Eine leere Wohnung, Mann hält Wohnungsschlüssel
APA/Georg Hochmuth
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Wirtschaft

Wohnungseigentumsgesetz wird „grüner“

Auf die Eigentümer der mehr als 650.000 Wohneinheiten in Österreich kommen heuer grundlegende Änderungen zu. Nach 20 Jahren wurde das Wohnungseigentumsgesetz novelliert. Markant ist der „grüne“ Anstrich – das Gesetz steht im Zeichen des Klimaschutzes.

Festgezurrt wurde eine einfachere Beschlussfassung durch die Eigentümerschaft. Diese muss zudem künftig eine Mindestrücklage von 90 Cent je Quadratmeter Wohnfläche bilden. In Ausnahmefällen ist laut Justizministerium künftig aber auch ein geringerer Betrag zulässig, zum Beispiel wenn das Gebäude erst kürzlich saniert wurde. In der Vergangenheit war lediglich „eine angemessene Rücklage zur Vorsorge für künftige Aufwendungen“ gefordert. Einen festgelegten Betrag gab es nicht. Dadurch bestand die Gefahr, dass eine zu geringe Rücklage angespart wurde und dann einzelne Wohnungseigentümer finanziell überfordert waren, wenn Investitionen anstanden.

Einbau von Ladestationen wird erleichtert

Im novellierten Gesetz vorgesehen sind weiters Erleichterungen beim Einbau von Ladestationen in Mehrfamilienhäusern, bei der Errichtung von Photovoltaikanlagen, bei der thermischen Sanierung von Gebäuden, bei der Anbringung von Beschattungsvorrichtungen, aber auch bei der behindertengerechten Ausgestaltung von Wohnhäusern („Barrierefreiheit“) oder beim Einbau einbruchsicherer Türen.

Hinzu kommt die vereinfachte Beschlussfassung für die Durchsetzung von Maßnahmen durch Eigentümerinnen und Eigentümer – wer nicht mitstimmt, kann nicht mehr alles blockieren. So sollen etwa E-Ladestationen künftig unkomplizierter zu errichten sein, da man nicht mehr die aktive Zustimmung aller Miteigentümerinnen und Miteigentümern braucht.

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Der Einbau von Ladestationen in Mehrfamilienhäusern war auch in der Vergangenheit schon zulässig, scheiterte aber oft an der Zustimmung aus der Eigentümerschaft. Vor der Novelle musste mehr als die Hälfte aller Wohnungseigentümerinnen und -eigentümer einwilligen. Dabei kam es auf die Miteigentumsanteile an der Liegenschaft an, unabhängig davon, wie viele Eigentümer an der Abstimmung teilnahmen. Grundsätzlich sinnvolle oder notwendige Maßnahmen kamen mangels Teilnahme an der Abstimmung oftmals nicht zustande, da manche Eigentümer gar nicht reagierten. Das wurde nun geändert.

Beschlussfassung der Eigentümer wird vereinfacht

Künftig reicht beispielsweise auch für den Beschluss von Renovierungsmaßnahmen eine Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen aus, wobei mindestens ein Drittel der gesamten Wohnungseigentumsanteile repräsentiert sein muss.

Auch das Vorhaben eines einzelnen Wohnungseigentümers, für das dieser vor der Novellierung des Wohnungseigentumsgesetztes die Zustimmung aller anderen Wohnungseigentümer brauchte („Einstimmigkeitsprinzip“), soll nicht mehr so einfach verhindert werden können wie zuvor. Die Zustimmung gilt bereits dann als erteilt, wenn man die anderen Wohnungseigentümer von der geplanten Änderung ordnungsgemäß verständigt und diese nicht innerhalb von zwei Monaten schriftlich widersprechen („Zustimmungsfiktion“).

Beim Einbau von E-Auto-Ladestationen gilt diese allerdings nur für das Langsamladen. Diese Formulierung kritisiert unter anderem der Autofahrerklub ÖAMTC als zu vage. Für 3,7 Kilowatt braucht man demnach wohl nicht mehr die Einwilligung aller Eigentümer. Doch wer eine Wallbox mit 7,4 kW oder gar durchaus üblichen 11 kW wolle, blicke in eine ungewisse Zukunft, so die Kritik. Denn mangels Klarstellung im Gesetz kann es sein, dass man doch wieder die Zustimmung aller Miteigentümerinnen und -eigentümer einholen muss.