Impfpass wird abgestempelt
APA/EXPA/Johann Groder
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Coronavirus

Mikl-Leitner: „Impfpflicht bringt Freiheit zurück“

Die Impfpflicht gegen das Coronavirus, die mit 1. Februar 2022 kommen soll, werde die Freiheit zurückbringen. Das sagte Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) am Donnerstag. Vom Bund forderte sie Tempo ein.

Kurzfristig soll der Lockdown die Infektionszahlen senken, längerfristig die Impfpflicht gegen das Coronavirus, die mit 1. Februar 2022 in Kraft treten soll. Diese sei „kein Angriff auf die Freiheit, sondern das letzte Instrumentarium, um die Freiheit wieder zurückzugewinnen“, sagte Mikl-Leitner am Donnerstag im Interview mit ORF-NÖ-Chefredakteur Robert Ziegler.

Zur Debatte, ob die Schulen ins Distance-Learning wechseln sollen, verweist sie darauf, dass der Bund entschieden hätte, die Schulen offen zu halten. „Aber ob das der richtige Weg ist, müssen der Bildungs- und Gesundheitsminister mit ihren Experten beraten.“ Dass der Lockdown mit 12. Dezember endet, hält sie für realistisch, sofern sich jeder an die Maßnahmen hält.

Frau Landeshauptfrau, es heißt, dass Sie bei der Landeshauptleutekonferenz vorige Woche massiv für eine Impfpflicht eingetreten sind – anders als früher. Warum?

Johanna Mikl-Leitner: Ich habe mich für diese Impfpflicht stark gemacht, weil es unser Ziel sein muss, Schutz und Sicherheit für unsere Leute im Land zu garantieren. Wenn ich von Schutz spreche, dann meine ich den Schutz vor der Coronakrankheit, die viel zu oft dramatisch endet. Wenn ich von Sicherheit spreche, dann meine ich die Sicherheit für uns alle, dass wir auch tatsächlich behandelt werden können, wenn einer von uns medizinische Hilfe oder Unterstützung braucht.

Ich halte es für unerträglich, dass Kinder oft wochenlang auf eine Herz-OP warten müssen oder wenn wir für Herzinfarktpatienten verzweifelt nach Intensivbetten in unseren Kliniken Ausschau halten müssen, so wie es bereits in Oberösterreich passiert ist. Ich halte es auch für unerträglich, dass wir vor allem durch mangelnde Impfbereitschaft Einzelner von einem Lockdown in den nächsten geführt werden. Aus dieser Spirale werden wir nur mit der Schutzimpfung kommen. Da führt kein Weg vorbei.

Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner
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Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner: „An der Impfung führt kein Weg vorbei“

Schon die Ankündigung hat dazu geführt, dass es Proteste gab. Zum Teil sind Radikale dabei, aber durchaus auch besorgte Menschen. Warum riskiert die Politik eine Spaltung der Gesellschaft?

Mikl-Leitner: Gerade diese Impfpflicht ist kein Angriff auf unsere Freiheit, sondern das letzte Instrumentarium und Voraussetzung dafür ist, dass es wieder gelingen kann, die Freiheit zurückzugewinnen. Gott sei Dank hat sich die überwältigende Mehrheit dazu entschieden und die Chance genützt, sich rechtzeitig und rasch impfen zu lassen. Aber es gab auch welche, die lange gezögert und lange überlegt haben, die sich jetzt erst impfen lassen haben.

Es gibt auch eine Gruppe, die jetzt noch zögert und überlegt und vielleicht die eine oder andere Sorge hat. Dafür habe ich großes Verständnis, appelliere aber auch an jene, dass sie Vertrauen in die Wissenschaft und zu ihren Ärztinnen und Ärzte zu haben. Vor allem richte ich einen Appell an sie, sich zum eigenen Schutz und vor allem zum Schutz der Mitmenschen impfen zu lassen.

Dann gibt es noch die gewaltbereiten Chaoten. Dafür habe ich überhaupt kein Verständnis. Kein Verständnis für jene, die Verschwörungstheoretiker sind oder sogar bereit sind, unsere Kliniken und Intensivstationen zu stürmen, wo sich das Gesundheitspersonal seit Monaten bemüht, Menschenleben zu retten. Da gibt es keinerlei Toleranz und die müssen mit aller Härte verfolgt werden.

