Josef Hader Juni 2021
APA/Roland Schlager
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Kultur

„Stoascheißer-Koal“: Josef Hader wird 60

Er ist seit vielen Jahren einer der führenden Kabarettisten im deutschsprachigen Raum, hat sich aber auch eine beachtliche Karriere als Schauspieler und Filmregisseur aufgebaut. Am Montag feiert der aus dem Waldviertel stammende Josef Hader seinen 60. Geburtstag.

Ein Geburtstagsgeschenk hat der Jubilar bereits erhalten. Ende Jänner wurde bekanntgegeben, dass Josef Hader den diesjährigen Österreichischen Kabarettpreis als „eine der ganz großen Galionsfiguren des aktuellen deutschsprachigen Kabaretts“ zugesprochen bekommt. Dass ihm, der seit mittlerweile vier Dekaden vor Publikum spielt und von diesem u.a. als Erfinder des „Stoascheißer-Koal“, Brenner und „Aufschneider“ verehrt wird, diese Würdigung vergleichsweise spät zuteil wird, liege nicht zuletzt daran, dass Hader eben zuletzt mit Premieren „gegeizt“ habe, vergaß auch die Jury nicht zu erwähnen. Die Auszeichnung sei jedenfalls „hochverdient und alternativlos“, hieß es.

Von „Bunter Abend“ über „Privat“ bis zu „Hader on Ice“

1962 im oberösterreichischen Waldhausen geboren, verbrachte Hader seine Kindheit und Jugend im niederösterreichischen Nöchling (Bezirk Melk), der Nachbargemeinde von Waldhausen, auf dem Bauernhof der Eltern und im Stiftsgymnasium Melk. Bei ersten kritischen Nummern über Lehrer in der Schule verstand er nach eigenen Angaben „das Wesen von Kabarett“. Einige Jahre und ein abgebrochenes Lehramtsstudium Germanistik und Geschichte später stand er ab 1982 auf der professionellen Kabarettbühne.

Den Durchbruch brachte das vierte Programm „Biagn oder Brechen“ (1988), für das Folgeprogramm „Bunter Abend“ (1990) erhielt Hader – wie auch erneut für das im Vorjahr präsentierte „Hader on Ice“ – den Deutschen Kleinkunstpreis. Den kabarettistischen Einakter entwickelte er in weiterer Folge zu einem Monolog weiter: 500.000 Zuschauer hatte „Privat“ (1994), mit dem er das hiesige Kabarettgenre geradezu neu erfand, im deutschsprachigen Raum. Der darin vorkommende „Stoascheißer-Koal“ oder das „Topfpflanzen“-Lied hatten bald Kultstatus.

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Josef Hader Juni 2021
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17 Jahre will Josef Hader seine Kabarettfans nicht noch einmal auf ein neues Programm warten lassen: „Sonst muss ich liegend aus einem Bett heraus spielen“
Josef Hader und Maria Schrader am 9.12.2017 in Berlin zur Verleihung des 30. Europäischen Filmpreises.
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Josef Hader und Maria Schrader („Vor der Morgenröte“) im Dezember 2017 in Berlin zur Verleihung des 30. Europäischen Filmpreises
Bei der Berlinale mit „Wilde Maus“: Regisseur Josef Hader (l-r), Schauspieler Denis Moschitto, Nora von Waldstätten und Pia Hierzegger.
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67. Internationale Filmfestspiele in Berlin, Februar 2017, Premiere „Wilde Maus“ mit Josef Hader, Denis Moschitto, Nora Waldstätten und Pia Hierzegger (v.l.)
Regisseur Wolfgang Murnberger, Josef Hader, Nora von Waldstätten und Tobias Moretti im Rahmen der Wien-Premier „Das ewige Leben“ am Dienstag, 03. März 2015, am Red Carpet vor dem Gartenbaukino in Wien.
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Wolfgang Murnberger, Josef Hader, Nora Waldstätten und Tobias Moretti bei der Wien-Premiere „Das ewige Leben“ im März 2015
Josef Hader im dezember 2014
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Josef Hader bei einem APA-Interview im Dezember 2014
Josef
Hader (L) und Alfred Dorfer am Montag, 03. Jänner 2011, während der
Eröffnung vom "Stadtsaal –
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Josef Hader und Alfred Dorfer (v.l.) im Jänner 2011 während der Eröffnung des Stadtsaals in Wien
Josef Hader, Regisseur Houchang Allahyari und Paulus
Manker während des letzten Drehtages für „Die verrückte Welt der
Ute Bock“ am Samstag, 18. September 2010, in Wien-Meidling.
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Josef Hader, Houchang Allahyari und Paulus Manker (v.l.) während des letzten Drehtages für „Die verrückte Welt der Ute Bock“ im September 2010 in Wien-Meidling
Der Schauspieler Josef Hader und Filmregisseur Karl Leopold Furtlehner (R.) auf einem undatierten Archivbild
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Der Schauspieler Josef Hader und der Filmregisseur Karl Leopold Furtlehner (r.) stammen aus Nöchling im südlichen Waldviertel (undatiertes Archivbild)
Joachim Bißmeier,Roland Düringer und
Josef Hader im Film „der Überfall“ Regie Florian Flicker.
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Joachim Bißmeier, Roland Düringer und Josef Hader (v.l.) im Film „Der Überfall“, Regie Florian Flicker (2000)

