Richard Nimmerrichter
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Chronik

Nimmerrichter alias „Staberl“ ist verstorben

Der langjährige „Krone“-Kolumnist Richard Nimmerrichter, der unter dem Pseudonym „Staberl“ seine Texte verfasste, ist verstorben. Das teilte die „Kronen Zeitung“ am Sonntag mit. Nimmerrichter wurde 101 Jahre alt.

Mit seiner oft scharfen und nicht unumstrittenen Kolumne wurde Nimmerrichter als „Staberl“ ein Teil der österreichischen Zeitungsgeschichte. Fast vierzig Jahre lang sorgte er in seiner Kolumne in der „Kronen Zeitung“ tagtäglich bei den Leserinnen und Lesern für Diskussionsstoff. Geschrieben hat er seine Texte bis zuletzt auf seiner mechanischen Schreibmaschine.

Nimmerrichter wurde am 31. Dezember 1920 in Wien geboren, Journalismus war für ihn immer ein Traumberuf. Seine Karriere begann er als Journalist nach dem Zweiten Weltkrieg, unter anderem auch als Sportreporter für den ORF. 1964 holte ihn Hans Dichand zur „Kronen Zeitung“.

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Richard Nimmerrichter
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Im Jänner 2021 traf ORF-NÖ-Redakteur Robert Friess Richard Nimmerrichter in seiner Wohnung in Wien. Seine Kunstsammlung, 120 Biedermeiergemälde, hat er schon zu Lebzeiten den niederösterreichischen Landessammlungen vermacht.
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Nimmerrichter begann seine journalistische Karriere unter anderem auch als Sportreporter für den ORF
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1964 holte ihn Hans Dichand zur „Kronen Zeitung“
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37 Jahre lang kommentierte er als „Staberl“
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Mehr als 100-mal wurde er wegen seiner teils bissigen Kommentare geklagt

Zum „Staberl“ – eine Bühnenfigur von Johann Nestroy – wurde er nach einer Idee von Dichand, dem Herausgeber der „Kronen Zeitung“. „Dichand hat mich damals geholt, weil er eine tägliche Kolumne brauchte. Das Fernsehen ist damals aufgekommen. Dichand war der Meinung, mit der aktuellen Berichterstattung kommen wir von der Zeitung nicht mit“, sagte Nimmerrichter im Interview mit noe.ORF.at vor etwa einem Jahr.

„Das Publikum hat am Vorabend schon im Fernsehen gesehen, was die Zeitung am nächsten Tag bringt. Das war die große Leistung des Hans Dichand – weg von der Aktualität, hin zum Kommentar, und so bin ich dann der ,Staberl’ geworden.“

Mehr als 100-mal geklagt

Seine teils bissigen Artikel führten dazu, dass er mehr als 100-mal geklagt wurde. Antisemitismus und Ausländerhass unterstellten ihm seine Gegner, nicht zuletzt anlässlich Behauptungen wie 1992, als er über den Holocaust und die „Methoden eines Massenmordes“ räsonierte und dabei zu dem Schluss kam: „Nur verhältnismäßig wenige der jüdischen Opfer sind vergast worden.“

Der Schriftstellerin Elfriede Jelinek diente Nimmerrichter als Inspiration für ihr Stück „Stecken, Stab und Stangl“, das in Reaktion auf einen rechtsextremen Bombenanschlag im Burgenland im Jahr 1995 entstand und in das sie zahlreiche „Staberl“-Zitate einbaute. Auch im Titel findet „Staberl“ seinen Niederschlag. Nimmerrichter selbst wies Antisemitismusvorwürfe stets scharf zurück. „Man hat mich als Nazi bezeichnet, obwohl der Hass auf das Hitler-Regime bis zum heutigen Tag die größte Emotion war, die ich je gespürt habe“, sagte Nimmerrichter.

Offen schrieb er zeit seines Berufslebens allerdings gegen Linke, Liberale und Political Correctness und trat gegen die Große Koalition und für den damaligen FPÖ-Chef Jörg Haider als Hecht im politischen Karpfenteich auf. Vor seinem Engagement bei der „Krone“, für die er mehr als 13.000 Kolumnen verfasste, war er u. a. für die Nachrichtenagentur United Press, die „Welt am Montag“, die „Weltpresse“ und den „Express“ tätig. Die „Krone“ trauert um die „legendäre Stimme des Volkes“, wie sie in einem Nachruf auf ihrer Website schreibt.

Kunstsammlung Niederösterreich vermacht

Eng verbunden war er übrigens auch immer mit Niederösterreich. Schon zu Lebzeiten vermachte er seine umfassende Kunstsammlung mit 120 Biedermeiergemälden, von Künstlern wie Jakob von Alt und Friedrich Gauermann, den niederösterreichischen Landessammlungen.

Nimmerrichter ging mit 80 Jahren in Pension, ein Jahr nach dem Tod von Herausgeber Dichand kehrte er aber wieder zurück und schrieb, damals war er bereits 90, immer wieder Kolumnen – seine Monatsbriefe.

„Ich möchte nicht noch einmal leben“

Beim noe.ORF.at-Interview anlässlich seines 100. Geburtstages im Jänner 2021 antwortete Nimmerrichter auf die Frage, wie er das Leben mit 100 Jahren sehe: „Ich betrachte mein Leben als gelebt, es ist mir alles in diesem Leben gelungen. Es gibt den ewigen Wunsch vieler Menschen, dass, wenn ich noch einmal leben könnte, ich dann alles viel besser machen würde. Ich möchte nicht noch einmal leben. Nach der Wahrscheinlichkeit hätte ich keine Chance, es wieder so gut zu treffen, wie ich es in der Realität getroffen habe. Ich war in russischer Kriegsgefangenschaft. Wenn mich damals jemand gefragt hätte, ob ich 100 Jahre alt werde, dann hätte ich ihn als Idioten bezeichnet.“