Paul Flora, Das Gespräch der Raben, 2009
Galerie Seywald, Salzburg
Galerie Seywald, Salzburg
Kultur

Raben und Enten beleben Karikaturmuseum

Das Karikaturmuseum Krems, das heuer sein 20-Jahr-Jubiläum gefeiert hat, widmet ab Februar dem Zeichner Paul Flora und dessen Raben eine große Retrospektive. Ab Juli beleben Donald Duck und andere Trickfilmfiguren das Haus.

Als Österreichs einziges Museum für satirische Kunst hat das Karikaturmuseum Krems seit mehr als 20 Jahren eine Sonderstellung in der heimischen Museumslandschaft. Überzeugen möchte man mit politischer Karikatur, humoristischen Zeichnungen, Comic und Illustration von den Anfängen der Kunstgattung in den 1900er-Jahren bis hin zu hochaktuellen Arbeiten führender Künstlerinnen und Künstler der Szene.

Gottfried Gusenbauer, künstlerischer Direktor des Karikaturmuseums Krems, kündigt 2022 als spannendes Ausstellungsjahr an: „Wir starten mit herausragender Zeichenkunst und schließen mit international renommiertem Character-Design aus Österreich an. Besonders freue ich mich, dass wir unsere großartige Ausstellung zu Christine Nöstlinger für Kinder und Erwachsene bis in den Sommer verlängern können.“

Paul Flora: Von bitterböse bis augenzwinkernd

Anlässlich des 100. Geburtstags von Paul Flora (1922–2009) widmen das Karikaturmuseum Krems und die Paul Flora Nachlassvertretung dem Zeichner, Karikaturisten und Illustrator eine umfassende Retrospektive, die von 20. Februar bis 29. Jänner 2023 zu sehen sein wird. Der gebürtige Südtiroler konstruierte außergewöhnliche Landschaften mit eigenwilligen Architekturen.

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Paul Flora, Ein lieber Freund, 1967
Galerie Seywald, Salzburg
Paul Flora, Ein lieber Freund, 1967
Paul Flora, Das Gespräch der Raben, 2009
Galerie Seywald, Salzburg
Paul Flora, Das Gespräch der Raben, 2009
Gabriela Oberkofler, Buggelkraxen, 2010
Thierry Chassepoux
Gabriela Oberkofler, Buggelkraxen, 2010
Maryam Laura Moazedi
Paperwalker
Maryam Laura Moazedi
Manfred Deix, Michael Jackson-Imitator Karl K., o.J.
Manfred Deix/Landessammlungen Niederösterreich
Manfred Deix, Michael Jackson-Imitator Karl K., o.J. (Detail)

„Die Nacht ist in Floras Werken präsenter als der Tag. Seine fragilen Bildwelten sind bevölkert von Geistern und Harlekins, Marionetten und verwurzelten Tirolern, und immer wieder brachte er die Lagunenstadt Venedig aufs Papier“, so Gottfried Gusenbauer, der gemeinsam mit Thomas Seywald von der Paul Flora Nachlassvertretung die Ausstellung „100 Jahre Paul Flora. Von bitterbös bis augenzwinkernd“ kuratiert.

Flora: „Ich bin kein Karikaturist, sondern ein Zeichner“

Bekannt sind auch Floras zahlreiche Darstellungen von Raben. Am Papier versinnbildlichen die Vögel mit ihren spitzen Schnäbeln menschliches Verhalten. Neben populären Motiven sind in der Werkschau auch satirische Geschichten aus den frühen Schaffensjahren ein inhaltlicher Schwerpunkt. Eine Auswahl von gesellschaftspolitischen Zeichnungen für die deutsche Wochenzeitung „Die Zeit“ zeigt die besondere Beziehung von Flora zur Karikatur. Von 1957 bis 1971 und mit etwa 3.000 publizierten Arbeiten war er einer der wichtigsten politischen Karikaturisten dieser Zeitung.

Karikaturmuseum Krems
Christian Redtenbacher/Kunstmeile Krems
Paul Floras Raben und Florian Satzingers Enten werden 2022 im Karikaturmuseum Krems ein neues Zuhause haben

Als solcher sah sich Flora aber nie: „Ich bin kein Karikaturist, sondern ein Zeichner“, betonte er. Mit seinen Bildern zur aktuellen Politik war er doch für Generationen von Zeichnerinnen und Zeichnern stilbildend. Der deutsche Autor Erich Kästner nannte Flora einmal einen „Bilderschriftsteller“. Gottfried Gusenbauer: „Zweifelsohne zählt Paul Flora zu den herausragenden europäischen Zeichnern des vergangenen Jahrhunderts. Mit seinem filigranen Strich vermittelte er Melancholie und Humor gleichermaßen wie eine Erzählung".