Ein Kultfilm: „Indien“, mit Hader & Dorfer

Das nachfolgende Programm „Hader muss weg“ (2004) konzipierte er als launiges Rollenspiel über die Schattierungen der österreichischen Seele. Mit „Hader on Ice“, mit dem er derzeit – nach jahrelangen Auftritten mit seinem Best-of „Hader spielt Hader“ (2011) – durch die Lande tourt, kam er zurück zum Monolog und zur Fokussierung auf seine eigene Kunstfigur, die hinter nonchalantem Plauderton ihre zynische Selbstgerechtigkeit kaschiert. Der kritische Blick nach innen ist da durchaus befruchtend. „Wenn man an die ganz Großen denkt, an meine Vorbilder – Qualtinger oder Polt –, dann hat man immer das Gefühl, dass die sehr genau um die eigenen Schwächen wissen und diese sehr gut benutzen können für ihre eigenen Bühnenfiguren“, sagte er im Vorjahr der APA.

Das lange Warten der Fans auf ein neues Programm war Haders zunehmendem Erfolg in Film und Fernsehen geschuldet – einem kollektiven Unterfangen, an dem Hader den Kontrast zur einsamen Arbeitssituation als Kabarettist schätzt. 1993 wurde sein gemeinsam mit Alfred Dorfer geschriebenes, satirisches Stück „Indien“ verfilmt. Es erreichte in Österreich schnell Kultstatus. Auf die Rolle des kleinbürgerlichen Heinz Bösel in der tragikomischen Männerfreundschaftsgeschichte folgte 2000 jene des frühpensionierten Postbeamten und Opportunisten Werner Kopper in Florian Flickers Kammerspiel „Der Überfall“, für den Hader gemeinsam mit seinen Co-Stars Roland Düringer und Joachim Bißmeier den Darstellerpreis beim Filmfestival Locarno erhielt.

Er war Simon Brenner und Stefan Zweig

Im selben Jahr schlüpfte Hader für die Verfilmung des Wolf-Haas-Romans „Komm, süßer Tod“ erstmals in die Figur des Privatdetektivs Simon Brenner. Gemeinsam mit Haas und Regisseur Wolfgang Murnberger schrieb er auch das Drehbuch. Es folgten „Silentium“ (2004), „Der Knochenmann“ (2009) und der mit knapp 285.000 Kinobesuchern bisher erfolgreichste Teil der Reihe, „Das ewige Leben“ (2015). Auch beim Fernsehzweiteiler „Der Aufschneider“ (2010) von David Schalko schrieb Hader am Drehbuch mit und verkörperte kongenial den grantigen Chefpathologen Fuhrmann. Die erfolgreiche Zusammenarbeit mit Schalko setzte sich auch in „Wie man leben soll“ (2011) fort.

