Frau stützt eine alte Frau in Mank
APA/HELMUT FOHRINGER
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Soziales

Sozialträger warnen vor Pflegenotstand

Elf heimische Pflegeorganisationen schlagen Alarm: Der Mangel an Pflegekräften nehme zu, gleichzeitig steige der Pflegebedarf im Bundesland. In einer gemeinsamen Resolution fordern die Betriebsräte der Einrichtungen die Politik zum Handeln auf.

Das Thema Pflege wird bereits seit Jahren viel diskutiert, denn mit der insgesamt steigenden Lebenserwartung brauchen immer mehr Menschen Pflege. Viele Pflegekräfte wechselten in den vergangenen Jahren den Beruf, Nachwuchs gibt es nur wenig. Deshalb stellen elf Pflegeorganisationen – darunter etwa die Caritas St. Pölten, das Hilfswerk, die Volkshilfe, die Lebenshilfe und die Psychosozialen Zentren – nun einige Forderungen an die Politik.

„Es ist unbedingt erforderlich, dass es mehr Aus- und Weiterbildungen gibt, und das flächendeckend, und dass sie auch bezahlt werden“, lautet eine der Forderungen. „Es ist auch sehr wichtig, dass man das Einkommen steigert, denn es gibt sehr viele Kolleginnen in Teilzeit, die sich ihren Lebensunterhalt gar nicht leisten können“, sagt Doris Wietter-Benmoussa, die Betriebsratsvorsitzende der Service Mensch GmbH Volkshilfe, gegenüber noe.ORF.at.

Zuspitzung der Situation durch CoV-Krise

Weitere Forderungen sind „die Reduktion des hohen Dokumentationsbedarfs, mehr Zeit bei den Kundinnen und Klientinnen und, was ganz wichtig ist, eine Attraktivierung des Berufsbildes“, ergänzt Annemarie Veigel, Betriebsratsvorsitzende der Caritas St. Pölten. „Wir fordern Bedingungen, die junge Erwachsene motivieren, in diesen wunderschönen Beruf einzusteigen“, betont sie im Interview.

Außerdem brauche es „eine bessere Finanzierung der Pflege, und das langfristig und planbar“, so Hilfswerk Niederösterreich-Betriebsratsvorsitzende Astrid Eder. Alle elf Organisationen sind sich einig: Es besteht großer Handlungsbedarf, denn die Coronavirus-Krise habe die Lage nur noch weiter verschärft.

„Jetzt hat sich einfach herauskristallisiert, wie schrecklich es eigentlich schon ist und was für einen Pflegekräftemangel wir schon haben“, sagt Doris Wietter-Benmoussa. „Ich befürchte, dass man das ganze System, wie man es jetzt kennt, das eh schon sehr kritisch ist, nicht mehr lange aufrechterhalten können wird. Wir haben noch nie so viele Dienstnehmerkündigungen gehabt, weil die Kolleginnen und Kollegen sagen: ‚Ich kann einfach nicht mehr.‘“

Teschl-Hofmeister: „Bund ist am Zug“

Soziallandesrätin Christiane Teschl-Hofmeister (ÖVP) zeigt Verständnis für die Forderungen der Pflegeorganisationen. Das Land habe bereits viele Maßnahmen gesetzt, sagt sie: „Wir haben Ausbildungsplätze geschaffen – eine Forderung, die in dem Brief erhoben worden ist. Wir haben ein Prämien- und ein Förderprogramm auf die Beine gestellt, mit dem wir ganz konkret Studierende oder Menschen in Ausbildung unterstützen.“

Nun sei aber der Bund am Zug. „Jetzt brauchen wir Regeln rundherum, wir brauchen das große, ganze Konstrukt. Es hat überhaupt keinen Sinn, wenn das jedes Bundesland für sich alleine macht und wir einander sozusagen die Pflegekräfte wegkaufen, mit immer noch ein bisschen mehr Geld. Sondern der Bund muss sich jetzt einmal ein Konzept überlegen und ein Konzept klar machen.“ Darauf warte man bereits seit Langem und sei am Ende der Geduld angelangt, so Teschl-Hofmeister.

Den größten Punkt, so die Landesrätin, stelle eindeutig die Frage der Finanzierung dar. Doch es gebe auch Maßnahmen, die einfach umzusetzen wären, etwa die Novellierung des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes, die bereits seit langem von allen Bundesländern gewünscht werde. „Der Herr Bundesminister müsste das nur noch umsetzen“, sagt Teschl-Hofmeister. Die entsprechenden Vorschläge dazu lägen auf dem Tisch.