„Alle Menschen haben Angst“, schildert Artur Dumitrjuk, Hotelier aus Rossatz (Bezirk Krems), der Mittwochabend noch über die Grenze nach Rumänien gelangte. Die Tage zuvor war der gebürtige Ukrainer geschäftlich in seiner Heimat. „Gestern war es noch ruhig, und noch vor zwei Wochen hat keiner geglaubt, dass das passiert, und heute früh, gegen 3.00 Uhr hat es begonnen.“
Die Lage beschreibt der Unternehmer gegenüber noe.ORF.at als „sehr chaotisch“. Als er noch im Land war, seien nur Militärobjekte bombardiert worden, erzählt Dumitrjuk, „aber die Leute haben die Raketen gesehen und das bringt eine enorme Angst mit sich.“ Mehrere Verwandte und Freunde hätten ihn deshalb auch schon gebeten, sein Hotel in der Wachau zur Verfügung zu stellen, „dass sie zu mir nach Österreich kommen können.“

Vor den Grenzübergängen kommt es derzeit zu teils langen Staus. Der Großteil der Menschen flüchtet jedoch innerhalb des Landes, wie auch Dumitrjuk aus persönlichen Gesprächen weiß: „Diejenigen, die irgendwo ein Ferienhaus haben, die von den Militärbasen weit weg sind, versuchen dorthin zu kommen.“ Die Bomben seien bisher zwar „sehr präzise auf Militärobjekte gefallen, aber niemand weiß, wie es morgen ist.“
Ukrainerin über Heimatland: „Sie sind Patrioten“
Die Familie von Elvina, die im Weinviertel lebt, versucht laut ihren Schilderungen „durch den Wald zu flüchten und nicht auf der Straße, weil dort so viele Leute fahren.“ Doch die Familien wollen in der Ukraine bleiben, sagt sie im Gespräch mit noe.ORF.at bei einer Protestkundgebung in Wien am Vormittag. „Sie sind Patrioten und wollen das Land verteidigen.“ Russlands Präsident Wladimir Putin sei „ein kranker Kopf“, bei dem niemand wisse, „was in seinem Kopf ist.“
Ukrainerin berichtet von der Flucht ihrer Familie
Wie es in den nächsten Tagen weitergeht, kann Elvina nicht einschätzen. „Wir schauen jetzt alle, was unser Präsident sagt, aber unsere Generation hält zusammen.“ Zudem appellierte die junge Frau an die russische Bevölkerung, ein Zeichen zu setzen, dass sie die Pläne Putins nicht unterstützen. „Ich verstehe nicht, dass keiner streikt, Russland hat meine Heimat angegriffen. Ich habe Augen voller Tränen.“
AUA stellt Flugverbindungen ein
Bereits am Montag hatte die AUA, mit Heimatflughafen Wien-Schwechat (Bezirk Bruck/Leitha), ihre regulären Flüge nach Kiew und Odessa vorerst bis Ende Februar eingestellt. Nun werde auch die Stadt Lemberg nicht mehr angeflogen, sagte eine AUA-Sprecherin. Vom Flugstopp betroffen ist zudem die moldawische Hauptstadt Chisinau. Das gab die AUA am Donnerstag auf Anfrage bekannt.
„Die Sicherheit unserer Fluggäste und Besatzungsmitglieder hat zu jeder Zeit oberste Priorität“, hieß es. Die AUA-Mutter Lufthansa hatte wie die meisten anderen Gesellschaften die Flüge am vergangenen Wochenende eingestellt. Auch der ungarische Billigflieger Wizz Air stellt den Flugverkehr in die Ukraine nach der Schließung des Luftraums dort ein. Die Low-Cost-Airline ist mit mehreren Fliegern am Flughafen Wien-Schwechat vertreten.

Sicherheit im Luftraum gefährdet
Aus dem Klimaschutzministerium hieß es am Donnerstag dazu: „Aufgrund des Angriffs Russlands auf die Ukraine ist eine Gefährdung der Sicherheit im Luftraum gegeben. Entsprechend haben die ukrainischen Behörden ihren Luftraum für zivile Flüge gesperrt. Auch wurden seitens der russischen Behörden weite Teile des südwestrussischen Luftraums für den zivilen Flugverkehr gesperrt. Der belarussische Luftraum darf aufgrund der Sanktionen gegen Belarus von europäischen Fluglinien und Flugzeughaltern nicht genutzt werden“.
Zusätzlich werde von Eurocontrol eine sogenannte Zero-Rate angewandt. Das heißt, es werden keine Flugpläne in diesen Bereichen freigegeben, auch wenn es keine Flugverbote gäbe. Außerdem werde die European Aviation Crisis Coordination Cell (EACCC) aktiviert, um die Auswirkungen auf die Luftfahrt und das gesamteuropäische Netzwerk zu bewerten, hieß es aus dem Ministerium.
Reaktion der Ukrainer im Land
Die Nachrichten über die russische Militäroperation haben viele betroffen gemacht – vor allem die Ukrainer im Land.
Kiew meldet Kämpfe bei Tschernobyl
Der Angriff Russlands auf die Ukraine hat Donnerstagfrüh begonnen. Zu Mittag aktivierte die NATO die Verteidigungspläne für Osteuropa. Der Oberbefehlshaber der NATO-Streitkräfte bekommt damit weitreichende Befugnisse, um zum Beispiel Truppen anzufordern und zu verlegen.
Auch auf dem Gebiet des zerstörten Atomreaktors von Tschernobyl wüteten stundenlang Gefechte. Am Donnerstagabend gab Kiew bekannt, die Kontrolle über die Sperrzone und alle Anlagen des AKW verloren zu haben. Die ukrainische Hauptstadt löste wegen des russischen Angriffs am Nachmittag Luftalarm aus und verhängte eine Ausgangssperre. In mehreren Städten wurden zivile Opfer gemeldet – mehr zu den aktuellen Ereignissen im ORF.at-Liveticker.
Am Donnerstag meldeten sich mehrere heimische Politikerinnen und Politiker mit Kritik an Russland zu Wort. „Unsere Gedanken und unsere Solidarität gelten in diesen schweren Stunden all jenen, die unter dieser russischen Aggression zu leiden haben“, sagt Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) – mehr dazu in Kritik an Russland aus Niederösterreich (noe.ORF.at; 24.2.2022).