Alexander Goebel
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„Ganz Persönlich“

Goebel als Schlagersänger: „Pures Glück!“

Der Musicalstar Alexander Goebel wagt sich ins Schlagergenre. Im Interview spricht der 68-Jährige über seine neue Karriere als Schlagersänger und erklärt, was er an Patchwork-Familien nicht mag und wieso er ein schwerer Fall von Soziophobie ist.

Alexander Goebel wächst in Deutschland auf. Er besucht in Wien das Max-Reinhardt-Seminar und war vier Jahre lang Ensemblemitglied des Wiener Burgtheaters. Goebel ist Vater von vier Kindern und lebt seit Februar 2019 in Bischofstetten (Bezirk Melk).

noe.ORF.at: Wir haben uns in Ihrem Studio in Bischofstetten getroffen, hier nehmen Sie Ihre Podcasts auf. Aber Sie sind beruflich ein Tausendsassa: Schauspieler, Musicalstar, Buchautor, Intendant, Kabarettist oder auch Radiomoderator. Was ist Ihnen am liebsten?

Alexander Goebel: Das ist ganz einfach: immer das nächste. Mein Leben war eine Perlenkette von einmal geträumten Träumen. Schon früh habe ich mir vorgenommen, mir jedes Mal bewusst zu machen, wenn ein Traum in Erfüllung gegangen ist. Wenn einer wahr wird, arbeite ich an der Verwirklichung des nächsten und träume den übernächsten.

noe.ORF.at: Was ist der nächste Traum?

Goebel: Das jetzige ganz große Thema ist ‚Klima‘. Ich würde gern mithelfen, dass wir alle unsere Entscheidungen, also das Fliegen, das Autofahren und die Ernährung, überdenken. Mit meinen Podcasts habe ich einen neuen Weg gefunden, Öffentlichkeit zu schaffen. Ich werde mit Unternehmen zusammenarbeiten, die mehr und mehr begreifen, dass sie Sinnhaftigkeit und Werte bedienen müssen.

noe.ORF.at: Sie haben ja auch ein aktuelles Kabarett-Programm, das pandemiebedingt nicht so oft auf die Bühnen kam wie geplant. Wie ist es Ihnen in der Pandemie bisher ergangen?

Goebel: Ich komme aus einer sehr heftigen, ich würde sagen, pathologischen Phase der Soziophobie. Ich habe mich im Zuge der großen Erfolge immer mehr zurückgezogen. Ich war so naiv! Ich bin ein 68er-Kind, bei mir ist im Inneren noch immer peace, love and happiness. Als ich dann feststellen musste, dass die Welt nicht so ist, war ich sehr enttäuscht und verletzt. Ich habe zwar immer meine Arbeit gemacht, aber ich bin nach den Shows oder Konzerten nicht ins Publikum gegangen, habe keine Autogramme verteilt, sondern bin manchmal sogar in Verkleidung durch den Bühneneingang geflüchtet. Das hat mir nicht gutgetan. Aus diesem Grund war dieser Teil der Pandemie aber überhaupt kein Problem. Wirtschaftlich ist es ja so, dass ich schon ein halbes Jahr vor der Pandemie Podcasts gemacht habe. Das hat vieles abgedeckt.

Alexander Goebel
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Alexander Goebel im Gespräch mit Eva Steinkellner-Klein

noe.ORF.at: Sie stehen ja schon seit Sie 14 sind auf der Bühne – damals noch in Deutschland mit Ihrer eigenen Band. Haben Sie das nicht vermisst?

Goebel: Nein, überhaupt nicht. Das brauche ich zum Leben nicht. Was ich aber brauche, ist die Gemeinschaft. Ich arbeite ja immer im Team. Das ist dem geschuldet, dass ich allein aufgewachsen bin. Ich habe keine Geschwister, meinen Vater habe ich nie kennengelernt und die Mutter war immer unterwegs. Da war sehr früh das Radio mein Freund, später auch das Fernsehen und dann die Arbeit mit einem Team, vor allem hinter der Bühne.

noe.ORF.at: Warum sind Sie nach Bischofstetten gezogen? Wegen der Abgeschiedenheit?

Goebel: Nein, aber das wäre klug gewesen, mir das zu verordnen. Der Grund war die Liebe, die pure Liebe. Wir waren schon vor der Pandemie zusammen. Bettina meinte dann, das Hin- und Herfahren zwischen St. Pölten, wo ich gewohnt habe, und Bischofstetten werde furchtbar. Ohnedies wäre ich immer bei ihr, in dem schönen Haus mit einer erfolgreichen Frau drin (lacht). Da habe ich gesagt: ‚Oh, wie recht du hast, schöne Frau, hier bin ich.‘ (lacht)

noe.ORF.at: Sie haben ja vier Kinder von unterschiedlichen Frauen. Das ist eine recht große Patchworkgruppe. Wie funktioniert das?

Goebel: Ich bin kein Freund von Patchwork, denn das ist ja der nächste Zwang, den wir uns da auferlegen. Ich habe großes Glück mit meinen Frauen, weil sie sich tolle, neue Männer gesucht haben. Im Grunde geht es nur um die Kinder. Wenn aber alle gemeinsam auf Urlaub fahren müssen, weil man sich beweisen muss, dass sich alle liebhaben, dann geht das nicht gut. Da sind auch die Kinder zu clever, die durchschauen das sofort.

noe.ORF.at: Ganz große Meilensteine in Ihrem Leben waren die Musicals „Phantom der Oper“ und auch die „Rocky Horror Picture Show“.

Goebel: Ja, natürlich haben gerade diese beiden Produktionen mein Leben verändert. In beide Richtungen.

noe.ORF.at: Fluch und Segen?

Goebel: Beides, aber Segen und Fluch würde ich sagen – in dieser Reihenfolge. Der Fluch ist, dass man sich daran gewöhnt. Ich habe sehr viel Geld verdient und wahnsinnig viel ausgegeben, weil ich unbetreut war. Man muss den Jungen heute auch Wirtschaftlichkeit beibringen. Man darf sie nicht in dieses Haifischbecken werfen, wo sie sofort an den erstbesten Manager kommen. Es war bei mir kein einziger Manager dabei, der mich nicht enttäuscht hätte.

noe.ORF.at: Sie planen ins Schlagergenre einzusteigen. Was darf man da erwarten?

Goebel: Irgendwann erwischt es jeden (lacht). In der Zeit, in der ich hier mein Leben und meine Karriere aufgebaut habe, ist ja in Deutschland eine Schlagerrenaissance losgegangen, etwa mit Wolfgang Petri. Ein Schlagerstar füllt allein ganze Stadien. Außerdem haben wir als Band immer wieder Schlager interpretiert, z.B. „Ohne dich“ der Münchner Freiheit. Pures Glück im Publikum, die können jedes Wort auswendig! Die Menschen sind nicht mehr eingleisig in ihrem Entertainmentgeschmack, sondern pluralistisch. So werde ich das jetzt auch angehen. Deshalb gibt es im Sommer in St. Pölten unsere Premiere der neuen Schlager-Show. Ich weiß nicht, wie es bei den Rockfans ankommen wird, aber sie sollen so bleiben und kommen wie sie sind.