocks renaturierte gemeinsam mit dem Naturschutzbund drei Moore im Waldviertel, darunter das Bummermoos. Mit mehreren Holzdämmen wurden die Entwässerungsgräben geschlossen, nach einem halben Jahr beginnen die Torfmoose langsam über den Spalt zu wachsen. „Hier wollte man vor Jahrhunderten einen Erdäpfelacker anlegen. Jetzt bleibt das Wasser wieder im Moor, die Torfmoose wachsen wieder besser.“

Moore sind sauer, die Torfmoose haben sich an diese Bedingungen aber perfekt angepasst. „Torfmoos kann den eigenen Lebensraum sogar aktiv versauern. Sie haben hohle Zellen, die Wasser aufnehmen. Die ziehen das Wasser vom Boden des Moors bis an die Oberfläche und können viel Wasser speichern. Die untere Hälfte der Moose stirbt dann ab und so bildet sich Schicht für Schicht das Moor.“

Moore in Österreich: In jedem Quadrat (5x7km) wurde mindestens ein Moor nachgewiesen

Es geht verloren, was Jahrtausende gewachsen ist

Ein intaktes Moor wächst in einem Jahr etwa einen Millimeter. Die heute noch erhaltenen Moore entstanden nach der letzten Eiszeit vor etwa 12.000 Jahren. Laut dem Umweltbundesamt zählen Mooren zu den gefährdetsten Biotopen Österreichs. Wie viele es in Niederösterreich noch gibt, ist nicht bekannt. Das Anstechen von Mooren und der Abbau von Torf ist zwar verboten, so Margit Gross vom Naturschutzbund, was auf privaten Gründen passiert, könne aber niemand überprüfen.

Typische Arten

  • Moosbeere, Moorbirke, Rotföhre, Sonnentau, Sumpfborst (speziell im Wald- und Mühlviertel)
  • Speer-Azurjungfer (Libellenart), blauer Moorfrosch, Moororchideen

„Das Nachziehen von früheren Entwässerungsgräben ist erlaubt. Also alte Gräben können immer wieder reaktiviert werden und das wirkt sich natürlich wieder negativ auf das Moor und die Umwelt aus“, so Gross. Jene Tiere und Pflanzen, die sich in der Umgebung von Mooren wohl fühlen, seien so spezialisiert, dass sie nur dort leben könnten, erklärt die Expertin. „Wir haben viel Wasser, an der Oberfläche kann es im Sommer heiß werden, in der Nacht ist es sehr kalt. Die Pflanzen sind so angepasst, dass sie nur hier gedeihen können.“ Wird der Lebensraum Moor zerstört, gehen auch diese Arten verloren.