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GESUNDHEIT

Phosphatdiabetes: Wenn die Knochen schmerzen

In Österreich sind Schätzungen zufolge bis zu 400 Menschen von der seltenen Krankheit Phosphatdiabetes betroffen. Bei der Erkrankung kommt es zu schweren Knochenwachstumsstörungen mit dauerhaften Schmerzen des Bewegungsapparates.

Es sind ganz alltägliche Bewegungen, die für Doris Prochaska mittlerweile schmerzhaft sind, etwa, wenn sie das Handy beim Telefonieren längere Zeit ans Ohr halten muss. Die St. Pöltnerin leidet seit ihrer Geburt an der seltenen Knochenkrankheit Phosphatdiabetes.

„Seit kurzem habe ich Muskelschmerzen in den Armen, Unterarmen und Oberarmen, aber mein Hauptproblem ist das Gehen. Ich kann zwar auch Wandern gehen, aber es ist dann so, dass ich am Abend so steif bin, dass ich überhaupt nur mehr sehr eingeschränkt gehen kann“, erzählt Prochaska über ihren Alltag.

Äußerlich ist die Krankheit bei ihr kaum sichtbar. „Man erkennt es mir auf den ersten Blick nicht an, vielleicht manchmal beim Gangbild, aber wenn ich normal stehe und sitze, merkt man es eigentlich nicht – und das ist eher wie ein Fluch, weil man die Schmerzen und die Beschwerden, aber auch die Alltagsschwierigkeiten, die auf einen zukommen, nicht sieht.“

Erkrankung führt zu Verformungen der Knochen

Das Universitätsklinikum AKH Wien etablierte sich gemeinsam mit dem orthopädischen Spital Speising und dem Hanusch-Krankenhaus zu einem Expertisezentrum für seltene Knochenerkrankungen in Österreich. Bei Phosphatdiabetes kann eines der wichtigsten Mineralsalze des Knochens, das Phosphat, nicht im Körper zurückgehalten werden.

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Adalbert Raimann, Spezialist für seltene Knochenerkrankungen, im Gespräch mit Doris Prochaska

„Dadurch kommt es zu Verformungen des Knochens, Veränderungen des Wachstumsmusters und langfristig zu einer ausgeprägten Schmerzsymptomatik und damit deutlichen Einschränkungen der Lebensqualität“, erklärt Adalbert Raimann, Spezialist für seltene Knochenerkrankungen am AKH Wien.

Phosphatdiabtes ist genetisch bedingt. Auch der Sohn von Doris Prochaska ist betroffen. „Heilbar ist die Krankheit nicht, aber wir können die voranschreitenden Verformungen sehr früh, schon im Säuglingsalter, versuchen aufzuhalten, um dadurch den Patientinnen und Patienten langfristig viel an Leid und Operationen zu ersparen“, so Raimann.

Hohe psychische Belastung durch Erkrankung

Früher wurden bei Phosphatdiabetes-Patienten in erster Linie viele Operationen durchgeführt, erzählt Doris Prochaska: „In der Pubertät haben sich meine Beine gebogen, ich bekam richtige O-Beine und wurde mit 14 das erste Mal an den Unterschenkeln operiert.“ Heute gibt es auch andere Behandlungsmöglichkeiten.

„Mittlerweile steht uns schon ab dem ersten Lebensjahr eine spezifische Antikörper-Therapie, also eine Spritze gegen ein Hormon, das mitverantwortlich ist für die Phosphatdiabetes, zur Verfügung“, erklärt Adalbert Raimann. Dennoch bleibt bei Betroffenen die Gewissheit, dass man mit der Krankheit leben muss. Damit steigt auch die psychische Belastung. Diese Erfahrung machte auch Doris Prochaska. „Ich habe sehr viel Energie, möchte immer viel unternehmen und merke aber, dass mich die Erkrankung oft in die Knie zwingt, dass es auch gewisse Grenzen gibt mit denen ich mich abfinden muss.“

Doris Prochaska
Martin Schoeller
Doris Prochaska wurde von Starfotograf Martin Schoeller abgelichtet. Er fotografierte Phosphatdiabetes-Patienten, um die seltene Erkrankung ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken

Starfotograf rückte Krankheit ins Rampenlicht

Um auf die seltene Krankheit aufmerksam zu machen, nahm die St. Pöltnerin an einem Foto-Shooting des deutschen Starfotografen Martin Schoeller in Deutschland teil. Der in New York lebende Fotograf lichtete bereits viele internationale Stars ab und machte sich mit seinen spektakulären Portraitaufnahmen, die er Close-Ups nennt, einen Namen.

Schoeller fotografierte nun im Auftrag eines Pharmaunternehmens Phosphatdiabetes-Patienten, um die seltene Erkrankung ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken. Auch Doris Prochaska will anderen Mut machen. 2019 gründete sie den Verein „Phosphatdiabetes Österreich“, um Betroffenen in Österreich die Möglichkeit des Informations- und Erfahrungsaustauschs zu bieten. Bisher gab es coronabedingt nur Online-Meetings. Heuer soll es ein erstes persönliches Treffen der Mitglieder geben, verspricht Prochaska.