Für die Impfpflicht gibt es noch nicht einmal einen Gesetzesentwurf. Wie soll es da weitergehen?

Mikl-Leitner: Es braucht vor allem Tempo, rasch einen ganz konkreten Gesetzesvorschlag, damit der parlamentarische Prozess eingehalten werden kann und die Impfpflicht auch tatsächlich mit 1. Februar 2022 in Kraft tritt. Da nehme ich die Bundesebene in die Verantwortung und Verpflichtung.

Eine allgemeine Impfpflicht heißt nicht, dass es nicht auch Ausnahmen gibt. Wie könnte das aussehen? Es kann sich nicht jeder oder jede impfen lassen.

Mikl-Leitner: Ich bin sehr froh darüber, dass es eine breite Allianz über Parteigrenzen hinweg gibt, was die Impfpflicht betrifft. Klar ist, dass es ein äußerst sensibles Thema ist und dass es Ausnahmen aus medizinischen Gründen geben muss und jene Menschen, die sich impfen lassen können, auch tatsächlich impfen lassen. Lassen sich diese Menschen nicht impfen, muss es Konsequenzen wie etwa eine Verwaltungsstrafe geben.

Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner
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ORF-NÖ-Chefredakteur Robert Ziegler im Gespräch mit Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, die das angekündigte Lockdown-Ende mit 13. Dezember für realistisch hält, sofern sich alle an die Maßnahmen halten

Einige sagen, es würde reichen, wenn die Impfpflicht zeitlich begrenzt ist. Wie sehen Sie das?

Mikl-Leitner: Mittlerweile haben alle begriffen, dass dieses Coronavirus nicht automatisch weggeht und sich in Luft auflöst. Die derzeitige Wissenschaft geht davon aus, dass wir Jahr für Jahr eine Auffrischungsimpfung brauchen werden.

Sollte die Wissenschaft in den nächsten Monaten neue Erkenntnisse gewinnen oder sollte es neue Medikamente geben, wo es keiner Impfung mehr bedarf, dann bin ich die Erste, die vorangeht und dafür eintritt, dass die Impfpflicht wieder abgeschafft wird. Aber jetzt führt kein Weg vorbei, jetzt brauchen wir die Impfung zum Schutz unserer Freiheit.

Im aktuellen Lockdown gibt es eine Debatte, ob es doch nicht besser wäre, dass die Schulen wieder ins Distance-Learning wechseln. Wie sehen Sie das?

Mikl-Leitner: Die Bundesregierung hat sich dazu entschieden, die Schulen offen zu lassen. Auf Grundlage dieser Entscheidung sind natürlich auch bei uns in Niederösterreich die Schulen offen.

Fakt ist, dass wir in den letzten Tagen ein sehr hohes Infektionsgeschehen beobachten und dass gerade aufgrund der intensiven Testungen, die an unseren Schulen erfolgen, sehr schnell coronainfizierte Schülerinnen und Schüler herausgefiltert und die Infektionsketten rasch durchbrochen werden können. Aber ob das der richtige Weg ist, der eingeschlagen worden ist, das müssen der Unterrichtsminister und der Gesundheitsminister mit ihren Expertinnen und Experten beraten.

Wird der Lockdown aus Ihrer Sicht mit dem 12. Dezember enden?

Mikl-Leitner: Derzeit haben wir von unseren Experten Prognosen vorliegen, die zeigen, dass das Infektionsgeschehen mit Anfang Dezember hinuntergeht. Wenn das tatsächlich so ist, steht einem Öffnen mit 13. Dezember nichts im Wege.

Das wünschen wir uns alle und dazu müssen wir auch alles tun: impfen, testen, den Lockdown ernst nehmen, das heißt die sozialen Kontakte auf das Niedrigste beschränken, Abstand halten und Hygienevorschriften einhalten. Wenn wir all das berücksichtigen, bin ich sehr positiv, was den 13. Dezember und vor allem auch das bevorstehende Weihnachtsfest betrifft.