Stefan Jauk
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„Ganz Persönlich“

Neuer NV-Chef Jauk: „Es ist mein Traumjob“

Vor wenigen Wochen hat Stefan Jauk das Ruder bei der Niederösterreichischen Versicherung (NV) übernommen. Im Interview erzählt der 45-Jährige, warum er die letzten Wochen im Auto verbrachte und ob uns in Zukunft Computer bedienen werden.

Seit Anfang September ist Stefan Jauk der neue Generaldirektor der Niederösterreichischen Versicherung (NV), einem Unternehmen mit knapp 670 Beschäftigten, mehr als 300.000 Kundinnen und Kunden. Zuletzt erwirtschaftete die NV ein Prämienvolumen von fast 345 Millionen Euro und betreut mehr als 300.000 Kundinnen und Kunden mit 1.371.000 Versicherungsverträgen.

Jauk war zuletzt Geschäftsleiter der Raiffeisen Regionalbank Mödling. Der 45-jährige Neue an der Unternehmensspitze ortet im Klimawandel eine der größten Herausforderungen für die Versicherungsbranche und sieht hier auch noch Handlungsbedarf seitens der Politik. Als Umweltschützer würde er sich dennoch nicht bezeichnen, wie aus dem folgenden Interview mit noe.ORF.at hervorging.

noe.ORF.at: Sind Sie eigentlich Umweltschützer? Ich frage deshalb, weil praktisch alle Experten sagen, dass Wetterextreme wie Starkregen oder Hagel zunehmen werden und damit auch die Schadenssummen.

Stefan Jauk: Diese Thematik der Unwetterereignisse ist natürlich sehr brennend für uns als Versicherung. Das sieht man, wenn man sich das heurige Jahr anschaut, beispielsweise den 24. Juni, der unserer Versicherung sehr hohe Schäden beschert hat: etwa 7.000 Schäden mit einem Schadensvolumen von etwa 70 Millionen Euro. Das war der größte Schaden in der Geschichte der Niederösterreichischen Versicherung. Wenn man Klimaexperten Glauben schenkt, wird es in Zukunft immer häufiger sein und ich glaube, dass es ganz wichtig ist, dass wir uns als Versicherung, als Bevölkerung und Politik auf solche Ereignisse einstellen.

Und auf die Frage, ob ich ein Umweltschützer bin: Ich glaube, es ist eine Frage der Definition. Ich denke, wir müssen alle dazu breitragen, sorgsam mit der Umwelt umzugehen. Aber als Umweltschützer in der klassischen Definition würde ich mich nicht sehen.

noe.ORF.at: Wie soll es weitergehen? Werden die Versicherungsbeiträge höher werden?

Jauk: Aus meiner Sicht ist es erforderlich, dass es einen Schulterschluss mit der Politik gibt, dass man gemeinsam darüber nachdenkt, wie man in der Zukunft mit solchen Ereignissen umgeht. Auch die ökosoziale Marktwirtschaft, so wie es in Österreich derzeit bei der Steuerreform verankert wird, ist ein guter und richtiger Schritt in diese Richtung. Für uns ist wichtig, dass man seitens der Politik versucht, Schritte zu setzen, um den Klimawandel zu stoppen. Die Frage ist: Was könnte der Beitrag der öffentlichen Hand und was könnte der Beitrag der Versicherungswirtschaft sein. Man kann jedes Risiko versichern, es ist eine Frage der Beiträge.

noe.ORF.at: Wird es teurer für Hausbesitzer oder Landwirte?

Jauk: Wir planen derzeit nicht, die Prämien zu erhöhen. Wir müssen uns das aber sehr gründlich in den nächsten Wochen und Monaten anschauen, wie wir weiter mit diesem Thema vorgehen.

noe.ORF.at: Sie haben sich als Generaldirektor zum Ziel gesetzt, die Digitalisierung voranzutreiben. Wenn ich Kunde Ihrer Versicherung bin, werde ich dann zukünftig mit einem Computer reden oder gibt es noch Mitarbeiter?

Jauk: (lacht) Sie werden auch künftig mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern reden können. Wir sind mitten in einer Digitalisierungswelle. Die Digitalisierung wird in Zukunft eine noch wichtigere Rolle spielen. Wir als Niederösterreichische Versicherung sind im Bereich der Digitalisierung schon sehr gut aufgestellt, beispielsweise mit unserer App oder dem digitalen Portal, aber wir wollen noch weitere Schritte setzen. Das soll nicht bedeutet, dass künftig mit uns nur mehr digital kommuniziert werden kann. Wir arbeiten daran, dass der Kunde entscheiden kann, wie er mit uns in Kontakt tritt, wie er sein Produkt abschließt. Ich bin aber der Überzeugung, dass das Versicherungsgeschäft jetzt und auch in zehn Jahren ein Vertrauensgeschäft sein wird. Vertrauen entsteht zwischen zwei Menschen und nicht zwischen Computern. Aus diesem Grund wird das Versicherungsgeschäft auch in Zukunft persönlich gemacht werden, weil es uns ganz wichtig ist, dass unser Kunde einen Ansprechpartner hat, den er kontaktieren kann und der ihm dann zur Seite steht.

