Im Kampf gegen den in Hirschwang in der Marktgemeinde Reichenau an der Rax wütenden Waldbrand werden Fluggeräte aus dem Ausland zum Einsatz kommen. Wie der für Katastrophenschutz zuständige Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP) am Samstagvormittag nach einer Lagebesprechung mitteilte, werden am frühen Nachmittag zwei Canadair-Maschinen der italienischen Regierung eintreffen. Am (morgigen) Sonntag landen zwei Spezialhubschrauber, die aus Deutschland kommen.
Die beiden Canadair-Maschinen aus Italien haben laut Pernkopf jeweils ein Fassungsvermögen von etwa 7.000 Litern. Das benötigte Wasser soll aus der Donau aufgenommen werden. Über die genauen Entnahmestellen entscheiden letztlich auch die Piloten – „hochkarätige Spezialisten“, wie der Landesvize anmerkte.
Pernkopf: „Die nächsten Tage damit gut bestreiten“
Die Spezialhubschrauber, die am Sonntag eintreffen werden, fassen jeweils 5.000 Liter. „Wir gehen davon aus, dass wir damit die nächsten Tage gut bestreiten können“, so Pernkopf. Schon am Freitag waren in Absprache mit dem Innenministerium Fluggerätkapazitäten in Nachbarstaaten abgefragt worden, „um für alle Eventualitäten gerüstet zu sein“. Die Unterstützung aus Italien und Deutschland erfolge nun auf Basis der europäischen Nachbarschaftshilfe. Auch Niederösterreich habe zuletzt in diesem Rahmen immer wieder unter die Arme gegriffen, erinnerte Pernkopf u.a. an den Einsatz zahlreicher Feuerwehrleute bei den Waldbränden in Nordmazedonien im August.
Den Samstag bezeichnete Pernkopf als „Großeinsatztag“. In der Luft sind über dem Rax-Gebiet zehn Hubschrauber, sechs stellt das Verteidigungsministerium und vier die Polizei. Bei zwei Helikoptern handelt es sich um Fluggeräte mit einem Fassungsvermögen von bis zu 3.000 Litern.
Fahrafellner: „Feuer von mehreren Seiten bekämpfen“
Laut Landesfeuerwehrkommandant Dietmar Fahrafellner sind am Samstag erneut 500 Kräfte aufgeboten, davon „40 Waldbrandbekämpfer im unwegsamen Gelände“. Über Nacht habe es ein „starkes Anfachen des Feuers gegeben“. Nun müssten die Flammen einmal mehr „von mehreren Seiten“ bekämpft werden. Eine sogenannte Verteidigungslinie sei mittlerweile auch am Bergkamm errichtet worden, um ein Überspringen der Flammen und damit eine weitere Ausbreitung zu verhindern.
Erste Flüge der Canadair-Maschinen sind nach Angaben von Fahrafellner in den Abendstunden und Sonntagfrüh geplant. „Mit den Maßnahmen hoffen wir, dass die Lage besser unter Kontrolle zu bringen ist.“
Lob kam von Pernkopf für die bisherige Herangehensweise an den Waldbrand. Es funktioniere „trotz schwierigster Umstände gut“. Die „Einsatzkräfte leisten Übermenschliches“, verwies der Landesvize u.a. auf die topografischen Schwierigkeiten im Rax-Gebiet.
Einsatz in der Nacht war sehr risikoreich
In der Nacht auf Samstag bereitete aufgekommener Wind laut Bezirksfeuerwehrkommandant Josef Huber vor allem an der Ostflanke Schwierigkeiten, einmal mehr flammten immer wieder Glutnester auf, sagte Huber zur APA. Eine weitere Brandausbreitung wurde allerdings verhindert. Der Einsatz sei „sehr risikoreich“ für die Feuerwehrleute gewesen. Unterstützung bekamen sie auf dem unwegsamen Gelände von Mitgliedern der Bergrettung. Insgesamt waren in der Nacht etwa 200 Helfer an Ort und Stelle, tagsüber rechnet Huber mit bis zu 550. Aufgrund des anhaltenden Südwestwinds gelte das Hauptaugenmerk weiterhin der Ostflanke. Auf der Westseite sei man gerüstet und vorbereitet, sagte Huber, um ein Übergreifen des Feuers auf die Rax-Seite zu verhindern. Generelle Entspannung könnte Regen bringen, der ist aber erst für Montagabend angesagt.
Das Feuer war am Montag ausgebrochen. Es breitete sich extrem rasch aus – innerhalb von zehn Stunden von fünf auf mehr als 100 Hektar. Hinsichtlich der Brandursache geht die Polizei von einer „fremden Zündquelle“ aus. Umfelderhebungen, etwa auch in umliegenden Hütten, werden durchgeführt. Zahlreiche Hinweise sind bereits eingegangen.
