Politik

Aufregung um Chats von Mikl-Leitner

Aus dem ÖVP-Umfeld sind neue Chats publik geworden. Laut „Standard“ schrieb die frühere Innenministerin und heutige Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) im Frühjahr 2016 in einem SMS an ihren damaligen Kabinettschef: „Rote bleiben Gsindl!"

Die Nachrichten aus dem Handy des damaligen Kabinettschef sollen laut „Standard“ illegal abgesaugt worden sein. Nachdem bei einem Kabinettsausflug im Jahr 2017 sein Handy im Wasser gelandet war, übergab es der damalige Referent Michael Takacs zur Reparatur an einen IT-Experten im Verfassungsschutz. Der soll laut Staatsanwaltschaft Wien eine Kopie des Smartphone-Inhalts angefertigt und diese verbreitet haben.

Jetzt, rund um den ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss, kursieren zahlreiche Chats aus dem Handy des damaligen Kabinettschefs Michael Kloibmüller. So soll eben im Frühjahr 2016 Mikl-Leitner in einer koalitionären Debatte um die Flüchtlingswelle und die Reform des Staatsschutzes in einem SMS an ihn geschrieben haben: „Rote bleiben Gsindl! Schönen Schitag!“

Schnabl: „ÖVP verfällt vielmehr in Beschimpfungen“

Eine erste Reaktion der SPÖ Niederösterreich ließ am Montagabend nicht lange auf sich warten. Für den SPÖ-NÖ-Parteichef Franz Schnabl konterkarieren diese Chatinhalte das Lippenbekenntnis zum Miteinander in Niederösterreich. Er forderte via Aussendung eine öffentliche Entschuldigung von Mikl-Leitner.

Die Chatinhalte würden laut Schnabl zeigen, „dass die ÖVP offenbar nicht bereit ist, einen Konsens mit den politischen Mitbewerbern zu finden, sondern die ÖVP verfällt vielmehr in Beschimpfungen. Diese betreffen aber letztendlich nicht nur die Partei selbst, sondern vor allem die vielen FunktionärInnen, Mitglieder und die WählerInnen der SPÖ. Jene Menschen, die Anteil daran hatten, unser Land aufzubauen und die es jetzt in ihren Berufen am Laufen halten“, so der Landesparteivorsitzende der SPÖ.

Mikl-Leitner: „Es herrschte ein rauer Ton“

Wenige Stunden später folgte dann die schriftliche Stellungnahme der Landeshauptfrau. Sie könne die Nachricht nicht überprüfen, heißt es, weil ihre Zeit in der Bundesregierung sechs Jahre her sei. Durch die Flüchtlingskrise habe sich damals ein tiefer Graben durch die Koalition gezogen, es herrschte laut Mikl-Leitner ein rauer Ton und viel Misstrauen.

„Übrigens nicht nur zwischen den Koalitionsparteien, sondern auch innerhalb der Parteien, auch in der ÖVP. Das habe ich seit damals ja auch schon mehrfach offen kritisiert. Und daraus habe ich damals bei meinem Wechsel nach Niederösterreich auch meine Lehren gezogen. Für mich hat sich aus dieser Zeit ganz klar gezeigt, dass das Gegeneinander, der Streit und das Misstrauen nicht nur die Regierungszusammenarbeit, sondern die Entwicklung des ganzen Landes lähmt“, so Mikl-Leitner.

Deshalb habe Mikl-Leitner bei ihrer Angelobung zur Landeshauptfrau bewusst betont, dass sie auf die Zusammenarbeit setze. „Und dabei bleibe ich auch, weil wir damit gemeinsam einfach mehr erreichen für die Menschen in unserem Land. Daher möchte ich ausdrücklich betonen, ob diese Nachricht nun so formuliert wurde oder nicht: So sollte man weder miteinander noch übereinander reden.“ Mikl-Leitner wolle sich bei jedem entschuldigen, der sich von dieser Nachricht aus der Vergangenheit angesprochen oder beleidigt fühle.

Auch NEOS, FPÖ und Grüne kritisieren ÖVP

Auch NEOS, FPÖ und Grüne reagierten am Dienstag auf die Chatnachrichten mit heftiger Kritik. Laut NEOS-Landessprecherin Indra Collini erwecke die Politik derzeit den Eindruck, als könne sie die Herausforderungen der Zukunft nicht mehr bewältigen. „Ich verstehe die Menschen, die sich immer öfter angewidert abwenden. Die Politik gibt derzeit ein verheerendes Bild ab." Seit Wochen würde über Chats und Skandale diskutiert, „anstatt die echten Probleme der Menschen in Angriff zu nehmen und zu lösen.“ In Richtung ÖVP betont sie: „Mit dem Machtmissbrauch und dem Postenschacher dieser alten Politik muss Schluss sein.“

Aus Sicht der FPÖ Niederösterreich ist die ÖVP Niederösterreich „Dreh- und Angelpunkt des schwarzen Personalkarussells in der Republik“. Mikl-Leitner sei in der ÖVP-Korruptionsmaschinerie und beim Postenschacher mittendrin statt nur dabei, sagt FPÖ-Landesparteisekretär Alexander Murlasits: „Das System, das die Schwarzen in Niederösterreich erfunden haben und seit Jahrzehnten anwenden, ist eins zu eins auf Bundesebene übergestülpt worden.“ Mikl-Leitner hätte „bei zentralen Postenbesetzungen in der Republik die Fäden in der Hand“ gehabt.

„Die Einblicke, die die Öffentlichkeit in den letzten Tagen in die moralischen, ethischen und menschlichen Verwerfungen der politischen Elite in Niederösterreich gewinnen konnte, gehen tiefer als es dem stärksten Magen guttut“, so kommentierte die Landessprecherin der Grünen, Helga Krismer, die aktuelle Diskussion. Die von Mikl-Leitner nachgereichte Entschuldigung sei „allerhöchstens halbherzig“ und ändere nichts am „entlarvenden Sittenbild von Arroganz, Freunderlwirtschaft, Sumpf und Filz im Land“.