Verfassungsgerichtshof in Wien
APA/Herbert Neubauer
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Verkehr

S8: Land und Gemeinden rufen Höchstgerichte an

Das Land, die Stadt Gänserndorf und die Gemeinde Markgrafneusiedl fordern nach dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts zur geplanten Marchfeld Schnellstraße (S8) die Aufhebung und haben daher das Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshof angerufen.

Konkret gefordert wird laut Aussendung am Samstag die Aufhebung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG), laut der es keine Genehmigung für die S8 gibt und das Verfahren an das Ministerium zurückverwiesen wurde.

Das BVwG hatte das Verfahren zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) im September „aufgrund von Mängeln im Behördenverfahren und der Missachtung naturschutz- und artenschutzgesetzlicher Bestimmungen“ an das Umwelt- und Verkehrsministerium zurückverwiesen.

Dem Gericht zufolge muss eine Alternativenprüfung vorgenommen werden. In diesem Rahmen sei zu klären, „ob keine alternative Trassenführung möglich ist, die zu geringeren Auswirkungen führt, und ob zwingende Gründe des öffentlichen Interesses das Interesse des Naturschutzes überwiegen“.

Schleritzko: „Interessen der Bevölkerung verteidigen“

Seitens des Landes Niederösterreich wurde als Reaktion eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof (VwGH) sowie – ebenso wie von der Stadtgemeinde Gänserndorf und der Marktgemeinde Markgrafneusiedl (Bezirk Gänserndorf) – Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) eingebracht.

„Wir werden die Interessen der Bevölkerung im Marchfeld auch vor den Höchstgerichten verteidigen“, betonten Mobilitätslandesrat Ludwig Schleritzko und Gänserndorfs Stadtchef Rene Lobner (beide ÖVP) sowie Franz Mathä, Bürgermeister von Markgrafneusiedl (SPÖ).

Zentraler Kritikpunkt am Beschluss des BVwG ist, dass „kein Erkenntnis getroffen wurde, obwohl das BVwG eine gesetzliche Verpflichtung hat, Sachentscheidungen zu treffen und dafür notwendige Ermittlungsschritte zu setzen“. Die nun vom Ministerium geforderte Alternativenprüfung sei vom Gericht selbst begonnen, aber dann plötzlich abgebrochen worden. „Damit wurde auch der Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis, dem das BVwG zu folgen hätte, verletzt“, teilte das Büro des Landesrats in einer Aussendung mit.

Verlangt werden „keine weiteren Verzögerungen“

„Dass das BVwG nicht selbst in der Sache entschieden hat, sondern sie ans Verkehrsministerium zurückverweist, ist in unseren Augen rechtswidrig. Damit wurde nicht nur das Land Niederösterreich als Mitbeteiligte am Verfahren, sondern auch all jene, die auf die Umsetzung der Straße warten, zu Unrecht in die nächste Verlängerung des mittlerweile über zehn Jahre dauernden Verfahrens geschickt“, kritisierte Schleritzko.

„Es braucht rasch Entlastung und keine weiteren Verzögerungen“, betonte der Gänserndorfer Stadtchef. Der Bürgermeister von Markgrafneusiedl hielt fest: „Eine Umfahrungslösung, wie sie von den Grünen Lokalpolitikern propagiert wird, ist in keiner Weise akzeptabel, da es für uns keine Entlastung bedeutet, sondern sogar mit noch mehr Verkehr zu rechnen ist.“

In der außerordentlichen Revision an den VwGH wird laut Aussendung u.a. die Unzulässigkeit der Zurückverweisung, die Vereitelung der Mitwirkung des Projektwerbers oder der Abbruch der bereits begonnenen Alternativenprüfung als Rechtswidrigkeit des Inhalts des Beschlusses bzw. durch Verletzung von Verfahrensvorschriften angeführt.

In der Beschwerde an den VfGH werde die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Gleichheit durch Willkür angeführt. „Indem das BVwG nicht in der Sache selbst entschieden hat, obwohl hierfür alle erforderlichen Voraussetzungen vorlagen, hat es rechtswidrig gehandelt und damit die Rechtslage in krasser Weise verkannt, was zu einer willkürlichen Entscheidung geführt hat“, wurde seitens des Landes Niederösterreich festgehalten. Zudem sei das Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt worden.

Auch S8-Gegner riefen Höchstgerichte an

Auch Gegner der S8 riefen die Höchstgerichte an. Die Umweltorganisation Virus sowie die Bürgerinitiativen Marchfeld (BIM) und „Rettet die Lobau“ brachten Revision an den VwGH ein, weil das BVwG ihrer Ansicht nach den Genehmigungsantrag für die S8 abweisen hätte müssen.

Die S8 ist eines jener ASFINAG-Neubauprojekte, die derzeit vom Umwelt- und Verkehrsministerium auf Klimaschutz und Ressourcenverbrauch evaluiert werden. Der Abschnitt West ist rund 14,4 Kilometer lang und umfährt Raasdorf, Deutsch-Wagram, Markgrafneusiedl, Strasshof, Obersiebenbrunn (alle im Bezirk Gänserndorf) und Gänserndorf. Mit der Schnellstraße sollen die an der B8 liegenden Ortsdurchfahrten entlastet werden.