Geburtshaus und Dollfuß-Museum in Texingtal
wikimedia commons/GT1976
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Politik

Dollfuß-Museum soll 2022 adaptiert werden

Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) sieht sich zu Amtsantritt mit Unmut wegen eines Dollfuß-Museums in seiner Gemeinde konfrontiert. Ein Ministersprecher wies Kritik von Grünen und SPÖ zurück. Eine Überarbeitung im kommenden Jahr sei bereits fix.

Kritikern fehlt bei dem Museum in Texingtal (Bezirk Melk), wo Karner Bürgermeister ist, eine ordentliche Auseinandersetzung mit dem austrofaschistischen Kanzler. Die grüne Abgeordnete Ewa Ernst-Dziedzic und die SPÖ forderten eine Klarstellung.

Vom Minister selbst lag vorerst keine Stellungnahme vor. „Es ist wichtig, dieses dunkle Kapitel der österreichischen Zeitgeschichte zu beleuchten“, hieß es von einem Sprecher des Ministers auf APA-Anfrage. „Ein klares Bekenntnis zum demokratischen Rechtsstaat und gegen Nationalsozialismus, Antisemitismus, Faschismus und jeglichen Extremismus ist selbstverständlich – gerade für Gerhard Karner“, sagte der Sprecher.

„Zeitgemäße Kontextualisierung“ geplant

Das Museum gebe es seit über 20 Jahren, also lange bevor Karner Bürgermeister geworden sei. Es sei unter wissenschaftlicher Begleitung von Gemeinde, Land und Bund eingerichtet worden. Kommendes Jahr soll das Museum neu gestaltet werden, sagte der Sprecher: Karner habe bereits im Mai mit dem Obmann des Zeithistorischen Zentrums Melk – Verein MERKwürdig gesprochen, dieser soll in die „zeitgemäße Kontextualisierung“ des Dollfuß-Museums eingebunden werden, im Rahmen eines breit aufgestellten Prozesses für das Jahr 2022 anlässlich des 50-Jahr-Jubiläums der Gemeinde.

Wer war Engelbert Dollfuß?

Unter Kanzler Dollfuß wurde 1933 das österreichische Parlament ausgeschaltet. Die Folge war ein autoritärer Ständestaat. 1934 wurde er im Zuge des Juli-Putsches von den Nationalsozialisten ermordet.

Das Museum im Geburtshaus von Dollfuß wird auf der Gemeindewebsite unter „Sehenswertes“ beworben. Dort heißt es: „Dem ehemaligen Bundeskanzler von Österreich Dr. Engelbert Dollfuß ist in seinem Geburtshaus ein Museum gewidmet. Mit vielen historischen Fotos, Urkunden, Kleidungsstücken und Exponaten.“

„Für jemanden, der Parlament und Demokratie ausgeschaltet hat, Standrecht und Todesstrafe eingeführt hat und auf Gemeindebauten schießen ließ, darf es nicht einmal den Anschein einer Verherrlichung oder Huldigung geben“, sagte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch am Montag in einer Aussendung. Er forderte von Karner eine Klarstellung: „Hier braucht es klare Worte und eine unmissverständliche Distanzierung vom Austrofaschismus.“

Geburtshaus und Dollfuß-Museum in Texingtal
wikimedia commons/Ing. Günter Tuder, A-3213 Frankenfels
Die Stube des Dollfuß-Geburtshauses und -Museums (Archiv) im Depot der Landessammlungen

Eine solche hatte sich am Sonntag auch schon der Koalitionspartner der ÖVP gewünscht: „Das Verhältnis zum Austrofaschismus muss immer klar sein, gerade beim Innenminister. Ich denke, hier wird es eine Klarstellung brauchen“, twitterte Ernst-Dziedzic.

SPÖ: „Gedenkstätte für Diktator und Schwerverbrecher“

Am Sonntagabend hatte auch SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried in der ORF-Diskussionssendung „Im Zentrum“ kritisiert, dass der neue Innenminister „ein Engelbert-Dollfuß-Museum betreibt oder zumindest gutheißt, ein Museum, eine Kult-, eine Gedenkstätte für einen Diktator und für einen Schwerverbrecher“. Das Museum gebe es nicht erst seit gestern, sondern seit über 20 Jahren, entgegnete ÖVP-Klubchef August Wöginger. Museen gehörten auch immer wieder überarbeitet. „Da muss man sich anschauen, ob es noch zeitgemäß ist.“

Die ÖVP wurde immer wieder für einen unkritischen Umgang mit Dollfuß kritisiert: Jahrelang hing im Parlamentsklub der Volkspartei ein Porträt des austrofaschistischen Kanzlers. Schließlich nahm die ÖVP vor ein paar Jahren den Parlamentsumbau zum Anlass, das umstrittene Bild loszuwerden und dem Museum Niederösterreich als Dauerleihgabe zu übergeben.