Umfahrungen Verkehrsprojekte Wieselburg Poysdorf
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Verkehr

Umfahrung bringt „spürbare Entlastung“

Ob Autobahn, Schnellstraße oder Ortsumfahrung – um Verkehrsprojekte wird oft jahrelang gerungen. Was Umfahrungen bringen können, zeigen zwei Beispiele in Wieselburg und Poysdorf. In beiden Gemeinden sei die Lebensqualität höher, hört man.

Statt mitten durch die Stadt rollt der Verkehr auf der B25 nun um Wieselburg herum. Vergangenen Sommer wurde die Umfahrung – nach jahrelangen Diskussionen und Bauverzögerungen – eröffnet. Trotz der kurzen Zeit ist der Effekt in der Stadt für die meisten schon spürbar. „Wenn man durch Wieselburg durchfährt, ist es jetzt schon leichter“, schildert Robert Hölzl aus Kemmelbach (Bezirk Melk).

Einerseits wurde der Großteil des Schwerverkehrs aus der Stadt hinausgebracht, andererseits ersparen sich auch viele Pendlerinnen und Pendler aus dem Erlauftal den Weg durch die Stadt. „Wenn man früher aus der Stadt hinauswollte, hat man dafür zehn Minuten gebraucht, heute geht das in drei, vier Minuten“, erinnert sich Melanie Wagner, für die der Lärmpegel in der Stadt seither deutlich zurückging.

„Weniger Hektik in der Stadt“

Bis vergangenen Juni wälzten sich immerhin mehr als 2.000 Lkw und etwa 14.000 Pkw täglich durch das Zentrum von Wieselburg. Im November wurden nun neue Erhebungen durchgeführt, die Zahlen sollen laut Stadt in etwa zwei Wochen vorliegen. Eine Entlastung bestätigt aber auch Bürgermeister Josef Leitner (SPÖ): „Das ist eindeutig sichtbar. Für die Stadt bedeutet das weniger Hektik und mehr Verkehrssicherheit.“

Umfahrungen Verkehrsprojekte Wieselburg Poysdorf
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Die Lkw-Kolonnen sind aus dem Stadtzentrum großteils verschwunden, der Verkehr sei deutlich weniger geworden

Ganz sind die Lkw aus dem Ortsbild aber noch nicht verschwunden. Denn nach wie vor müssen etwa Holztransporter zu bestimmten Firmenstandorten durch das Stadtzentrum, ärgert sich Maria Gröbner. Ingrid Bruckner hofft aber auch für diese Fälle auf eine baldige Lösung. Jene Situation, die die Anrainerin bis voriges Jahr als „wirklich grenzwertig“ beschreibt, wurde „auf jeden Fall deutlich besser“.

Ähnlich positiv verliefen auch die ersten Gesprächsrunden mit Gewerbetreibenden, ergänzt der Stadtchef. „Der Handel sieht keine Verluste, sondern eher, dass Stammkunden, die bisher den Stress gemieden haben, jetzt wieder zurückkommen.“ Zudem würden auch neue Kunden in die Stadt kommen, „weil wir jetzt wieder mehr Platz haben“. Nun könne man sich laut Leitner auch Gedanken über die langfristige Entwicklung machen.

Poysdorf: Geteilte Stadt wieder vereint

In Poysdorf (Bezirk Mistelbach), wo Schwerverkehr und ausländische Urlauber schon seit vier Jahren an der Stadt vorbeifahren, ist man hier schon einen Schritt weiter. Im Ort kann man sich mittlerweile wieder viel freier bewegen. „Wenn wir früher gesagt haben ‚Wir fahren schnell wohin‘, sind wir bei jeder Kreuzung gestanden und mussten warten“, erinnert sich Josef Schuckert.

Umfahrungen Verkehrsprojekte Wieselburg Poysdorf
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Die Brünner Straße trennte bis 2017 die beiden Stadtteile von Poysdorf, heute kann man sich wieder frei bewegen

Vor allem an Freitag, „wenn die ausländischen Pendler alle nach Hause gefahren sind, war es fast unmöglich aus den Seitengassen auf die Brünner Straße zu kommen“, weiß Harald Schreiber. Doch seither wuchs die einst vom Verkehr geteilten Stadt wieder zusammen. „Es ist einfach wieder angenehmer, die Lebensqualität ist viel besser“, sagt Sabine Antoni.

Winzer wurden eines Besseren belehrt

Ähnliche Stimmen hört man mittlerweile auch unter den Winzern. Dabei zitterten viele von ihnen zunächst um ihr Geschäft mit ausländischen Kunden. „Unser Worst- Case-Szenario war, dass wir 50 Prozent verlieren und es uns wirklich schlimm trifft“, sagt Martin Hirtl, Obmann des Poysdorfer Weinmarktes. Doch das Gegenteil war der Fall, „weil uns die Stammkunden aus Polen und Tschechien nicht im Stich gelassen haben, sondern jetzt von der Autobahn herunterfahren, um Wein zu kaufen.“

Gleichzeitig gewann man seit der Eröffnung der Autobahn im Dezember 2017 zunehmend neue Kunden dazu: Touristen, die die Gegend rund um Poysdorf langsam für sich entdecken. Apropos Tourismus, dieser sei jetzt überhaupt erst möglich, meint die Geschäftsführerin des Weinbaumuseums Vino Versum, Susanne Reidlinger, „weil wie soll man entspannen und entschleunigen, wenn man zu einem Reiseziel fährt, wo es so wahnsinnig viel Verkehr gibt? Das passt nicht zusammen.“

Mit der Ruhe im Ort könne der Gast nun die „genussvolle Gelassenheit des Weinviertels genießen“, fügt Reidlinger hinzu. Die Statistik untermauert das, denn die Zahl der Übernachtungen stieg seit der Eröffnung der Autobahn von etwa 25.000 auf zuletzt 40.000 pro Jahr – trotz Coronavirus. „Statt wie früher ein, maximal zwei Tage zu bleiben, sind die Gäste jetzt drei bis vier Tage hier.“

Eine von acht Poysdorfer Kellergassen
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Mit der Ruhe in den Kellergassen boomt auch der Tourismus in der Region

„Der Gast erwartet nichts“

Und gerade durch die Pandemie seien viele Urlauber erst auf die Region aufmerksam geworden – auch aus den westlichen Bundesländern. Der große Vorteil für die Region: „Der Gast entdeckt uns, erwartet noch nichts, weil er Poysdorf kaum kennt und ist dann sehr überrascht“, sagt Reidlinger. In den nächsten Jahren will die Region weiter auf Radtourismus in Kombination mit Kulinarik setzen.

Auf so eine Entwicklung hofft man auch in Wieselburg, wo der Messetourismus nach wie vor unter der Pandemie leidet. Künftig will man aber auch diesen Gästen einen entspannteren Aufenthalt im Mostviertel bieten.