Covid-Intensivstation
APA/HELMUT FOHRINGER
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Höhepunkt auf Intensivstationen erwartet

In Niederösterreich wird eine weitere Zunahme an CoV-Intensivpatienten erwartet. Der voraussichtliche Höhepunkt wird vermutlich Ende dieser oder Anfang der kommenden Woche erreicht. Planbare Eingriffe wurden zuletzt deutlich zurückgefahren.

110 CoV-Patientinnen und -Patienten waren es am Montagmorgen in den Spitälern in Niederösterreich. 91 Intensivbetten waren zu diesem Zeitpunkt noch frei. Grund dafür sei, dass planbare medizinische Leistungen zuletzt „deutlich reduziert“ wurden, berichtete Intensivmediziner Christoph Hörmann bei einer Pressekonferenz am Montagvormittag. „Hätten wir das nicht gemacht, hätten wir heute kein einziges Intensivbett frei.“

Durch das Verschieben von elektiven Operationen und Leistungen habe man die Intensivkapazitäten aufstocken können, so Hörmann, Leiter der Klinischen Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizin am Universitätsklinikum St. Pölten. Auf Normalstationen befanden sich am Montag 439 an Covid Erkrankte. Gleichzeitig wurden zehn Todesfälle binnen 24 Stunden gemeldet.

„Die enorme Belastung wird leider noch einige Wochen andauern“, betonte Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP). Laut Hörmann wirken sich die Infektionszahlen „circa zehn Tage später auf der Normalstation und noch einmal vier Tage später auf der Intensivstation aus“. Fest stehe damit: „Die Belastung auf den Intensivstationen ist sicher nicht vorbei, wenn die Infektionszahlen runtergehen und der Lockdown vorbei ist“, so Hörmann.

Peak Ende dieser oder Anfang kommender Woche

Der Intensivmediziner hofft diesbezüglich auf ein „Plateau“ in dieser Woche, wie schnell der Abfall sei, hänge von den Krankheitsverläufen ab. „Wir hoffen, dass wir den Peak Ende dieser Woche, Anfang nächster Woche erreicht haben“, sagte auch Markus Klamminger von der Niederösterreichischen Landesgesundheitsagentur (LGA).

Während Patienten normalerweise im Durchschnitt drei bis fünf Tage intensivmedizinisch behandelt werden müssen, seien es im Vergleich dazu bei Covid-Erkrankten zwischen zwei und vier Wochen, „sofern sie es überleben“, so Hörmann. „Einige sind 100 Tage und mehr auf der Intensivstation“, berichtete der Mediziner in dem Pressegespräch.

Medizinisches Personal legt auf einer Intensivstation des RKH Klinikum Ludwigsburg einem Covid-19-Patienten einen Zugang für die künstliche Beatmung
APA/dpa/Sebastian Gollnow
„Dramatisch“ und „psychisch belastend“ sei die Situation derzeit, heißt es – wie „Holzhacken in einer 90-Grad-Sauna“

„Psychisch belastend“ sei auch die „hohe Mortalität, die mittlerweile auch junge, gesunde Patienten betrifft, die mit Covid auf die Intensivstation kommen“, so Hörmann. Während in der Welle im Frühjahr rund ein Drittel der Erkrankten gestorben sei, dürfte es nun Richtung 40 Prozent gehen, sagte der Mediziner: Das werde in der öffentlichen Diskussion „komplett auf die Seite geschoben und negiert“.

Arbeit „wie Holzhacken in einer 90-Grad-Sauna“

Als „dramatisch“ bezeichnete Silvia Bockhorn, Pflege-Leiterin der Intensivstation am Universitätsklinikum Krems, die Lage: „Derzeit arbeiten wir seit Monaten mit Höhen und Tiefen wirklich am Limit. Es ist jeden Tag eine Gratwanderung: Wie viel Personal ist vorhanden, damit ich die Patienten auch gut betreuen kann? Welche Patienten können operiert werden, und sind dafür auch Intensivbetten vorhanden?“ Das Arbeiten auf Intensivstationen sei „sehr belastend, wie Holzhacken in einer 90-Grad-Sauna“.

Gemeinsam wurde an die Bevölkerung appelliert, impfen zu gehen. „Wir haben das Mittel in der Hand, um die Pandemie zu beenden“, betonte Karl Zwiauer, Mitglied des Nationalen Impfgremiums. Der Schutz sei so gut wie „bei kaum einer anderen Impfung“. Der dritte Stich sei „ganz wesentlich“ für eine Grundimmunisierung, verwies Zwiauer auf Daten etwa aus Israel.

Lagebesprechung zur Auslastung der Intensivstationen mit von links Markus Klamminger Christoph Hörmann Stephan Pernkopf Silvia Bockhorn Karl Zwiauer
NLK/Filzwieser
An der Pressekonferenz am Montag in St. Pölten nahmen (v.l.) Markus Klamminger, Christoph Hörmann, Stephan Pernkopf, Silvia Bockhorn und Karl Zwiauer teil

„Die Immunantwort auf die dritte Impfung ist so gut, dass man davon ausgehen kann, dass man wahrscheinlich – wenn nicht wieder eine neue Variante dazukommt, die das Immunsystem vollkommen umgeht – mindestens neun Monate Schutz besteht“, sagte der Mediziner. Der dritte Stich sei vor allem für Ältere und Risikopersonen wichtig. Eine Erkrankung sei „keine Garantie, nicht nochmals zu erkranken“, betonte er. Auch Genesene bräuchten die Impfung.

Auswirkungen von Omikron derzeit noch offen

Was die neue Variante Omikron angeht, lassen sich laut den Medizinern aufgrund fehlender Daten noch keine Aussagen treffen. „Wir wissen nicht, wie die Auswirkungen von Omikron sein werden. In zwei Wochen wissen wir, wie die Fakten sind“, sagte Zwiauer.

Bei der dritten Dosis sei Niederösterreich derzeit „führend“, sagte Pernkopf. Vergangene Woche haben den Angaben zufolge 120.000 Menschen in Niederösterreich eine Injektion gegen das CoV erhalten. 25.000 Stiche pro Tag seien laut Pernkopf mehr als in der Hochphase im Frühjahr. Auch in Regionen mit bisher niedriger Impfquote steige nun die Bereitschaft. „Wir müssen Ängste und Aggressionen abbauen, wir müssen einladen statt ausgrenzen, aber Freiheit braucht Solidarität“, sprach sich der Landeshauptfrau-Stellvertreter für die geplante Impfpflicht aus.

Hörmann äußerte den Wunsch, „dass die Impfdiskussion endlich weg von der Ideologisierung kommt“. „Keinerlei Verständnis“ zeigten Pernkopf und Klamminger für Demonstrationen vor Kliniken wie am Wochenende in Baden. Man solle das Personal in Ruhe arbeiten lassen, betonten die beiden. An die 40 bis 50 Impfgegner haben am Samstag u.a. mit Megafon vor dem Krankenhaus Baden protestiert. Anzeigen gab es keine.