Rekonstruierte frühmittelalterlichen Kirche im MAMUZ Schloss Asparn an der Zaya Oktober 2021
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Wissenschaft

Asparn: Frühmittelalterliche Kirche gebaut

Im MAMUZ Schloss Asparn/Zaya (Bezirk Mistelbach) wurde der Nachbau einer frühmittelalterlichen Kirche mit experimentalarchäologischen Techniken abgeschlossen. Der Neubau ist das erste Objekt eines mittelalterlichen Siedlungskomplexes.

Die Gebäuderekonstruktionen im Freigelände des MAMUZ Schloss Asparn/Zaya basieren auf der Grundlage archäologischer Grabungsfunde. Auch der Kirchenbau hat ein originales Vorbild: Zwischen 2008 und 2012 wurden bei einer archäologischen Ausgrabung in Pohansko bei Breclav in der Slowakei die Reste einer Rundkirche aus dem neunten Jahrhundert gefunden.

„Pohansko war eine der großen Zentralsiedlungen des sogenannten Großmährischen Reichs an der Thaya, das seine Einflusszone bis weit ins heutige Weinviertel ausgedehnt hatte. Es war daher naheliegend, den architektonisch interessanten und gut dokumentierten Befund aus Pohansko als Vorbild für unser Modell heranzuziehen,“ erklärte Franz Pieler, der Wissenschaftliche Leiter des MAMUZ.

Neue Erkenntnisse über die Bauweise gewonnen

Die Bauarbeiten erfolgten unter weitgehendem Einsatz von Methoden der Experimentellen Archäologie und schafften dadurch die Möglichkeit, neue Erkenntnisse zur frühmittelalterlichen Bauweise sowie zu den verschiedenen Arbeitstraditionen und Handwerkstechniken zu gewinnen.

Fotostrecke mit 8 Bildern

Rekonstruierte frühmittelalterlichen Kirche im MAMUZ Schloss Asparn an der Zaya Oktober 2021
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Im Mai wurde im MAMUZ Schloss Asparn/Zaya mit dem Bau der frühmittelalterlichen Kirche begonnen
Rekonstruierte frühmittelalterlichen Kirche im MAMUZ Schloss Asparn an der Zaya Oktober 2021
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Mit dem Projekt hatten Wissenschafter die Möglichkeit, archäologische Experimente und wissenschaftliche Studien zur Handwerkskultur durchzuführen
Rekonstruierte frühmittelalterlichen Kirche im MAMUZ Schloss Asparn an der Zaya Oktober 2021
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Als Plangrundlage für die Kirche in Asparn/Zaya diente ein etwa 1.100 Jahre alter Fund einer Kirche in Tschechien
Rekonstruierte frühmittelalterlichen Kirche im MAMUZ Schloss Asparn an der Zaya Verwendete Werkzeuge bei der Errichtung Oktober 2021
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Experimentalarchäologische Werkzeuge, die für den Kirchenbau verwendet wurden
Rekonstruierte frühmittelalterlichen Kirche im MAMUZ Schloss Asparn an der Zaya Verwendete Werkzeuge bei der Errichtung Oktober 2021
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Ein Teil der experimentalarchäologischen Werkzeugen, mit denen die Kirche errichtet wurde
Rekonstruierte frühmittelalterlichen Kirche im MAMUZ Schloss Asparn an der Zaya mit den Archäologen Moritz Hartmann und  Wolfgang Lobisser Oktober 2021
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Die Archäologen Wolfgang Lobisser (r.) und Moritz Hartmann (l.)
Rekonstruierte frühmittelalterlichen Kirche im MAMUZ Schloss Asparn an der Zaya Oktober 2021
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Mit der Kirche wird ein neuer Bereich im Freigelände des MAMUZ Schloss Asparn/Zaya entstehen
Rekonstruierte frühmittelalterlichen Kirche im MAMUZ Schloss Asparn an der Zaya Feier im Oktober 2021
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Mit Landtagspräsident Karl Wilfing (2.v.l.) feierten Wissenschafter, Museumsexperten und Bürgermeister aus der Region die Fertigstellung der Kirche (v.l.): Petr Dresler, Ernst Lauermann, Josef Lahner, Wolfgang Lobisser, Christoph Mayer, Franz Pieler, Manfred Meixner und Erich Stubenvoll

Wolfgang Lobisser, der den Kirchenbau mit dem Ludwig-Boltzmann-Institut für Archäologische Prospektion und Virtuelle Archäologe umsetzte, über die bautechnische Vorgehensweise bei der Kirchenrekonstruktion: „Die wichtigsten Werkzeugtypen im Frühmittelalter waren Äxte in unterschiedlichen Formen, Dechsel, Stemmbeitel, Hohlbeitel, Ziehmesser, Sägen, Löffelbohrer, Ahlen, Messer und Hobel. Diese haben wir nach archäologischen Vorbildern unter Verwendung der damaligen Techniken für den Kirchenbau nachgeformt.“