Einsatz zehrt an den Kräften der Helfer
Der verheerende Waldbrand wurde am Freitag immer wieder angefacht. Der kräfteraubende Einsatz zehrt mittlerweile an den Freiwilligen. In voller Montur schleppen sich die Feuerwehrleute mit Hilfe eines Seils den Steilhang hinauf. Das Team soll die Wasserversorgung bereitstellen, wodurch zusätzlich zu den Hubschrauberflügen auch vom Boden aus gelöscht werden kann. Aus der Luft bekommen die Einsatzkräfte die notwendigen Maschinen geliefert, schildert Zugskommandant Wolfgang Riener: „Die MA49 hat zuerst eine Schneise in den Wald gehackt. Wir sind jetzt da, um Löschwasser auf den Berg zu bringen.“
Für die Sicherung der Feuerwehrleute am Berg sorgen Mitglieder der Bergrettung. An erster Stelle stehe immer die Gesundheit der Einsatzkräfte – vor allem am Hang ist das keine einfache Aufgabe, gibt Riener zu: „Es ist relativ schwierig, weil das Gelände schwierig ist. In den Felsen drinnen brennt es. Es ist Kalkgestein. Durch die Hitze und das Feuer springt dieses Kalkgestein, es kommen immer wieder Felsen runter, auch brennende Wurzelstöcke.“
„Müdigkeit bemerkbar“
Genau das passierte auch in der Nacht auf Freitag. Verletzt wurde zum Glück niemand, aber der Brand breitete sich über eine Schneise hinweg wieder aus. Kurzfristig hatte sich die Lage wieder verschlimmert. Mühsam löschten die Einsatzkräfte das Feuer ab, erzählt Zugskommandant Marc Maierhofer: „Ich bin seit Dienstag da, seit gestern Früh durchgehend. Schon langsam macht sich die Müdigkeit bemerkbar, aber ein paar Tage halte ich schon noch aus.“
Das wird auch nötig sein. Im Lauf des Tages kam es immer wieder zu kritischen Situationen – bei den Schneisen, die verhindern sollen, dass das Feuer auf andere Waldstücke überspringt. Auch die Forstarbeiter sind dadurch im Dauereinsatz, sagt Bernhard Mang von der Forstverwaltung der Stadt Wien: „Wir sind dabei, die Schneisen zu erweitern und zu vergrößern, damit wir zumindest an der Untergrenze das Feuer halten können, damit es nicht weiter übertritt.“
Kritische Situation
Eines der kritischsten Gebiete ist seit Montag die B27. Die Feuerwehr will mit allen Mitteln verhindern, dass das Feuer von der Schneeberg-Seite auf die Rax-Seite überspringt. Dafür stehen Tag und Nacht Wasserwerfer bereit, sagt Bereichseinsatzleiter Friedrich Hiebler: „Die zweite Aufgabe, die man während der Tagesstunden, solange es hell ist, durchführen kann, ist, dass man die Brandbekämpfung Richtung Riegel hinauf mit etwa 60 Einsatzkräften durchführt.“
Forstverwalter zu Löscheinsatz vor Ort
ORF-Reporter Gernot Rohrhofer berichtet an Ort und Stelle über den Waldbrand im Rax-Schneeberg-Gebiet und über den bereits fünftägigen Löscheinsatz. Er spricht mit dem Leiter der Forstverwaltung Wien, Peter Lepkowicz, darüber, warum es so schwer ist, den Brand in Kontrolle zu bekommen.
Nach oben breitete sich der Brand hingegen weiter aus. Doch der erlösende Regen ist auch am Wochenende nicht in Sicht. Diese Aufgabe müssen deshalb weiterhin Hubschrauber übernehmen. Immerhin hat sich der Rhythmus nach fünf Tagen im Dauereinsatz längst eingespielt: Zwei Zwölfstundenschichten, 500 Einsatzkräfte am Tag, knapp die Hälfte in der Nacht.
Entspannung noch nicht in Sicht
Der Brand war am Montag ausgebrochen und hatte sich in der Nacht auf Dienstag innerhalb von nur zehn Stunden von fünf auf 115 Hektar ausgebreitet. Wegen des steilen Geländes waren Löscharbeiten zunächst nur aus der Luft möglich. Seit Donnerstag konnte der Bodeneinsatz verstärkt werden, die Feuerwehrleute wurden dabei von Mitgliedern der Bergrettung gesichert – mehr dazu in Waldbrand: Kampf gegen „unsichtbare“ Flammen (noe.ORF.at; 28.10.2021).
Die Feuerwehrleute, die bei dem Waldbrand im Einsatz sind, kommen aus ganz Niederösterreich. „Wir haben in jedem Bezirk eine Struktur des Katastrophenhilfsdienstes, auf die wir zurückgreifen können. Wenn es notwendig ist, können wir sofort bis zu 6.000 Feuerwehrmitglieder aktivieren. Diese werden im Schichtbetrieb alle zwölf Stunden abgewechselt“, so der Einsatzleiter. Seit Samstagfrüh unterstützen auch sechs Flughelfer von Salzburger Feuerwehren die Einsatzkräfte auf der Rax – mehr dazu in Waldbrand: Salzburger helfen auf der Rax (salzburg.ORF.at; 30.10.2021).