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Soziales

CoV-Lage verschärft Armutsgefährdung

Mehr als zehn Prozent der Menschen in Niederösterreich sind armutsgefährdet. Vor allem Kinder, Frauen im Alter, Alleinerzieherinnen und Langzeitarbeitslose sind betroffen. Seit Beginn der CoV-Pandemie hat sich die Situation weiter verschärft.

Jeden Freitag kocht Monika Auer (im Bild unten) im Wohnheim und Tageszentrum der Emmausgemeinschaft in St. Pölten für Menschen, die wie sie arm oder armutsgefährdet sind. Im Gegenzug dafür bekommt sie jeden Tag ein kostenloses Mittagessen. Für sie ist es eine große Hilfe, denn Auer und ihr Lebensgefährte sind Mindestpensionisten.

Auer lebt schon lange an der Schwelle zur Armut. Seit Beginn der Pandemie seien die finanziellen Probleme aber noch größer geworden, erzählt sie im Gespräch mit noe.ORF.at. Vor allem Strom- und Mietkosten würden ihr derzeit Kopfzerbrechen bereiten. Jede Neuanschaffung sei eine weitere finanzielle Herausforderung. „Jetzt haben wir einen neuen Kühlschrank gebraucht, eine neue Waschmaschine, einen neuen Staubsauger – woher? Wir haben zusammengekratzt, was gegangen ist.“

Unterstützung durch die Emmausgemeinschaft

Hilfe findet Monika Auer schon seit Jahren im Tageszentrum und Wohnheim der Emmausgemeinschaft in St. Pölten. Erst kürzlich habe ihr Mitarbeiter Franz Zöchling etwa dabei geholfen, die Rezeptgebührenbefreiung für ihren schwer kranken Lebensgefährten zu erwirken, „weil er so viele Tabletten braucht“, berichtet Auer.

Vor mehr als zwanzig Jahren kam Auer erstmals hierher. Davor ist sie Hausmeisterin gewesen, danach lange Zeit Hausfrau, hat ihre drei Kinder großgezogen und mehrere Berufe ausgeübt. Das Geld sei immer knapp gewesen, aber „wir haben uns halt durchgewurschtelt“. Immer wieder hätten sie und ihr Mann auch schwarz gearbeitet, um sich etwas dazuzuverdienen. Schließlich kündigte sie ihre Stelle, um ihren Mann zu pflegen.

Weihnachtsplanung Armut
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Seit elf Jahren kocht Monika Auer ehrenamtlich für andere armutsgefährdete Menschen

Nach dem Tod ihres Mannes und ihrer Mutter habe sie kaum Geld gehabt und sei in eine Beziehung voller Gewalt geraten, berichtet Auer. „Er hat meine Situation ausgenutzt“, erzählt sie über ihren damaligen Partner. „Er hat mich ausgenommen, fürchterlich, er hat mich jeden Tag geschlagen.“ Als er sie eines Tages aus der Wohnung sperrte, wandte sie sich an die Notschlafstelle „Auffangnetz“ der Emmausgemeinschaft. „Da war ich dann drei Tage lang“, erinnert sie sich.

Seitdem ist Monika Auer eng mit der Emmausgemeinschaft in St. Pölten verbunden. Als sie im Laufe der Jahre ihre Wohnung verlor und die Bank ihr bis auf 50 Euro alles vom Konto abzog, bot man ihr an, im Tageszentrum und Wohnheim zu kochen. „Ich bin jetzt schon elf Jahre hier, und ich muss sagen, es kann nicht besser sein.“

Steigende Preise und Inflation

Das Schicksal von Monika Auer ist kein Einzelfall, weiß Franz Zöchling von der Emmausgemeinschaft. Die häufigsten Gründe für Armut und Armutsgefährdung seien „entweder gar keine Erwerbstätigkeit, schlecht bezahlte Tätigkeit und oft sind es auch Schulden“, zählt er auf. Viele von Armut betroffene Menschen hätten auch, wie Frau Auer, durch unbezahlte Tätigkeiten wie Kinderbetreuung und die Pflege Angehöriger zu wenig Versicherungszeiten angesammelt und so nur eine kleine Pension.

Weihnachtsplanung Armut
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Mitarbeiter wie Franz Zöchling (li.) helfen Monika Auer (re.) und anderen armutsgefährdeten Menschen Tag für Tag

Derzeit würden außerdem die Inflation und die gestiegenen Mietpreise und Energiekosten für Probleme sorgen – ebenso wie das neue Sozialhilfegesetz. Dadurch hätten viele Menschen ihren Anspruch auf Sozialleistungen verloren. „Das neue Sozialhilfegesetz ist für die Betroffenen ein deutlicher Rückschritt“, betont Zöchling. Einen Härtefallfonds für Betroffene gibt es in Niederösterreich nicht. Dem Land Niederösterreich seien die Hände gebunden, heißt es dazu vom zuständigen Landesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ), Änderungen müsse der Bund durchführen.

Seit Beginn der Pandemie sei die Armut angestiegen, sagt Zöchling. Zwar würden weniger Menschen als sonst im Tageszentrum und Wohnheim Hilfe suchen, denn durch die 2-G-Regel sei das Hilfsangebot nicht mehr so niederschwellig wie zuvor. Trotzdem würden derzeit täglich bis zu 30 Personen zum Mittagessen kommen. Auch in der Weihnachtszeit kocht Monika Auer für sie. Denn für Auer ist die Gemeinschaft – wie für viele andere auch – zu einem zweiten Zuhause geworden.