Die havarierte Costa Concordia
Reuters/Remo Casilli
Reuters/Remo Casilli
Chronik

Erinnerung an ein „dramatisches Erlebnis“

Vor zehn Jahren havarierte das Kreuzfahrtschiff „Costa Concordia“ vor der italienischen Insel Giglio. 32 Menschen starben. Die Niederösterreicherin Gabriele Berto war an Bord. Sie erinnert sich an völlig überfüllte Rettungsboote und ein dramatisches Erlebnis.

Kapitän Francesco Schettino ließ das 300 Meter lange Schiff am 13. Jänner 2012 zu nahe an Giglio heranfahren, um den abendlich erleuchteten Hafen zu „grüßen“. Die „Costa Concordia“ schrammte unter Wasser einen Felsvorsprung, der den Rumpf auf einer Länge von rund 70 Metern aufschlitzte. Sie sei zu diesem Zeitpunkt bereits im Bett gelegen, erinnert sich Gabriele Berto aus Ebenfurth (Bezirk Wiener Neustadt), die damals mit ihrem Mann, ihrer Tochter und ihrem Enkelsohn auf dem Schiff war.

Gabriele Berto
Privat
Gabriele Berto war eine von 77 Österreicherinnen und Österreichern an Bord

„Man hat uns gesagt, es sei alles in Ordnung“

Der Riss sei deutlich zu spüren gewesen, kurz darauf hätten sie bereits Crew-Mitglieder mit Rettungswesten gesehen, schildert Berto. Die Menschen an Bord wurden zu diesem Zeitpunkt allerdings völlig im Unklaren gelassen. Über die Lautsprecher kam die Nachricht, es handle sich lediglich um Probleme mit der Stromversorgung. „Man hat uns gesagt, es sei alles in Ordnung“, erzählt Berto heute, zehn Jahre später. Mit ihrer Familie habe sie sich trotzdem auf den Weg zu den Rettungsbooten gemacht. „Wir sind von dort nicht mehr weggegangen.“

Als die Schiffssirenen schließlich aufheulten und am Schiff Panik ausbrach, schafften es nicht alle in die Rettungsboote. Viele sprangen ins eiskalte Wasser. Gabriele Berto und ihre Familie hatten in dem Fall Glück. „An Bord des Rettungsbootes haben die Leute geschrien. Sie haben gezittert. Sie sind übereinander gestanden. Es war völlig überfüllt“, erinnert sie sich. „Ein dramatisches Erlebnis“, das sie nur dank ihres Enkels gut überstanden hätte. „Wir haben uns nur auf ihn konzentriert.“

Die havarierte Costa Concordia
APA/AFP/Italian Guardia De Finanza
32 Menschen kamen bei dem Schiffsunglück ums Leben. Alle Österreicherinnen und Österreicher an Bord überlebten

In Giglio seien sie gemeinsam mit anderen Passagieren schließlich an der Kaimauer gestanden und hätte für ihren Enkel „Happy Birthday“ gesungen, erzählt sie. Er wurde am Tag nach dem Unglück zwei Jahre alt. Aber auch heute, am 13. Jänner 2022, hätten sie sich gegenseitig zum Geburtstag gratuliert, so Berto – mit einem „Grinser“ im Gesicht.

Kapitän Schettino verbringt den Jahrestag hingegen im römischen Gefängnis Rebibbia. Er wurde als einziger zur Verantwortung gezogen und fasste 16 Jahre unter anderem wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung aus. Im Frühjahr könnte der heute 61-Jährige Zugang zu alternativen Strafmaßnahmen erhalten.

Das sei „nicht in Ordnung“, meint dazu die Niederösterreicherin. „Er hat für 32 Menschenleben 16 Jahre Haft ausgefasst.“ Das sei ein halbes Jahr pro Menschenleben. Kreuzfahrten unternimmt Gabriele Berto übrigens weiterhin. „Wir lassen uns von einem menschlichen Fehler nicht davon abhalten, die Schönheit einer Kreuzfahrt zu genießen.“