noe.ORF.at: Aktuell hat die niederösterreichische Versicherung 45 Kundenbüros. Sie haben sich vorgenommen, alle zu besuchen. Haben Sie das schon geschafft? Und wieviel Zeit haben Sie im Auto verbracht?

Jauk: (lacht). Ja, das stimmt. Wir haben bis letzte Woche alle Kundenbüros besucht. Mir ist es extrem wichtig gewesen, alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter recht schnell kennenzulernen. Das war heuer wegen der Coronakrise nicht einfach, aber ich durfte jetzt alle Kolleginnen und Kollegen kennenlernen. Das waren irrsinnig bereichernde und interessante Gespräche und für mich auch ganz wichtig, dass man den persönlichen Kontakt hat. Ich sehe uns alle auch immer als ein Team. Mir ist wichtig, dass man eine offene Kommunikation pflegt.

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Im Interview lachte der neue NV-Generaldirektor viel, er selbst bezeichnet sich als „umgänglich“

noe.ORF.at: Wie würden Sie denn Ihren Führungsstil beschreiben? Sind Sie ein strenger Chef?

Jauk: Ich glaube, ich bin ein sehr umgänglicher Mensch. Wie gesagt, ich schätze auch die offene Kommunikation und ich bin auch kritikfähig. Das heißt, man kann mir sehr viel sagen. Ich schätze eine gewisse Fehlerkultur. Wo gearbeitet wird, fallen Späne, wo nicht gearbeitet wird, fallen keine Späne. Fehler passieren. Aber man muss auch darauf Acht geben, dass die Fehler nicht zu oft passieren und da muss man auch konsequent sein. In diesem Sinne: Als strengen Chef würde ich mich nicht bezeichnen, aber als jemanden, der ein Teamplayer ist und auch eine gewisse Konsequenz an den Tag legt.

noe.ORF.at: Verzeihen Sie sich Ihre eigenen Fehler?

Jauk: Da kann ich vielleicht noch daran arbeiten (lacht). Niemand macht gerne Fehler. Ich bin niemand, der sagt: ‚Ist ja wurscht, ist halt jetzt passiert.‘ Ich frage mich dann schon, warum es passiert ist und versuche, aus meinen Fehlern zu lernen.

noe.ORF.at: Ihre Tage waren sehr voll in den letzten Wochen. Bleibt da noch Zeit für etwas anderes als Arbeit?

Jauk: Die letzten paar Wochen waren schon sehr stark von der Arbeit geprägt. Es ist klar, dass jetzt wenig Zeit für die Familie oder für Sport oder Freizeitaktivitäten ist. Weil es aus meiner Sicht im ersten Jahr ganz wichtig ist, die Kolleginnen und Kollegen und die Kunden kennenzulernen. Man profitiert in der Zukunft davon, dafür ist das erste Jahr etwas intensiver.

noe.ORF.at: Wieso ist es Ihnen so wichtig, jede Mitarbeiterin und jeden Mitarbeiter kennenzulernen?

Jauk: Aus meiner Sicht ist jeder Kollege, jede Kollegin, die bei der Niederösterreichischen Versicherung arbeitet, auch das Gesicht nach außen. Die NV hat einen exzellenten Ruf. Man kennt die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in den Regionen aufgrund der Kundenbüros und durch dieses Vertrauen haben wir auch unsere Geschäftserfolge. Daher wachsen wir auch jährlich stärker als viele andere Mitbewerber am Markt. Das ist unser Erfolgsgeheimnis.

noe.ORF.at: Wenn Sie Freizeit haben, wie verbringen sie Sie dann?

Jauk: Ich genieße es, in den Bergen zu sein und ich liebe es, am Wochenende zu wandern. Ich fahre auch gern mit dem Mountainbike. Was mich auch sehr bereichert, ist die Jagd. Das entspannt mich sehr, denn ich liebe es, in der Natur zu sein.

noe.ORF.at: Grüne und nachhaltige Fonds liegen im Trend. Kann man damit wirklich die Umwelt schützen?

