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Gesundheit

Krebsregister-Vorzeigemodell in Wr. Neustadt

Anlässlich des Weltkrebstages am Freitag fordern Medizin und Wissenschaft ein österreichweites verlaufsbezogenes Krebsregister. Es soll etwa die Behandlungen jedes Krebspatienten aufzeichnen. In Niederösterreichs Landeskliniken gibt es bereits ein Vorzeigemodell.

40.000 Menschen in Österreich erhalten pro Jahr die Diagnose Krebs. Für viele verläuft die Krankheit tödlich: Rund ein Viertel der Menschen, die jährlich in Österreich sterben, erliegen dem Krebs. Damit ist Krebs nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen die zweithäufigste Todesursache. Umso wichtiger sei es, möglichst viel Wissen über die Krankheit zu sammeln, sagt Birgit Grünberger, Primaria der Ambulanz für Innere Medizin, Hämatologie und internistische Onkologie am Landesklinikum Wiener Neustadt. Genau das mache das verlaufsbezogene Krebsregister möglich. Am Landesklinikum Wiener Neustadt wird es bereits eingesetzt.

„Darin steht, wie es dem Patienten geht, gut oder nicht, welche Begleiterkrankungen er hat und welche Medikamente er noch bekommt. Diese Daten werden dann auch im Tumorboard verwendet, wo ein Chirurg, ein Onkologe, ein Pathologe und ein Strahlentherapeut besprechen, was das Beste für den Patienten ist“, erklärt Grünberger.

Primaria Grünberger Onkologie
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Birgit Grünberger arbeitet am Landesklinikum Wr. Neustadt bereits mit einem verlaufsbezogenen Krebsregister

Vorteile für Patienten und Ärzte

Ebenfalls darin vermerkt wird, wie die Patientin oder der Patient auf gewisse Therapiemaßnahmen anspricht. Sobald man nämlich den Namen des Patienten und die Krebsart, an der er leidet, eingibt, erscheine eine Liste mit entsprechenden Studien an unterschiedlichen Kliniken, sagt Grünberger. „Ich kann dann meinen Patienten dort hinschicken, und er kann daran teilnehmen.“

65.000 Patientendaten sind bereits im niederösterreichischen Krebsregister eingetragen. Doch das System hat nicht nur für die Patientinnen und Patienten Vorteile, sondern auch für die behandelnden Ärztinnen und Ärzte. „Der Vorteil für uns Ärzte ist, dass wir klinikübergreifend sehr schnell und gut behandeln können“, meint Grünberger.

„Wenn zum Beispiel in der Nacht von mir ein Patient aufgenommen wird, der in einem anderen Klinikum wegen Lungenkrebs behandelt wird, dann brauche ich nur hineinzuschauen und sehe sofort, was der Patient bekommen hat und wie er es vertragen hat, weil wir das dokumentieren.“

Krebsregister
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Vom verlaufsbezogenen Krebsregister würden sowohl Ärzte als auch Patienten profitieren

Experten fordern nationale Umsetzung

Seit 1969 verfügt man in Österreich bereits über ein Krebsregister mit Informationen über Inzidenz und Verbreitung. Sogenannte verlaufsbezogene Krebsregister gibt es derzeit aber nur in Form von zwei Pilotprojekten – jenes in Niederösterreich und ein weiteres in Oberösterreich – sowie als Initiative innerhalb einzelner Fachgesellschaften.

Ein bundesweit verlaufsbezogenes Krebsregister könnte die Forschung jedoch wesentlich vorantreiben, betonten mehrere Expertinnen und Experten aus Medizin und Wissenschaft bei der Herbstausgabe der Eventreihe „Zukunft Gesundheit“, die von der Karl Landsteiner Gesellschaft sowie dem Pharmaunternehmen MSD veranstaltet wird. Ein solches Register würde außerdem die Transparenz der Behandlung vereinfachen und verbessern, hieß es in einer Aussendung.

Die Herausforderungen lägen allerdings in der Finanzierung und den entsprechenden Personalressourcen. Außerdem brauche es politische Unterstützung, um ein flächendeckendes verlaufsbezogenes Krebsregister umzusetzen.