Petr Dresler vom Institut für Archäologie und Museologie der Masaryk-Universität in Brünn (Tschechien) berichtete über den Ausgrabungsbefund in Pohansko. Die Kirche sollte offenbar den Schein eines reinen Steinbaus erwecken, wurde aber tatsächlich mithilfe einer stützenden Holzkonstruktion errichtet. „Der Grund dafür war wohl das fehlende Wissen der Bauherren über Steintechnologie oder man wollte oder konnte sich einen reinen Steinbau nicht leisten.“ Die Kombination von Holz- und Steinbautechnik wurde auch bei der Kirchenerrichtung im MAMUZ angewandt. „Ein Traum wird wahr,“ freute sich Dresler beim Anblick der Kirche. „Ich konnte mir nicht vorstellen, wie diese Kirche ausgesehen haben könnte. Nun bin ich überwältigt.“

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Rekonstruktion und Bau einer frühmittelalterlichen Kirche im MAMUZ Schloss Asparn an der Zaya 27. Juli 2021
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Das MAMUZ Schloss Asparn/Zaya hat die Baufortschritte dokumentiert, dieses Foto wurde am 27. Juli 2021 aufgenommen
Rekonstruktion und Bau einer frühmittelalterlichen Kirche im MAMUZ Schloss Asparn an der Zaya 13. August 2021
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13. August 2021: Das Fundament aus Steinmauerwerk wird angelegt.
Rekonstruktion und Bau einer frühmittelalterlichen Kirche im MAMUZ Schloss Asparn an der Zaya 13. August 2021
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Die Arbeiten an den Fundamenten des Steinmauerwerks wurden in der ersten Augusthälfte abgeschlossen. Die Steinmauern ragen etwa 65 cm aus dem Boden.
Rekonstruktion und Bau einer frühmittelalterlichen Kirche im MAMUZ Schloss Asparn an der Zaya 20. August 2021
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20. August 2021: Die Wandfüllung in Form von Flechtwerkwänden wurde vollständig eingearbeitet.
Rekonstruktion und Bau einer frühmittelalterlichen Kirche im MAMUZ Schloss Asparn an der Zaya 2. September 2021
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2. September 2021: Die Apsis wird errichtet.
Rekonstruktion und Bau einer frühmittelalterlichen Kirche im MAMUZ Schloss Asparn an der Zaya 2. September 2021
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2. September 2021: Wolfgang Lobisser beim Einarbeiten der Wandfüllung in Form von Flechtwerkwänden im Bereich der Apsis.
Rekonstruktion und Bau einer frühmittelalterlichen Kirche im MAMUZ Schloss Asparn an der Zaya September 2021
Wolfgang Lobisser
September 2021: An den Innenwänden der Kirche wurde der Kalkverputz aufgetragen.
Rekonstruktion und Bau einer frühmittelalterlichen Kirche im MAMUZ Schloss Asparn an der Zaya 1. Oktober 2021
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Der Kirchenbau am 1. Oktober 2021
Rekonstruktion und Bau einer frühmittelalterlichen Kirche im MAMUZ Schloss Asparn an der Zaya 1. Oktober 2021
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Die Kirche entstand im Zuge des Interreg-Projektes ATCZ59 I-CULT „Internationale Kulturplattform“. Bild aus dem Oktober 2021.
Rekonstruktion und Bau einer frühmittelalterlichen Kirche im MAMUZ Schloss Asparn an der Zaya 1. Oktober 2021
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Die neue Kirche im archäologischen Freigelände des MAMUZ Schloss Asparn/Zaya bildet das erste Gebäude eines Frühmittelalterensembles

Geplant ist in Asparn ein Frühmittelalterensemble

„Mit dem Bauprojekt gelingt es uns, den historischen Bogen im archäologischen Freigelände von der Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas bis ins Frühmittelalter zu spannen. Das ermöglicht auch eine inhaltliche Erweiterung der Vermittlungsprogramme und historischen Feste“, sagte MAMUZ-Geschäftsführer Christoph Mayer. Die Rekonstruktion des Bauwerkes habe für das Land Niederösterreich eine enorme Bedeutung, erklärte Landtagspräsident Karl Wilfing (ÖVP), „denn mit diesem Projekt der neuen, alten frühmittelalterlichen Kirche hier in Asparn, wird die Überlieferung historisch bedeutsamer Baukunst gewährleistet.“

Die neue Kirche im archäologischen Freigelände des MAMUZ Schloss Asparn/Zaya bildet das erste Gebäude eines Frühmittelalterensembles. Geplant ist eine an die Eisenzeit anschließende Siedlung mit Wohn- und Wirtschaftsgebäuden, die das Frühmittelalter in Mitteleuropa widerspiegeln. „Damit werden parallel zur Dauerausstellung im Schloss auch im Freigelände 40.000 Jahre Menschheitsgeschichte von der Altsteinzeit bis ins Mittelalter erlebbar“, hieß es seitens des Museums.