„Der junge Hitler. Prägende Jahre eines Diktators. 1889 – 1914“ wurde im Haus der Geschichte im Museum Niederösterreich ab Februar 2020 zwölf Monate lang in der Landeshauptstadt gezeigt. Das Publikumsinteresse und die internationale Medienaufmerksamkeit waren groß. Bis Ende Oktober 2021 war die Ausstellung im Nordico Stadtmuseum in Linz zu sehen.
Die Schau im Haus der Geschichte Niederösterreich widmete sich der Kindheit und Jugend Hitlers im gesellschaftlichen Kontext der Zeit um 1900. Zu sehen waren unter anderem noch nie gezeigte Objekte aus dem Nachlass von August Kubizek, ein Jugendfreund Hitlers.
Die Ausstellung im Kulturbezirk in St. Pölten war in eine Innen- und eine Außenzone gegliedert. Innen ging es um die Biografie Hitlers von 1889 bis 1914, außen in einer Parallelerzählung um politische und kulturelle Strömungen, die Hitler und seine Zeitgenossen in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg geprägt haben. Nachgegangen wird auch der Frage, woher Nationalismus, Militarismus, Rassenhass und Antisemitismus kamen.
Rapp: „Ein früh Gescheiterter und Außenseiter“
Anhand authentischer Dokumente zeichnete die Schau laut Christian Rapp, dem Wissenschaftlichen Leiter des Hauses der Geschichte, das Bild eines früh Gescheiterten und eines Außenseiters, der stets die Umwelt für eigenes Versagen verantwortlich gemacht habe und für den die „Gesichtswahrung entscheidend“ gewesen sei. Aufgabe der wissenschaftlichen Aufarbeitung der Kindheit und Jugend Hitlers sei es gewesen, „Geschichte von Geschichten zu trennen“, ergänzte der Historiker Hannes Leidinger.
Zum Nachlass von Kubizek zählt etwa ein Notenblatt, das entstand, als Hitler – nach nur vier Monaten Klavierunterricht – sich als Opernkomponist im Stile Richard Wagners versucht hat. „Fatale Selbstüberschätzung“, so Leidinger. Zur Schau erschien im Residenz Verlag auch das von Rapp und Leidinger verfasste Buch „Hitler – Prägende Jahre“.
Ausstellung war Impulsgeber für neue Forschungen
„Normalerweise wird in Ausstellungen nur der aktuelle Wissensstand vermittelt. Bei diesem Projekt war es anders. Die Ausstellung wurde selbst zum Impulsgeber für neue Forschungen“, sagt Rapp. „Bei unserem Workshop ‚Hitler und das Fin de Siecle‘ im Herbst 2020 hat Roman Sandgruber erstmals seine Forschungen zu Adolf Hitlers Vater Alois vorgestellt. Auch wir selbst konnten wichtige neue Quellen zu Kindheit und Jugend Hitlers beisteuern. Im April 2021 wurden diese dann in die Ausstellung für das Nordico in Linz integriert.“
„Die Ausstellung nach Linz zu holen war eine hervorragende Entscheidung. Die Schau konnte in Zusammenarbeit mit namhaften Historikerinnen und Historikern um wertvolle Erkenntnisse zur Linzer Zeit Hitlers erweitert werden und stieß auf großes Publikumsinteresse“, sagte Nordico-Leiterin Andrea Bina über die gute Kooperation der beiden Museen. Die Beiträge des internationalen Workshops „Hitler und das Fin de Siecle“ sind noch online abrufbar.