Coronavirus

Spitäler holen pensioniertes Personal zurück

In Niederösterreich wird derzeit pensioniertes Personal für die Spitäler rekrutiert. Ehemalige Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegekräfte werden kontaktiert, um zu erheben, ob sie wieder arbeiten würden. Damit will man sich für eine mögliche Personalnot rüsten.

Die Landesgesundheitsagentur hat zuletzt alle Ärztinnen und Ärzte sowie diplomierte Pflegekräfte kontaktiert, die seit dem 1. Jänner 2017 in Pension gegangen sind. Dabei handelt es sich um etwa 1.000 Personen. Fast jede oder jeder Vierte hat sich dazu bereiterklärt, im Notfall wieder zu arbeiten.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die aus der Pension geholt werden, sollen „dort eingesetzt werden, wo Bedarf besteht“, heißt es von der Landesgesundheitsagentur, vorrangig aber in jenem Landesklinikum, in dem sie zuletzt gearbeitet haben beziehungsweise zumindest an einem „wohnortnahen Standort“. Die Dienstverträge sind befristet. Spezielle finanzielle Anreize gibt es nicht, ausbezahlt wird das letzte Gehalt.

„Erst im Bedarfsfall“

„Unser Personal ist nun seit eineinhalb Jahren mit der Pandemie gefordert, und alle geben ihr Bestmögliches, um die Versorgung der Patientinnen und Patienten sicherzustellen. Dabei ist es natürlich auch belastend, dass sie sich selbst infizieren können, erkranken oder jemand anderen anstecken können“, begründete die Landesgesundheitsagentur die Umfrage unter den pensionierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, auf die aber – wie hervorgehoben wird – „erst im Bedarfsfall“ zurückgegriffen werden soll.

Ein Lokalaugenschein von noe.ORF.at im Landesklinikum Scheibbs zeigte, dass mittlerweile Feuer am Dach ist. Kaum ein Dienstplan hält, Einspringen steht auf der Tagesordnung, das Personal wird zwischen den Stationen hin und her geschoben, je nachdem, wo es am dringendsten benötigt wird.

Scheibbs: „Pensionistinnen sind Riesenstütze für das Team“

Auf der Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizin läuteten schon vor mehr als einem Jahr die Alarmglocken. Drei ehemalige Mitarbeiterinnen kehrten freiwillig aus der Pension zurück. „Ein großer Beweggrund war sicher, dass sie ihre Kolleginnen und Kollegen unterstützen wollen“, sagte Robert Resel, Pflegebereichsleiter auf der Abteilung. „Sie haben die Gefahr der Pandemie erkannt und gesehen, dass man jede Hand braucht, die helfen kann. Sie sind seit über einem Jahr eine Riesenstütze für das Team.“

Pflegebereichsleiter Robert Resel und Belegschaftsvertreter Rudolf Zeller
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Pflegebereichsleiter Robert Resel (l.) und Belegschaftsvertreter Rudolf Zeller: „Die pensionierten Mitarbeiterinnen sind eine Riesenstütze für das Team“

Zwei von ihnen waren erst drei Monate in Pension, eine schon ein Jahr. Eingesetzt werden sie hauptsächlich im Nachtdienst, um Personal für den Tag freizubekommen. „Die beiden Mitarbeiterinnen, die nur kurz in Pension waren, waren sofort wieder in das Team eingebunden, die andere Kollegin wurde zuerst zusätzlich eingesetzt, versieht aber jetzt bereits wieder normalen Dienst“, so Resel.

Vier von sechs Intensivbetten mit Covid-19-Patienten belegt

Normal ist in Zeiten der Pandemie allerdings längst nichts mehr. Im Landesklinikum Scheibbs sind laut Resel vier von sechs Intensivbetten mit Covid-Patienten belegt. „Die Belastung ist enorm, Covid-19-Patienten haben einen hohen Pflegeaufwand. Es gibt tagtägliche Veränderungen, man kann sich auf nichts mehr einstellen – welche zusätzlichen Coronavirus-Fälle gibt es, welche anderen Akutoperationen? Es herrscht Ungewissheit“, so der Pflegebereichsleiter.

Bilder von der Demonstration in Wien am Wochenende mit fast 40.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die nicht nur die CoV-Maßnahmen und die Impfpflicht kritisierten, sondern zum Teil die Pandemie an sich infrage stellten, treffen jene, die an vorderster Front im Krankenhaus arbeiten, schwer. „Wir versuchen, das so weit wie möglich auszublenden, um nicht Ärger oder andere Emotionen hochkommen zu lassen“, sagte Resel – mehr dazu in 40.000 protestierten gegen CoV-Maßnahmen (wien.ORF.at; 20.11.2021).