Gleise in Sollenau
Thomas Lenger
Thomas Lenger
Chronik

Erweiterter Suizid: Vater bereits vorbestraft

Jener 38-jährige Mann, der sich und seiner sechsjährigen Tochter auf den Gleisen der Südbahnstrecke das Leben genommen hatte, war vorbestraft. Das haben Recherchen des ORF Niederösterreich ergeben.

„Gegen den Mann ist im vergangenen Jahr nicht zum ersten Mal ermittelt worden“, sagt Erich Habitzl, Sprecher der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt. Vielmehr kam der 38-Jährige bereits 2017 und 2018 mit der Polizei bzw. Staatsanwaltschaft in Berührung. „In zwei Fällen wurden die Ermittlungen eingestellt, einmal kam es zu einem Verfahren.“

Bedingte Haftstrafe bereits 2018

Über den Ausgang dieses Verfahrens konnte Habitzl keine Angaben machen. Wie Recherchen des ORF Niederösterreich ergaben, wurde der Mann Anfang 2018 wegen Körperverletzung, Sachbeschädigung und Hausfriedensbruchs allerdings zu einer bedingten Haftstrafe von drei Monaten verurteilt. Die Tat richtete sich gegen die Mutter des gemeinsamen Kindes. Vor Gericht war der 38-Jährige geständig.

„Geständig war er auch bei seiner letzten Verhandlung im November“, sagt die Sprecherin des Landesgerichtes Wiener Neustadt, Birgit Borns. Wegen schwerer Nötigung und gefährlicher Drohung wurde der Mann aus dem Bezirk Neunkirchen am 15. November 2021 zu zwölf Monaten bedingter Haft und einer Geldstrafe verurteilt. „Zu der Verhandlung war es gekommen, weil er im Juli gedroht hatte, seine Tochter zu töten, sollte seine Lebensgefährtin die Lebensgemeinschaft zu ihm nicht aufrecht erhalten“, so Borns.

In der Nacht auf Mittwoch setzte der 38-Jährige seine Ankündigung in die Tat um und begab sich mit seinem Kind bei Sollenau (Bezirk Wiener Neustadt) auf die Gleise der Südbahnstrecke, wo gerade ein Railjet unterwegs war. Beide waren an Ort und Stelle tot – mehr dazu in Vater und Kind von Zug erfasst (noe.ORF.at; 12.01.2021).

Hilfe im Krisenfall

Berichte über (mögliche) Suizide können bei Personen, die sich in einer Krise befinden, die Situation verschlimmern. Die Psychiatrische Soforthilfe bietet unter 01/313 30 Rat und Unterstützung im Krisenfall, ebenso das Kriseninterventionszentrum unter 01/406 95 95.

Die Telefonseelsorge ist ebenfalls jederzeit unter 142 gratis zu erreichen. Hilfe für Jugendliche und junge Erwachsene bietet Rat auf Draht unter der Nummer 147.

„Betroffenheit und Fassungslosigkeit“

„Wir sind tief betroffen, fassungslos und können nicht verstehen, wie man so etwas machen kann“, sagt die Bürgermeisterin von Gloggnitz (Bezirk Neunkirchen), Irene Gölles (Wir für Gloggnitz, WfG). Dort lebte das Kind mit seiner Mutter und dort besuchte es auch die Volksschule. „Von Problemen mit dem Vater haben wir nichts mitbekommen, auch nicht in der Schule. So etwas würde sich in Gloggnitz rasch herumsprechen“, erzählt die Bürgermeisterin.

Vorerst ungeklärt bleibt, ob der Vater ein Besuchsrecht für seine Tochter hatte „oder wie er zum Zeitpunkt der Tat zu dem Mädchen gekommen war“, sagt ein Sprecher des Landespolizeidirektion. Die Staatsanwaltschaft warte ihrerseits noch auf den Bericht der Kriminalpolizei, sagte Behördensprecher Habitzl.

Keine Auskunft gab es aus Datenschutzgründen im Zusammenhang mit einem Pflegschaftsverfahren beim Bezirksgericht. „Was es auf jeden Fall nicht gibt, ist ein Automatismus, der vorsieht, dass das Pflegschaftsgericht im Fall einer strafrechtlichen Verurteilung eines Elternteils zu verständigen wäre“, erklärt Gerichtssprecherin Borns.