Frauen- und Gewaltschutz im Burgenland
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Chronik

Gewaltberatung: Gefährder meist einsichtig

Personen mit einem Betretungsverbot müssen seit September verpflichtend eine Gewaltpräventionsberatung machen. Eine erste Bilanz zeigt, dass die meisten der etwa 600 Gefährder dieser Pflicht nachgekommen sind und sich oft rasch einsichtig zeigen.

90 Prozent der Gefährder sind männlich. Die Gewalt richtet sich in den meisten Fällen gegen die Partnerin. Grund für ein Betretungsverbot kann aber auch Gewalt gegen die eigenen Eltern oder Kinder sein.

Fünf Tage lang haben Gefährder Zeit, sich nach einem Betretungsverbot für die vorgeschriebene sechsstündige Anti-Gewaltberatung zu melden. Der Großteil der Gefährder sei dieser Meldepflicht nachgekommen, heißt es beim Verein Neustart, der die Beratung in Niederösterreich durchführt. Nur etwa jeder Fünfte würde den Ersttermin nicht rechtzeitig vereinbaren. In diesem Fall droht eine Strafe von bis zu 2.500 Euro.

Dass die Beratung verpflichtend sei, erweise sich als zentraler Punkt, zieht Alexander Grohs, Leiter des Verein Neustart in Niederösterreich Bilanz: „Die meisten, die kommen, würden sich nie freiwillig in eine Beratung begeben. Aber hier schaffen wir es, dass wir einen Türöffner haben, wo sich diese Personen erstmals mit ihrer Gewaltthematik auseinandersetzen.“

Die meisten Gefährder seien sich ihrer Verantwortung bewusst, berichtete auch Sozialarbeiterin Jasmin Lobinger vom Verein Neustart. Andere würden sich rasch kooperativ zeigen, sobald sie bemerken, „dass jemand empathisch zuhört ohne Schuld zuzuweisen“ und auch juristische Aufklärungsarbeit durchführt.

Zusammenarbeit mit Opferschutzorganisation

Parallel zur Gewaltberatung für die Täter versuchen die Gewaltschutzzentren nach einem Betretungs- oder Annäherungsverbot Kontakt zu den Opfern herzustellen. Ob ein Austausch zwischen dem Gewaltschutzzentrum und der Gewaltpräventionsstelle erfolgen darf, entscheidet das Opfer. Dass die Gefährder ihre Gewaltbereitschaft aufarbeiten, sei vielen Opfern ein Anliegen, so Michaela Egger, Geschäftsführerin der Gewaltschutzzentren Niederösterreich.

Denn nicht immer würde es nach einer Eskalation zu einer Trennung kommen. „Die Gefährder werden aber in diesen verpflichtenden sechs Stunden Beratung mit ihrem Gewaltthema konfrontiert und da kann es sein, dass ein Stein ins Rollen kommt und Maßnahmen ergriffen werden, um die Beziehung zu retten“, so Egger.

Gewaltprävention
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Der Verein Neustart zieht eine positive Bilanz nach den ersten Monaten der verpflichtenden Gewaltberatung: „Die meisten, die kommen, würden sich nie freiwillig in eine Beratung begeben“

Erhöhtes Risiko: Fallkonferenzen derzeit wieder häufiger

Vereinzelt gebe es Rückmeldungen, dass die Situation nach Ablauf des Betretungsverbots neuerlich eskaliert sei. Einzelfälle, heißt es beim Gewaltschutzzentrum, aber da sei es wichtig, genauer hinzuschauen. Vorteil der verpflichtenden Beratung sei, dass man auch jene Gefährder leichter erkenne, von denen ein erhöhtes Gewaltrisiko ausgehe.

In diesem Fall könne eine sicherheitspolizeiliche Fallkonferenz einberufen werden. Vertreter des Opferschutzes, der Täterarbeit, von Polizei und Justiz suchen dort nach Möglichkeiten, wie das Opfer bestmöglich geschützt werden kann. In den vergangenen Wochen hätten die Fallkonferenzen wieder deutlich häufiger stattgefunden – derzeit etwa einmal pro Woche, so Grohs.

Weitere Therapieangebote gefordert

Etwa 30 Prozent der Gefährder zeigen sich laut Schätzungen von Neustart bereit, nach der verpflichtenden Beratung weitere Hilfe anzunehmen. Bei manchen seien die sechs Stunden ausreichend, bei den meisten aber nicht, so Grohs.

„Das ist nachvollziehbar, man wird auch nicht von heute auf morgen gewalttätig. Daher braucht es auch sehr viel Hintergrundarbeit, viel Nachforschung in der Biographie und Aufarbeitung.“ Grohs appelliert daher, auch die weiterführenden Beratungs- und Therapieangebote auszubauen.