Politik

Groß Gerungs muss Stadträte neu wählen

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat das System zur Verteilung der Stadträte in Groß Gerungs (Bezirk Zwettl) zum zweiten Mal als verfassungswidrig eingestuft. Die Neuwahl durch den Gemeinderat soll kommende Woche stattfinden.

Die fünf zu vergebenden Stadtratsposten wurden in Groß Gerungs bisher nach dem d’Hondt’schen Verfahren auf die im Gemeinderat vertretenen Parteien aufgeteilt. Nach dieser Berechnung entfallen alle fünf Mandate auf die ÖVP, die bei der Gemeinderatswahl 2020 etwas mehr als 68 Prozent der Stimmen erreicht hatte. SPÖ, FPÖ und die Bürgerliste GERMS gehen leer aus.

Bereits das Ergebnis der ersten Wahl im Oktober 2020 war vom VfGH aufgehoben worden, da die Anwendung des d’Hondt’schen Verfahrens verfassungswidrig sei. Dennoch wurde das d’Hondt’sche Verfahren auch bei der Wiederholungswahl im Jänner 2021 angewendet. Die Bürgerliste GERMS und die FPÖ hatten daher auch diese Wahl beim VfGH angefochten – und erneut Recht bekommen.

Bürgermeister zeigt sich überrascht

Bürgermeister Maximilian Igelsböck (ÖVP) zeigt sich gegenüber noe.ORF.at überrascht: „Mit diesem Urteil hat wohl niemand hier gerechnet. Aber in einer Demokratie muss man die Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes akzeptieren.“ Kommende Woche wird der Gemeinderat von Groß Gerungs die Stadträte zum dritten Mal wählen.

Sollte nächste Woche ein Stadtratsposten an die Opposition gehen, wollen sich FPÖ und die Bürgerliste GERMS diesen teilen. Markus Kienast (Bürgerliste GERMS) begründet diese Allianz gegenüber noe.ORF.at so: „Die Bürgerliste war eigentlich zu klein, um die Wahl anzufechten, aber die FPÖ hat mich unterstützt.“ Die SPÖ, die auch einen Stadtrat erhalten dürfte, sei nicht mitgezogen.

Für den ORF war die SPÖ von Groß Gerungs am Donnerstag zunächst nicht zu erreichen. In einer schriftlichen Stellungnahme des Stadtparteivorsitzenden, Kolja Deibler-Kub, hieß es am späten Abend: „Aufgrund der bisherigen Praxis der Besetzung des Stadtsenates nach D´Hondt schien für die SPÖ eine kostenintensive VfGH-Klage als nicht aussichtsreich. Die SPÖ wird ihrer Verantwortung nachkommen und den nun vakanten Stadtratssitz im Sinne des VfGH-Spruches besetzen.“

D’Hondt’sches Verfahren in Landesgesetz festgelegt

Nach der ersten vom VfGH aufgehobenen Wahl wurde das d’Hondt’sche Verfahren in der Landesgesetzgebung festgelegt. Der VfGH stellt in seinem Entscheid vom 5. Oktober 2021 jedoch klar, dass diese neue Bestimmung in der Gemeindeordnung bei der Wahlwiederholung von Groß Gerungs nicht zur Anwendung kommen kann, da diese „nach der Sach- und Rechtslage durchzuführen ist, die bereits für die ursprüngliche Wahl maßgeblich war.“