Am bekanntesten ist das Kraftwerk Greifenstein bei Stockerau (Bezirk Korneuburg) wohl unter Radfahrerinnen und Radfahrern. Sie nutzen das Wehr, um von einer Seite des Donauradwegs auf die andere zu kommen. Weniger bekannt, aber mindestens genauso nützlich, ist die Anlage für eine knappe halbe Million Haushalte. Sie bezieht ihren Strom aus der Energie des Donauwassers.
Neun gewaltige Turbinen mit je 35 Megawatt Leistung sorgen im Inneren der Staumauer dafür, dass relativ konstant Elektrizität produziert wird – im Sommer und Winter, bei Tag und bei Nacht. Der 40 Jahre alte Koloss aus Beton und Stahl benötigt allerdings auch einiges an Fürsorge, ohne laufende Instandhaltung wäre der Betrieb nicht gesichert.
Mehrwöchige Pause für Kraftwerksturbine
Ein guter Teil davon wird in den Wintermonaten erledigt. Die Donau führt dann weniger Wasser als etwa zur Schneeschmelze im Frühjahr und nicht alle Turbinen müssen permanent in Betrieb sein. Aktuell nutzen die Verantwortlichen das Zeitfenster für eine Revision der Turbine Nummer acht. Sie steht dafür mehrere Wochen still und wird trockengelegt.
„Jede Turbine muss einmal kontrolliert und gewartet werden“, sagt Betriebsingenieur Andreas Pöchhacker. Er steht in jener Halle 30 Meter unter dem Donaupegel, in die die Wassermassen normalerweise herunterstürzen, bevor sie zum sechseinhalb Meter großen Laufrad der Anlage geleitet werden. Massive Stahlelemente verhindern das derzeit, nur vereinzelt rauschen an undichten Stellen dünne Rinnsale in die Tiefe. Für die Inspektion sind bereits überall Gerüste aufgebaut.
„Die Anlage hat Verschleißteile, die getauscht oder repariert werden müssen“, sagt Pöchhacker. Dazu zählen Dichtungen, aber auch Pumpen und Belüftungssysteme. Ist all das überprüft und sind alle Probleme behoben, muss die Turbine wieder neun Jahre am Stück durchhalten.
Energiewende führt zu neuen Herausforderungen
„Das Kraftwerk Greifenstein leistet einen sehr großen Beitrag zu einer gesicherten Versorgung“, sagt Michael Strugl, Vorstandsvorsitzender der Verbund AG. Das gilt jetzt mehr als je zuvor. Grund dafür ist die Wende weg von fossilen hin zu erneuerbaren Energieformen. Von der Fachwelt ist diese Wende beinahe unisono alternativlos. „Durch die Transformation des gesamten Energiesystems sind aber die Reserven in den Netzen geringer geworden und das erhöht natürlich eine Blackout-Gefahr“, so Strugl.
So wurden etwa zum Jahreswechsel in Deutschland weitere Atomkraftwerke abgeschaltet, die bis zu diesem Zeitpunkt unabhängig von Sonneneinstrahlung und Windgeschwindigkeit funktioniert hatten. Für die Kernenergie will sich der Chef des österreichischen Stromversorgers nicht aussprechen – aber: „Natürlich ist es ein Problem, wenn gesicherte Leistung aus dem System herausgenommen wird wie jetzt beispielsweise in Deutschland Atomkraftwerke oder Kohlekraftwerke.“ Parallel zum Umbau brauche es deshalb zwangsläufig auch Kraftwerke mit gesicherter Leistung – eben wie jenes in Greifenstein.
„Schwarzstart“ im Fall eines Blackouts
Diese Anlage hat einen zusätzlichen Vorteil: Im Fachjargon der Ingenieure kann es im Fall eines Stromausfalls nämlich „schwarz gestartet“ werden, es kann also ohne Hilfe von außen wieder hochfahren. „Sollte wirklich ein Blackout passieren, dann kann von diesen Kraftwerken aus das Netz wieder aufgebaut werden“, so Strugl. „Österreich hat hier sicherlich einen Vorteil gegenüber anderen Staaten.“