In Spitälern müssen Operationen müssen verschoben werden, weil das Personal fehlt. Wer mobile Pflege braucht, bekommt statt Hilfe nur einen Platz auf der Warteliste – und in manchen Pflegeheimen gelte wegen der Überlastung sogar nur noch das Motto „warm, satt, sauber“, beklagen die österreichischen Patienten- und Pflegeanwälte in ihrem Brief an Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne).
Sich um die Menschen ausreichend zu kümmern – „was eigentlich den berufsrechtlichen Vorschriften entspricht“ – sei meist nicht mehr möglich. Pflegekräfte würden dadurch „zusehends desillusioniert, weil das Gelernte, das pflegewissenschaftlich Anerkannte, in der Praxis keine Umsetzung finden kann“. Aufgrund der „bereits überspannten Personalsituation“ sehen die Patienten- und Pflegeanwälte auch „die Grundrechte“ von Spitals- und Pflegepatienten „gefährdet“.
„Negativ-Spirale“ in Gang gesetzt
Unter dieser Entwicklung hätten aber auch die Angehörigen zu leiden, die „ohne passende Versorgung im Stich gelassen werden“ – womit eine „Negativ-Spirale“ in Gang gesetzt werde. Denn da die Versorgung durch Angehörige nicht entsprechend entlastet werden kann, steigt der Aufnahmedruck in den Pflegeheimen. Dies widerspricht aber oft dem Willen vieler Betroffener nach häuslicher Versorgung.
Die Patientenanwälte fordern deshalb von Gesundheitsminister Mückstein die „zeitnahe und vollständige Umsetzung der von der Task Force Pflege gemachten Vorschläge“. Kurzfristig sollten etwa mehr gesetzlich garantierte Anreizsysteme für Pflegepersonal umgesetzt werden. In Abstimmung mit den Bundesländern fordern sie anhand eines Bedarfs- und Entwicklungsplanes, dass eine „bestimmten Zahl von Ausbildungsplätzen in der Pflege“ bereitgestellt werden.
Langfristige Forderungen
Langfristig brauche es eine gesicherte Finanzierung, dabei könnte entweder ein Sozialversicherungssystem oder ein rein steuerfinanziertes System als Vorbild dienen. Im Alltag sei zudem ein flexibles Leistungssystem – über ambulante und stationäre Angebote hinaus – notwendig. Als „best practice Beispiel“ nennen die Patientenanwälte das Pflegemodell Buurtzorg aus den Niederlanden.
In den vergangenen Wochen hatten in Niederösterreich bereits das Hilfswerk und die Arbeiterkammer (AK) Alarm geschlagen. Laut dem Hilfswerk sei das System mit den vorhandenen Arbeitskräften nicht mehr zu stemmen, die Organisation kämpfte mit noch nie dagewesenen Herausforderungen. Neben einer Reform der Pflegeausbildung fordert man mehr Geld für Psychotherapie.
Die Arbeiterkammer hatte zuletzt errechnet, dass in Niederösterreich Ende August 500 Dienstposten unbesetzt waren. Und mittlerweile würden selbst langjährige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den Pflegebereich verlassen. AK-Präsident Markus Wieser forderte damals den „Runden Tisch zur Pflegereform" mit dem Land weiterzuführen. Im Frühjahr gab es dazu zwar schon Gespräche, allerdings blieben diese ohne konkrete Ergebnisse.