Kollaritsch Niederösterreich Heute
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Coronavirus

Spitalszahlen steigen, aber „nicht unerfreulich“

Während die Lage auf den Intensivstationen stabil bleibt, steigen die Zahlen auf den Normalstationen. Das sei aber „eine nicht unerfreuliche Entwicklung“, meint Infektiologe Kollaritsch, denn dafür sorgen mildere Verläufe durch Omikron und viele Geimpfte.

Am Universitätsklinikum St. Pölten werden mit Stand Dienstag 18 Covid-Patientinnen und Patienten behandelt, sechs davon auf der Intensivstation, zwölf auf der Normalstation. Weil die Omikron-Infektionen rapide ansteigen, ist eine erhöhte Anzahl an Patienten auf Normalstationen laut Experten nicht überraschend.

Diese könne man in zwei Gruppen aufteilen: Die eine Gruppe bestehe aus Patienten mit typischen Covid-Symptomen wie Fieber, Husten und Atemnot. Die andere Gruppe sei zwar Coronavirus-positiv, werde aber wegen anderer Erkrankungen im Spital behandelt.

Sorgen um eine Auslastung der Normalbetten müsse man sich momentan nicht machen, wichtig sei aber, die Infektionsrate beim medizinischen Personal in Schach zu halten, so die Experten in St. Pölten. Der Infektiologe Herwig Kollaritsch spricht am Dienstag im Interview in der Sendung „Niederösterreich heute“ von einer „nicht unerfreulichen Entwicklung“.

noe.ORF.at: Es sind jetzt deutlich mehr Patientinnen und Patienten auf den Normalstationen – war diese Entwicklung Ihrer Meinung nach vorhersehbar?

Herwig Kollaritsch: Auf kurze Sicht schon, weil wir ja aus anderen Ländern, vor allem aus dem Vereinigten Königreich, schon einiges an Daten haben. Und wir sehen, dass die Omikron-Infektionen deutlich milder verlaufen. Da wir zusätzlich einen sehr großen Pool an bereits geimpften Personen haben, die wiederum einen besseren Schutz vor schweren Verläufen haben, schlägt sich diese enorme Zahl an Infektionen weniger in den Spitälern nieder als das bei Delta der Fall gewesen wäre. Insofern ist das eine nicht unerfreuliche Entwicklung. Die, die trotzdem im Spital landen, werden nicht glücklich sein, aber die Gefährdung allgemein ist sicher geringer.

noe.ORF.at: Anfang Februar kommt die Impfpflicht. Mitte März – nach einer Übergangsfrist – ist dann ein aktiver Impfstatus erforderlich. Mit welchem Zulauf auf die Impfstraßen rechnen Sie da jetzt?

Kollaritsch: Man muss da jetzt ein bisschen differenzieren. Es geht um zwei Dinge. Für diejenigen, die noch völlig ungeimpft sind, wird die Impfpflicht nicht rechtzeitig kommen, damit sie vor der Omikron-Welle geschützt werden. Das geht sich zeitlich nicht aus. Für die, die schon zweifach geimpft sind und für die somit auch die Verpflichtung zur Auffrischungsimpfung schlagend wird, hat es sehrwohl Sinn. Die sollten jetzt ganz schnell zur Impfung gehen, weil wir genau wissen, dass bei dieser Personengruppe, die dreifach geimpft ist, die Omikron-Infektion nur zu einer leichten Erkrankung führen wird. Es gibt einen Schutz vor schweren Verläufen von bis zu 90 Prozent. Also hier wirkt die Impfpflicht sehr früh.

noe.ORF.at: Einige Expertinnen und Experten sprechen bereits von einer nötigen vierten Impfung, die es dann nach drei Monaten geben könnte. Glauben Sie, dass es zu einer vierten Impfung kommt?

Kollaritsch: Der Zeitpunkt, wann eine vierte Impfung notwendig sein wird, ist heute überhaupt noch nicht beurteilbar. Wir gehen davon aus, dass nach dieser schweren Omikron-Welle eine epidemiologisch ruhigere Phase eintritt. Bis zu diesem Zeitpunkt werden wir Daten haben, ob und wann eine vierte Impfung notwendig ist und vor allem womit. Es ist die Frage, ob man mit den Impfstoffen der ersten Generation weiter impft oder ob wir dann wissen, es wird Omikron bleiben und wir impfen mit einem Omikron-Varianten-Impfstoff nach. Das wird sich erst im Laufe der Zeit herausstellen.

Das ist aber für die, die dreifach geimpft sind, überhaupt kein Thema im Moment. Denn wir wissen – und da gibt es auch schon wieder neue Daten – dass diese Menschen auch über längere Zeit sehr gut vor schweren Verläufen durch Omikron geschützt sind. Das heißt, im Moment ist der vierte Stich eigentlich nur für immunsupprimierte Personen ein Thema.

noe.ORF.at: Jede Pandemie geht irgendwann vorbei – das hat sich auch in der Geschichte gezeigt, beispielsweise mit der spanischen Grippe. Glauben Sie, dass Omikron sozusagen unsere letzte große Welle ist?

Kollaritsch: Ob ich es glaube, ist nicht so wichtig. Ich hoffe es. Ich hoffe es stark. Es deutet mehr und mehr darauf hin, dass sich dieses Virus, das sich jetzt gegenüber allen anderen Varianten durchsetzt, uns nicht mehr so viel Krankheitslast beschert wie das die früheren Varianten gemacht haben. Und damit können wir besser umgehen.

Nicht nur, weil das Virus weniger schwierig für uns geworden ist, sondern auch weil wir Impfungen und Therapiemöglichkeiten haben und weil wir Vorsorge-Maßnahmen treffen können, die nicht gleich bedeuten, dass wir alles zusperren müssen. Bei einem Virus wie Omikron können wir lernen, uns damit zu arrangieren. Wenn es viel bösartiger wäre, wäre das viel schwieriger.