Karl schafft „Lebensprojekt“ Olympia-Gold

„Das Einzige, was zählt, ist eine Medaille. ‚All in‘ und dann sehen wir, was rauskommt“ – mit dieser Aussage trat Benjamin Karl am Dienstag im Parallel-Riesentorlauf an. In einem dramatischen Finale sicherte sich der Niederösterreicher die Gold-Medaille. Damit ist Karls Olympia-Medaillensammlung komplett. 2014 wurde er Dritter, 2010 Zweiter.

„Danke Mama, danke an alle, die mich unterstützt haben, das war ein Lebensprojekt.“ Seine erste Reaktion brachte Karl unmittelbar nach dem Rennen nur mit Tränen in den Augen heraus. Er sei kein Mensch, der jeden Tag weint, sagt er im ORF-Interview, „aber es ist schön, wenn man hie und da weinen kann. Silber war auch schön, aber ein Olympia-Sieg ist ein Olympia-Sieg.“

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2010 reichte es für ihn nur knapp nicht zu Olympia-Gold. Seit er sich als Zehnjähriger auf einen Zettel geschrieben habe, dass er Olympiasieger werden möchte, laufe er aber der Goldmedaille hinterher, erzählt er ein paar Stunden später im „NÖ heute“-Interview. Und er sei stolz darauf, jetzt zu den niederösterreichischen Sportlerinnen und Sportlern mit Olympia-Gold zu zählen.

Ans Aufhören denkt Karl aber auch mit drei Olympia-Medaillen in der Hand nicht. Auf die Frage, ob er noch an die Olympischen Winterspiele 2026 in Cortina d’Ampezzo denke, meint er: „Ich denke wirklich noch an Cortina, weil das wahrscheinlich tolle Olympische Spiele werden – in ihrer natürlichen Umgebung, in einem Tourismusland für Wintersport, in einer unglaublich tollen Kulisse, direkt vor meiner Haustüre. Wäre das nicht ein schöner Abschluss meiner Karriere?“

Die Familie als Schlüssel zum Erfolg

Seine Mutter und sein Bruder verfolgten die Goldfahrt am Dienstag zuhause in Wilhelmsburg (Bezirk St. Pölten). Ein Video, das seine Mutter beim frenetischen Jubel zeigt, wurde innerhalb weniger Stunden hunderte Male angesehen. „Ich kann es noch immer nicht glauben“, sagt Michaela Karl auch weniger Stunden später noch. „Ich war sein erster Fan, sein erster Förderer und ich habe immer an ihn geglaubt. Und ich glaube, das war für ihn das Allerwichtigste, dass es jemanden gegeben hat, der seine Träume wahr werden lässt und das haben wir gemeinsam gemacht.“

Karl wechselte noch kurz vor den Spielen das Bord

Der Rekord-Weltmeister scheute jedenfalls auch bei Olympischen Spielen nicht das Risiko, denn der Parallel-Snowboarder war mit einem bisher in Wettkämpfen noch nicht getesteten Board am Start. Sein Plan, das neue Brett noch vor der Abreise beim Training in Haus/Ennstal zu fahren, ging nicht auf. „Da habe ich gesagt, ‚Hilft’s nichts, schadet’s nichts‘. Also habe ich die neuen Bretter mitgenommen, aber ich mag solche Herausforderungen.“

Im Vorfeld des Rennens in Secret Garden im Großraum Zhangjiakou meinte Karl noch, dass es für die Hangneigung einige Spezialisten im Feld gebe: „Ich gehöre zu den Leuten nicht dazu.“ Doch dass Karl ein Hang nicht entgegenkommt, ist nichts Neues. Das war schon 2021 bei den Weltmeisterschaften in Rogla (Slowenien) so, letztendlich reiste der Niederösterreicher mit dem Slalom-WM-Titel ab.

In der extrem engen Parallel-Welt mit Hundertstel-Entscheidungen gebe ihm so ein Input zu einem ungewöhnlichen Zeitpunkt zusätzlich Kraft und Schwung. „Nach all den Jahren, die ich im Weltcup bin – das ist immerhin seit 2005 – geht es darum, irgendwie die Spannung zu halten, mich zu motivieren. Und so etwas wie diese Aufgabe motiviert mich extrem.“

„Ganz Niederösterreich ist stolz auf dich“

Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) gratuliert Karl zu „österreichischer Sportgeschichte“: „Benjamin, ganz Niederösterreich ist heute unglaublich stolz auf dich.“ Der 36-Jährige sei eine Kämpfernatur und ein Vorzeige-Athlet. „Er kennt alle Höhen und Tiefen, die es in einem Sportlerleben geben kann und hat sich immer wieder mit großartigen Leistungen zurückgekämpft“, so Mikl-Leitner.

„Es war eine Goldmedaille mit Ansage“, ergänzte Sportlandesrat Jochen Danninger (ÖVP). Denn bei der gemeinsamen Verabschiedung der Athletinnen und Athleten kündigte er bereits an, dass er den Olympiasieg holen wird. „Er hat seine Prophezeiung in die Tat umgesetzt. Sein Kampfgeist und seine Leidenschaft für den Sport sind unglaublich.“

In der Gemeinde Wilhelmsburg überlegt man nun, wie man die Goldmedaille entsprechend würdigen kann. Eine Ehrentafel und einen Benni-Karl-Weg gibt es dort bereits. „Ganz Österreich ist stolz auf ihn, ganz besonders aber wir Wilhelmsburger“, sagt Bürgermeister Rudolf Ameisbichler (SPÖ).