Die Gebäuderekonstruktionen im Freigelände des MAMUZ Schloss Asparn/Zaya basieren auf der Grundlage archäologischer Grabungsfunde. Auch der Kirchenbau hat ein originales Vorbild: Zwischen 2008 und 2012 wurden bei einer archäologischen Ausgrabung in Pohansko bei Breclav in der Slowakei die Reste einer Rundkirche aus dem neunten Jahrhundert gefunden.
„Pohansko war eine der großen Zentralsiedlungen des sogenannten Großmährischen Reichs an der Thaya, das seine Einflusszone bis weit ins heutige Weinviertel ausgedehnt hatte. Es war daher naheliegend, den architektonisch interessanten und gut dokumentierten Befund aus Pohansko als Vorbild für unser Modell heranzuziehen,“ erklärte Franz Pieler, der Wissenschaftliche Leiter des MAMUZ.
Neue Erkenntnisse über die Bauweise gewonnen
Die Bauarbeiten erfolgten unter weitgehendem Einsatz von Methoden der Experimentellen Archäologie und schafften dadurch die Möglichkeit, neue Erkenntnisse zur frühmittelalterlichen Bauweise sowie zu den verschiedenen Arbeitstraditionen und Handwerkstechniken zu gewinnen.
Wolfgang Lobisser, der den Kirchenbau mit dem Ludwig-Boltzmann-Institut für Archäologische Prospektion und Virtuelle Archäologe umsetzte, über die bautechnische Vorgehensweise bei der Kirchenrekonstruktion: „Die wichtigsten Werkzeugtypen im Frühmittelalter waren Äxte in unterschiedlichen Formen, Dechsel, Stemmbeitel, Hohlbeitel, Ziehmesser, Sägen, Löffelbohrer, Ahlen, Messer und Hobel. Diese haben wir nach archäologischen Vorbildern unter Verwendung der damaligen Techniken für den Kirchenbau nachgeformt.“
Petr Dresler vom Institut für Archäologie und Museologie der Masaryk-Universität in Brünn (Tschechien) berichtete über den Ausgrabungsbefund in Pohansko. Die Kirche sollte offenbar den Schein eines reinen Steinbaus erwecken, wurde aber tatsächlich mithilfe einer stützenden Holzkonstruktion errichtet. „Der Grund dafür war wohl das fehlende Wissen der Bauherren über Steintechnologie oder man wollte oder konnte sich einen reinen Steinbau nicht leisten.“ Die Kombination von Holz- und Steinbautechnik wurde auch bei der Kirchenerrichtung im MAMUZ angewandt. „Ein Traum wird wahr,“ freute sich Dresler beim Anblick der Kirche. „Ich konnte mir nicht vorstellen, wie diese Kirche ausgesehen haben könnte. Nun bin ich überwältigt.“
Geplant ist in Asparn ein Frühmittelalterensemble
„Mit dem Bauprojekt gelingt es uns, den historischen Bogen im archäologischen Freigelände von der Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas bis ins Frühmittelalter zu spannen. Das ermöglicht auch eine inhaltliche Erweiterung der Vermittlungsprogramme und historischen Feste“, sagte MAMUZ-Geschäftsführer Christoph Mayer. Die Rekonstruktion des Bauwerkes habe für das Land Niederösterreich eine enorme Bedeutung, erklärte Landtagspräsident Karl Wilfing (ÖVP), „denn mit diesem Projekt der neuen, alten frühmittelalterlichen Kirche hier in Asparn, wird die Überlieferung historisch bedeutsamer Baukunst gewährleistet.“
Die neue Kirche im archäologischen Freigelände des MAMUZ Schloss Asparn/Zaya bildet das erste Gebäude eines Frühmittelalterensembles. Geplant ist eine an die Eisenzeit anschließende Siedlung mit Wohn- und Wirtschaftsgebäuden, die das Frühmittelalter in Mitteleuropa widerspiegeln. „Damit werden parallel zur Dauerausstellung im Schloss auch im Freigelände 40.000 Jahre Menschheitsgeschichte von der Altsteinzeit bis ins Mittelalter erlebbar“, hieß es seitens des Museums.