Ein drei Meter hoher Rucksack von SOS Kinderdorf macht derzeit eine Tour durch die Bundesländer. Zunächst war er in Wien, Graz und Klagenfurt zu sehen, zuletzt machte er im Dezember in der St. Pöltner Innenstadt Station. Mit dem Rucksack will SOS Kinderdorf nach zwei Jahren Pandemie auf die Probleme aufmerksam machen, mit denen Jugendliche schwer zu schleppen haben.
Seit Pandemiebeginn haben sich die Anrufe bei „147 – Rat auf Draht“ wegen Problemen in der Schule mehr als verdoppelt (+205 Prozent). Ebenfalls stark gestiegen sind Anrufe wegen Schlafstörungen (+144 Prozent), Alkoholkonsum in der Familie (+86 Prozent), psychischer Gewalt in der Familie (+77 Prozent) und Essstörungen (+53 Prozent).
Viermal täglich Anrufe wegen Suizidgedanken
Durchschnittlich vier Mal am Tag berichten Jugendliche von Suizidgedanken, heißt es. „Das ist ein alarmierender Anstieg an psychischen Problemen bei jungen Menschen“, warnt Clemens Klingan, Geschäftsleiter von SOS Kinderdorf und fordert daher „dringend mehr kassenfinanzierte Therapieplätze für Jugendliche.“
Zusätzlich schlägt Klingan ein bezahltes Perspektivenjahr für Jugendliche zwischen 18 und 21 Jahren vor. „Das ist wichtig, damit die Jugendlichen sich erstens besser orientieren können, indem sie die Chance bekommen, in verschiedene Berufsfelder oder Studienrichtungen reinzuschnuppern. Zweitens bekommen sie damit die Chance, einen Teil der letzten zwei Jahre nachzuholen“, so Klingan.
Im Laufe dieses Jahres sollen die Jugendlichen versichert und mit 800 bis 1.000 Euro monatlich finanziell unterstützt werden – ähnlich wie in einer Bildungskarenz. Klingan verweist auf Beispiele aus Dänemark und Irland, wo ein Perspektivenjahr erfreuliche Ergebnisse erzielte. Jugendliche konnten danach deutlich fundiertere Entscheidungen für ihre Zukunft treffen, sagt der Experte. Die Erfahrungen in diesem Alter seien schließlich prägend für junge Menschen.