Donald Duck made in Austria

„Zeichnen ist für mich eine Möglichkeit, Ideen auf Papier eine konkrete Gestalt zu verleihen. Damit kann ich nicht nur vom ultimativen Baumhaus mit einer Weltraumraketenstartfunktion träumen. Durch die Zeichnung wird dieses Baumhaus bis ins kleinste Detail sichtbar und ich kann es mit anderen teilen“, sagt Character-Designer Florian Satzinger. Gemeinsam mit dem künstlerischen Direktor kuratiert der Grazer für das Karikaturmuseum die Ausstellung „Donald made in Austria!“, die in Krems von 17. Juli bis 19. Februar 2023 gezeigt wird.

Florian Satzinger kreiert neue und überarbeitet bestehende Trickfilmfiguren für internationale Kino- und Fernsehproduktionen. In seiner Tätigkeit als Character-Designer und Concept-Artist verhilft er den Figuren sozusagen zu ihrer Identität. „Dafür entwirft Satzinger unter Zuhilfenahme der Stilmittel der Karikatur charakteristische Schlüsselpositionen der fiktiven Wesen. Als Baupläne gewährleisten diese visuell-grafischen Umsetzungen für Animation und Comic ein konsistentes Gesamtdesign“, erklärt Gottfried Gusenbauer.

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Florian Satzinger, Boat Hat, 2021
privat
Florian Satzinger, Boat Hat, 2021
Florian Satzinger, Commander Aldrich St. John van Duck, A.C.M.E. Secretary of Field Operation, April 2021
Florian Satzinger
Florian Satzinger, Commander Aldrich St. John van Duck, A.C.M.E. Secretary of Field Operation, April 2021
Florian Satzinger, Silly, Februar 2021
Florian Satzinger
Florian Satzinger, Silly, Februar 2021
Florian Satzinger, Mesolithic Mouse, März 2021
Florian Satzinger
Florian Satzinger, Mesolithic Mouse, März 2021
Florian Satzinger, Donald Duck Parody, August 2017
Florian Satzinger
Florian Satzinger, Donald Duck Parody, August 2017

„Ducks are just the lens through which I see people“

Auf Einladung des Szenaristen Denis-Pierre Filippi interpretierte er für Disney in Kooperation mit dem französischen Comicverlag Glenat die weltbekannte Figur des Donald Duck. Hervorzuheben ist Satzingers Darstellung des Donald mit Hausboot am Kopf. Der Character-Designer verweist damit auf die Historie der Cartoongeschichte und die Geburtsstunde von Donald Duck. 1934 hatte die cholerische Ente, tanzend auf einem Hausboot, ihren ersten Auftritt im Kurzfilm „Die kluge kleine Henne“. Mit seinem Designstil gab Satzinger außerdem Micky Maus, Bugs Bunny, Sylvester und John Starduck neue Charakterzüge.

Die Ausstellung im Karikaturmuseum Krems greift wichtige Schaffensphasen von Satzinger auf und bietet einen umfassenden Einblick in die Design- und Arbeitsweise des international renommierten Künstlers. Über seine gezeichneten Enten meint Satzinger: „Ducks are just the lens through which I see people“. In Kooperation mit dem Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten ist die Schau an weiteren Ausstellungsorten weltweit geplant.

Das Deix-Archiv als musealer Dauerbrenner

Die beiden neuen Hauptausstellungen werden jeweils von einem sogenannten Exkurs begleitet. Die Paul-Flora-Preisträgerin Gabriela Oberkofler verweist in Exkurs #8 mit ihrer Installation „Buggelkraxen“ auf die Brüchigkeit der dörflichen Idylle. Maryam Laura Moazedi begleitet die Ausstellung zu Florian Satzinger in Exkurs #9 mit einer theoretischen Auseinandersetzung über Stereotypen im alltäglichen Leben und in den Medien.

Eröffnung der Jubiläumsausstellung zu 70 Jahre Manfred Deix
Krisztian Juhasz/Kunstmeile Krems
Manfred Deix’ Karikaturen, in denen er die Abgründe und Untiefen der österreichischen Seele vor Augen führte, gehören seit zwei Jahrzehnten zu den Fixpunkten eines Ausstellungsbesuchs

Vermutlich bleibt auch im Jahr 2022 das Deix-Archiv ein Dauerbrenner, in dem Besucherinnen und Besucher mit Deix-Originalen „auf Tuchfühlung“ gehen können oder mittels digital kommentierter Beiträge Zusatzinformationen zum Zeitgeschehen und den Hintergründen ausgewählter Deix-Cartoons erhalten.

Im kommenden Jahr ist das Karikaturmuseum Krems wieder ein Ort des internationalen Künstleraustauschs. Das Stipendienprogramms AIR – ARTIST IN RESIDENCE Niederösterreich des Museums ermöglicht Larissa Bertonasco, Sabine Wilharm und Dorina Panagiotopoulou aka Aniro Arbeitsaufenthalte in Krems.