Jauk: In gewisser Weise, ja. Grüne Fonds oder Ökofonds müssen gewissen Kriterien erfüllen. Das sind die sogenannten ESG-Kriterien. Das steht für Environment, also für den gesamten Umweltbereich, für Social, also für alles was soziale Agenden betrifft, und für Governance, für nachhaltige und gute Unternehmensführung. Das heißt, diese Fonds investieren in Unternehmen, in der Regel in Aktien, die diese Kriterien erfüllen. Das ist wichtig für die Zukunft, dass man darauf Bedacht nimmt, nicht in Produkte zu investieren, die aus Ländern kommen, wo Korruption vorherrscht.

noe.ORF.at: Aber sollten diese Kriterien nicht absolute Mindeststandards sein?

Jauk: Naja, es gibt unterschiedliche Veranlagungsmöglichkeiten, unterschiedliche Möglichkeiten zu investieren und auch die politische Situation ist in verschiedenen Ländern nicht so wie sie bei uns ist. Wenn man mit gutem Gewissen investieren möchte, dann sollte man sich diese Kriterien gut anschauen und eigentlich nur in solche Produkte investieren.

Stefan Jauk im Gespräch mit Eva Steinkellner-Klein
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Stefan Jauk im Gespräch mit Eva Steinkellner-Klein. Er empfiehlt jedem Menschen den Abschluss einer privaten Pensionsversicherung

noe.ORF.at: Wenn ich jetzt als Kunde zu Ihnen komme: Weche Versicherungen würden Sie mir als absolutes Minimum ans Herz legen?

Jauk: Also auf jeden Fall sollte man eine Haushaltsversicherung haben. Weiters ein Muss ist eine Unfallversicherung. Die AUVA, die gesetzliche Unfallversicherung, deckt ja nur Unfälle im beruflichen Bereich ab. Und Pflicht aus meiner Sicht ist auch die Pensionsversicherung. Unser gesetzliches Pensionssystem wird an seine Grenzen kommen. Man baut sich im Laufe der Jahre einen gewissen Lebensstandard auf und dann steht man vielleicht vor der Situation, dass man sich das Leben im Alter nicht mehr leisten kann. Darum auch der Tipp und die Empfehlung, so früh wie möglich mit einer privaten Pensionsvorsorge zu beginnen.

noe.ORF.at: Sie als Chef einer Versicherung: Haben Sie alles, was in diesem Bereich möglich ist?

Jauk: Ich bin sehr gut versichert, das liegt in der Natur der Sache (lacht).

noe.ORF.at: Sie haben ja auch privat einiges zu tun. Sie bauen Haus, Sie ziehen nach Klosterneuburg. Wieso ziehen Sie von Wien nach Niederösterreich?

Jauk: Es ist im Grunde der Garten. Wir hatten in Wien ein Haus, das wir vor zwei Jahren verkauft haben und leben jetzt übergangsmäßig in einer Wohnung und freuen uns schon wieder sehr auf einen Garten und auf ein Haus. Wir hoffen, dass wir Ende übernächsten Jahres einziehen können.

noe.ORF.at: Und wer kümmert sich um all das?

Jauk: Das macht federführend meine Frau, die auch für die Gestaltung zuständig ist.

noe.ORF.at: Ist diese Rollenaufteilung für sie in Ordnung?

Jauk: Ja, schon. Sie hat da einen sehr guten Geschmack und sie hat viel Geduld. Ich glaube, wenn man ein Haus baut, braucht man viel Geduld. Ja, mit der Rollenaufteilung passt es gut.

noe.ORF.at: Sie waren vorher im Bankensektor, jetzt sind Sie Generaldirektor der NV. Sie sind den Zahlen treu geblieben. Waren Sie schon als Kind mathematisch begabt?

Jauk: Ja, ich habe immer eine Affinität zu Zahlen gehabt. Ich habe die Handelsakademie besucht, wo es mich immer schon ein bisschen gereizt hat, Bilanzen zu lesen. Ich war dann nach dem Studium eine gewisse Zeit im Bereich Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung. Ich habe immer hochspannend gefunden, was man aus den Zahlen herauslesen kann, wie Unternehmen Geschäftsmodelle entwickeln und auch sehr erfolgreich sein können.

noe.ORF.at: Somit ist das jetzt Ihr Traumjob?

Jauk: Es ist ein toller Job. Einerseits, weil es wirtschaftlich eine große Verantwortung ist und andererseits, weil ich mit sehr vielen Menschen zu tun habe. Das ist mir sehr wichtig im Job. Ich könnte keinen Job machen, in dem ich keinen Kontakt zu Kunden und Kollegen und Kolleginnen habe, das genieße ich sehr. Ich glaube, es ist auch wichtig, wenn man eine Führungsposition hat, dass man gerne entscheidet. Man kennt ja diesen Spruch: Man muss Menschen mögen. Ich mag Menschen, ich bin gern auf Terminen, ich führe gern Gespräche. Ja, insofern ist es mein Traumjob.