Ein Covid-Patient auf der Intensivstation des Universitätsklinikums Tulln
APA/Helmut Fohringer
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Coronavirus

Spitäler über „systemkritischer Auslastungsgrenze“

In Niederösterreich ist am Donnerstag mit 114 Corona-Intensivpatienten die „systemkritische Auslastungsgrenze“ von 33 Prozent der Gesamtkapazitäten überschritten worden. Das bedeutete einen Anstieg um fünf Personen im Vergleich zu Mittwoch.

Von insgesamt 334 Intensivbetten in den Landeskliniken waren nach Angaben der Landesgesundheitsagentur (LGA) 114 mit Covid-19-Infizierten belegt und 138 mit Nicht-Corona-Patienten. Damit standen den Angaben zufolge 82 freie Plätze zur Verfügung.

Laut Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) ist bei Überschreitung des sogenannten Schwellenwerts für ein sehr hohes Systemrisiko davon auszugehen, „dass die Covid-19-Patienten bereits in deutliche Konkurrenz mit anderen intensivpflichtigen Patienten treten“. Die Zahl der Corona-Patienten auf Normalstationen in Niederösterreich sank von zuletzt 482 auf 461 am Donnerstag. Zeitgleich meldeten die Behörden aber 21 Todesfälle binnen 24 Stunden in Niederösterreich.

Pernkopf: „Gesundheitssystem muss entlastet werden“

„Die hohen Infektionszahlen führen zu weiter steigenden Belagszahlen in unseren Kliniken. Daher müssen planbare Operationen verschoben und pensioniertes Personal reaktiviert werden“, sagte der für die Krankenhäuser zuständige Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP). Diese Mitarbeiter „beweisen Zusammenhalt und Solidarität, auch die Gesamtbevölkerung ist dazu aufgerufen, sich an die Maßnahmen zu halten und die vielfältigen Impfmöglichkeiten zu nutzen. Nur so kann unser Gesundheitssystem entlastet werden, sowohl für Corona als auch für alle anderen Krankheiten und Notfälle“.

Wie bisher werden elektive (planbare, Anm.) Eingriffe verschoben, damit Personal auf den Intensivstationen zur Verfügung steht. Im Bedarfsfall könnte auf Kräfte im Ruhestand zurückgegriffen werden. Fast ein Viertel der seit Anfang 2017 pensionierten Ärzte und diplomierten Pflegekräfte erklärte sich auf Anfrage der LGA bereit, im Notfall zu helfen. „Sollte zusätzlicher Bedarf bestehen, werden in den Kliniken weitere Kapazitäten für Corona-Patienten geschaffen“, teilte die LGA auf Anfrage mit.

SPÖ-Gesundheitssprecherin Karin Scheele verlangte angesichts des Überschreitens der „systemkritischen Auslastungsgrenze“ eine Entlastung von Arbeitnehmern in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen. Operationen müssten verschoben werden, „da das Personal an allen Ecken und Enden fehlt“, teilte sie in einer Aussendung mit. Die SPÖ fordere seit Jahren – auch in Anträgen im Landtag – bessere Arbeitsbedingungen für Gesundheitspersonal, u.a. mehr Gehalt, weniger Dienststunden, einen wissenschaftlich basierten Pflegeschlüssel sowie die Möglichkeit, pflegende Angehörige anstellen zu können. Kritik übte Scheele an Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf (beide ÖVP). „Wenn es jetzt kein Umdenken gibt, droht der Kollaps unseres Gesundheitssystems“, so die SPÖ-Politikerin.