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Dreharbeiten zu „Wilde Maus“ im Oktober 2015; Regisseur, Drehbuchautor und Hauptdarsteller Josef Hader (l.) und Crewmitglieder am 30. Oktober 2015, im Rahmen der Dreharbeiten zur Tragikomödie „Wilde Maus“ in Wien.
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Regisseur, Drehbuchautor und Hauptdarsteller Josef Hader (l.) und Crewmitglieder Ende Oktober 2015 bei Dreharbeiten zur Tragikomödie „Wilde Maus“ in Wien
Dreharbeiten zu „Wilde Maus“ im Oktober 2015
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Dreharbeiten zu „Wilde Maus“ im Oktober 2015
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Dreharbeiten zu „Wilde Maus“ im Oktober 2015
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Dreharbeiten zu „Wilde Maus“ im Oktober 2015
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Dreharbeiten zu „Wilde Maus“ im Oktober 2015
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Dreharbeiten zu „Wilde Maus“ im Oktober 2015
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Erste Anerkennung fernab der Komik erhielt er für die Figur eines schulderfüllten Vergewaltigers in Nikolaus Leytners Drama „Ein halbes Leben“ (2009), für die er den Deutschen Fernsehpreis und den Grimme-Preis bekam. Für Leytner stand er auch für zwei ORF-Landkrimis („Der Tote im Teich“, 2015; „Der Tote im See“, 2018) vor der Kamera. 2017 drehte Hader außerdem die Tragikomödie „Arthur und Claire“ von Regisseur Miguel Alexandre über eine spontane Vater-Tochter-Beziehung zweier Suizidkandidaten, die sich in Amsterdam über den Weg laufen. 2019 spielte er die Vaterfigur in Gregor Schmidingers Coming-of-Age-Geschichte „Nevrland“.

Regieerfolg mit „Wilde Maus“

Eine seiner bisher wohl prägendsten – weil auch überraschendsten – Schauspielarbeiten war jene in Maria Schraders viel beachtetem Episodenfilm „Vor der Morgenröte“ (2016), in der er, der sich selbst als „keinen richtigen Schauspieler“ sieht, den österreichischen Schriftsteller Stefan Zweig verkörpert. Für diese Rolle wurde Hader für den Europäischen Filmpreis als bester Schauspieler nominiert.

Buchhinweis

Andreas Ungerböck (Hg.): Josef Hader. Filme und mehr. Schüren Verlag, 192 S., mit zahlr. Fotos, 19,90 Euro.

Hinter der Kamera versuchte sich Hader erstmals 2017 – ein beachtlicher Einstand. „Wilde Maus“, eine Tragikomödie um einen entlassenen, narzisstischen Musikkritiker auf Rachefeldzug, erwies sich nicht nur als Publikumsmagnet, sondern überzeugte auch Kritiker und ritterte um den Goldenen Bären der Berlinale. Hader schrieb auch das Drehbuch, seine Lebensgefährtin Pia Hierzegger spielte Filmgattin Johanna.

ORF gratuliert mit einem Programmschwerpunkt

ORF III veranstaltet zum runden Geburtstag Hader-Festspiele – beginnend mit einer Ausgabe von „André Hellers Menschenkinder“ am Sonntag um 21.45 Uhr, in dem der Kabarettist, Schauspieler und Drehbuchautor einen Blick auf seine Kindheit, seine ersten Bühnenauftritte und Kinorollen gewährt. Am 17. Februar ist Haders Erfolgsmonolog „Privat“ (21.55 Uhr) zu sehen, danach das Programm „Im Keller“ (0.10 Uhr). Am 18. Februar steht „Josef Hader – Die besten Momente zum 60. Geburtstag“ (20.15 Uhr) mit Kabarett- und Filmausschnitten sowie Anekdoten mit Wegbegleiterinnen und -begleitern am Programm. Danach gibt es ein Wiedersehen mit „Indien“ (21.35 Uhr) und der ersten Brenner-Verfilmung „Komm, süßer Tod“ (23.05 Uhr).

Schon bald wird das filmische Oeuvre Haders jedenfalls um eine Facette reicher sein. Derzeit schreibt er an einem neuen Streifen mit dem Titel „Andrea lässt sich scheiden“ über eine junge Polizistin am Land. „Wenn alles gut geht“, soll im heurigen Frühsommer mit den Dreharbeiten begonnen werden, sagte Hader im Vorjahr im APA-Interview. Er selbst wird nicht nur Regie führen, sondern auch „eine wichtige Nebenrolle“ spielen. 17 Jahre will er seine Kabarettfans wegen Kino- und TV-Projekten aber nicht noch einmal auf ein neues Programm warten lassen, wie er 2021 beteuerte: „Sonst muss ich liegend aus einem Bett heraus spielen.“