Telefonzellen Bahnhof Mödling
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Chronik

Telefonzellen stehen vor dem Aus

In Niederösterreich gibt es mehr als 2.000 öffentliche Telefonzellen. Viele von ihnen könnten aber schon bald abgebaut werden. Das liegt daran, dass die Telefonzellen in einer Novelle des Telekommunikationsgesetzes nicht mehr vorkommen.

In quasi jeder niederösterreichischen Gemeinde gibt es zumindest eine Telefonzelle. Die Frage ist allerdings, wie lange noch. A1-Unternehmenssprecherin Livia Dandrea-Böhm erklärt die Hintergründe: „Bisher waren wir als A1 dazu verpflichtet, Telefonzellen zu betreiben – im Sinne der sogenannten Universaldienstverordnung. Da gibt es einen Verteilungsschlüssel, ungefähr pro 1.000 Einwohner war eine Telefonzelle vorgeschrieben. Mit dem neuen Telekommunikationsgesetz ist diese Verordnung gefallen – das heißt, wir müssen keine Telefonzellen mehr betreiben.“

Wie viele Telefonzellen abgebaut werden und wann das geschehen wird, steht noch nicht fest. Die A1 Telekom Austria will dazu in den kommenden Monaten eine Entscheidung treffen. Eines ist aber sicher: Künftig wird es deutlich weniger öffentliche Telefonzellen geben.

Oft gehört: „Wir alle haben Handys“

Die Menschen scheint das nicht zu stören: „Das ist mir eigentlich relativ egal, weil ich sie nicht mehr benötige“, sagte etwa Matthias Schnell aus Laab im Walde (Bezirk Mödling). „Wir haben alle Handys, also stört mich das überhaupt nicht, dass die abgeschafft werden“, ergänzte Kim Döppes aus der Südstadt (Bezirk Mödling).

Was jetzt als altmodisch gilt, war früher ein Zeichen des Fortschritts. 1903 ging der erste Münzfernsprecher in Betrieb. Im Laufe der Zeit wurden es immer mehr. Telefonzellen waren in den Alltag integriert – Margriet Trompler aus der Südstadt (Bezirk Mödling) erinnerte sich: „Wenn man ein längeres Gespräch in der Telefonzelle gehabt hat, hat jeder zum Schreien und Klopfen angefangen. Oder es ist einem das Geld ausgegangen, und man musste die Leute vor der Telefonzelle um Münzen bitten.“

Telefonzelle als Bücherschrank
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Vielerorts haben Telefonzellen schon jetzt eine neue Funktion

Telefonzellen in den letzten Jahren nicht mehr rentabel

Dass Telefonzellen jetzt im Gesetz nicht mehr vorkommen, ist für A1 jedenfalls eine Erleichterung, denn der Betrieb der Telefonzellen rentiert sich schon seit Jahren nicht mehr. Zudem bedeuten sie einiges an Aufwand. „Die Telefonzellen müssen immer wieder gewartet werden, es muss geschaut werden, ob Münzen drinnen sind, und sie müssen gesäubert werden", so Dandrea-Böhm.

Dass sich der Betrieb von Telefonzellen nicht mehr lohnt, ist angesichts einer nicht repräsentativen Umfrage von noe.ORF.at nicht verwunderlich. Auf die Frage, wann die Menschen zuletzt von einer Telefonzelle aus telefoniert haben, kamen folgende Antworten: „Das ist schon Jahre her!“, „Ich kann mich gar nicht mehr daran erinnern, also das muss schon sehr, sehr lang her sein“ oder „Mindestens 30 Jahre“. Vor allem von der jüngeren Generation kam immer wieder folgende Antwort: „Ich habe noch nie in einer Telefonzelle telefoniert.“

Ehemalige Telefonzellen mit neuer Funktion

Vereinzelt gibt es laut A1 aber immer noch Menschen, die zum öffentlichen Hörer greifen, vor allem an Orten, an denen reges Treiben herrscht, etwa auf Bahnhöfen oder belebten Innenstadtplätzen. Meist handelt es sich um Menschen, die ihr Handy vergessen haben oder oder um Touristen, die ein Ortsgespräch führen wollen.

Da das aber nicht allzu oft vorkommt, wurden vielen Telefonzellen schon in der Vergangenheit neues Leben eingehaucht. Einige Telefonzellen sind mittlerweile zu Stromtankstellen für E-Autos geworden. Zudem haben sich mancherorts Telefonzellen in öffentliche Bücherschränke verwandelt. Dort kann man Bücher abgeben, die man nicht mehr braucht, oder sich Gratis-Literatur mit nach Hause nehmen.