Zwei junge Besucherinnen im Schiele Museum in Tulln
Daniel Hinterramskogler
Daniel Hinterramskogler
Kultur

„Unlearning“: Umdenken im Kulturbereich

Seit zwei Jahren stellt die Pandemie Kunst und Kultur auf den Kopf, Publikum und Kulturveranstalter haben sich umstellen müssen. Am 18. Februar gibt es in St. Pölten das Kulturvermittlungssysmposium „Unlearning. Praktiken und Begegnungen des Verlernens“.

Die Coronavirus-Pandemie war und ist im Bereich der Kunst und Kultur eine Zäsur. Sie hat einschneidende Veränderungen ausgelöst, mit zahlreichen Folgen im organisatorischen und ökonomischen Bereich auf Seiten der Kulturveranstalter, mit großen Auswirkungen durch fehlende Auftritts- und Präsentationsmöglichkeiten bei Künstlerinnen und Künstlern. Viele Organisationen und das Publikum haben damit zu leben gelernt, dass es auf einmal und zeitweise ausschließlich so etwas wie Konzerte im Livestream, Video-Podcasts, Lesungen on demand oder virtuelle Museumsbesuche gibt.

Pacher: „Die Pandemie ist noch nicht vorbei“

Das Symposium „Unlearning“ am Freitag der kommenden Woche findet im Festspielhaus St.Pölten statt, aber natürlich auch online. Veranstalter sind die NÖKU-Gruppe, sie umfasst mehr als 30 künstlerische und wissenschaftliche Institutionen im Bundesland, sowie die Kultur.Region.Niederösterreich. Man möchte sich auf die Nach-Coronavirus-Zeit vorbereiten.

Matthias Pacher, Geschäftsführer des Museums Niederösterreich in St. Pölten, ist in der NÖKU-Gruppe für den Bereich Kulturvermittlung verantwortlich: „Die Pandemie ist noch nicht vorbei, wir sind mitten drinnen. Gerade die Kunst- und Kulturvermittlung war eine der Sparten, die seit Pandemiebeginn ganz stark betroffen war. Sie hat lernen müssen, anders mit ihrem Aufgabenbereich umzugehen.“

Besucherinnen und Besucher im Haus für Natur im Museum Niederösterreich in Sankt Pölten
Theo Kust
Zum Erleben von Kunst und Kultur gehört auch das Haptische, wie etwa hier im Haus für Natur im Museum Niederösterreich in der Landeshauptstadt

Über lange Jahre habe es sich ganz klassisch entwickelt: Man begegnet einander, man erzählt sich etwas, man bekommt Wissen vermittelt. „Und auf einmal war dieses Begegnen kein Thema mehr, es durfte lange Zeit nicht sein. Da hat sich im Bereich der Kunst- und Kulturvermittlung sehr viel getan: Es wurde umgelernt, etwas neu gelernt, etwas neu erdacht – und es wurde vielleicht auch etwas verlernt.“

Kunst und Kultur mehr ins Bewusstsein rücken

Ein Umdenken sei daher angesagt. Wichtig sei es auch in den letzten beiden Jahren gewesen, auf den gesellschaftlichen Stellenwert von Kunst und Kultur hinzuweisen, und immer wieder – gerade in Pandemiezeiten – deren Bedeutung zu betonen.

Man müsse Kunst und Kultur wieder mehr in das Bewusstsein der Menschen bringen, ist Pacher überzeugt. „Es hat pandemiebedingt ein gewisser Rückzug stattgefunden, Wir müssen uns daher wieder mehr mit der Kulturausübung beschäftigen, und das über die Vermittlung. Und daher machen wir auch dieses Symposium.“

Besuchergruppe im museum gugging
Daniel Hinterramskogler
Kulturvermittlung soll bei Besucherinnen und Besuchern auch auslösen, dass sie in Denken und Handeln einen Perspektivenwechsel vornehmen

Beim Kulturvermittlungssymposium am 18. Februar legt man daher besonderen Wert auf die Arbeit in den Workshops, die mit sechs ganz unterschiedlichen Schwerpunkten und Zugängen angeboten werden, eben dem Symposiumsmotto „Unlearning“ folgend. Eröffnungsrednerin wird die renommierte Schriftstellerin Marlene Streeruwitz sein. Das Ziel der Tagung ist ein Umdenken und Umlernen bei den bisherigen Praktiken der Kulturvermittlung.

Neue Perspektiven sind gefragt

„Vermittlung ist für uns im Kunst- und Kulturbereich schon sehr lange nicht mehr einfach nur eine Führung zu machen, einen Workshop abzuhalten oder ein Projekt zu leiten, sondern es geht weit darüber hinaus. Es beginnt bei der Begegnung des Kunst- und Kulturinteressierten mit dem Thema. Diese Begegnung kann sehr vielfältig sein, und daher gehen wir auch hinaus zu den Menschen“, erläutert Matthias Pacher.

Rausgehen zu den Menschen heißt konkret: Beim eigenen Denken und Handeln einen Perspektivenwechsel vorzunehmen, Gelerntes einmal in Frage zu stellen, Alternativen zuzulassen, und ganz einfach einmal „raus aus der Blase“, so der Geschäftsführer des Museums Niederösterreich und der für Kulturvermittlung Verantwortliche in der NÖKU-Gruppe.