Asylquartier Drasenhofen im Jahr 2018
APA/Helmut Fohringer
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Gericht

Waldhäusl-Prozess: Zeugen am Wort

Im Amtsmissbrauchsprozess gegen FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl und eine frühere Landesbedienstete sind am Montag erste Zeugen zu Wort gekommen. Thema waren u. a. der Stacheldrahtzaun um das Asylquartier Drasenhofen (Bezirk Mistelbach).

Die Schöffenverhandlung wurde am Montag in St. Pölten fortgesetzt. Als erster Zeuge wurde am Landesgericht ein früherer Kabinettsmitarbeiter des Asyllandesrats befragt. Der 48-Jährige hatte an Arbeitsgruppen zum damaligen Maßnahmenplan teilgenommen. Rund um eine neue Unterkunft für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sei 2018 ein Standort „nicht unbedingt in einer Großstadt“ gesucht worden, „damit ja nichts passiert“, weil Protest aus der Bevölkerung erwartet worden sei.

Waldhäusl habe beispielsweise gesagt, dass ein Zaun für Drasenhofen „nicht schlecht“ wäre, zudem habe er sich einen Hund für das Quartier gewünscht. „Ich sehe das aus meiner subjektiven Sicht schon als eine Art Weisung“, so der frühere Kabinettsmitarbeiter. Die rechtliche Prüfung sei Sache der Fachabteilung gewesen.

Zeuge berichtet von Zeitdruck für Inbetriebnahme

„Wenn ich als Vorgesetzter etwas wünsche, dann ist es für mich eine Weisung, das zu prüfen“, führte der 48-Jährige weiter aus. Vorgaben Waldhäusls wie Stacheldrahtzaun und Hund hatte er seiner Aussage zufolge an die Verantwortlichen in der Fachabteilung zur Prüfung weitergeleitet. Die Kommunikation lief dem Mann zufolge großteils über die Zweitangeklagte, die frühere Landesbedienstete. „Die Rechtsmeinung war offensichtlich da, dass das in Ordnung ist“, meinte der Zeuge. Entgegen der Angabe Waldhäusls ist der 48-Jährige nicht Jurist, sondern hat Verwaltungswissenschaften studiert.

Prozess Waldhäusl
ORF
Dem Zeugen zufolge habe Asyllandesrat Gottfried Waldhäusl auf eine raschere Inbetriebnahme des Quartiers gedrängt

Zur laut Anklage unter Zeitdruck erfolgten Inbetriebnahme des Quartiers in Drasenhofen sagte der Zeuge, Waldhäusl habe damals geäußert, dass die Eröffnung „schneller gehen müsse“. Eine Verlegung des Termins wäre zwar besser gewesen, es „ist halt nicht passiert“, meinte er. Über den Zeitdruck habe er den Landesrat aber sehr wohl informiert, widersprach er den Angaben Waldhäusls.

„Rauer Ton“

Staatsanwalt Michael Schön zitierte aus mehreren E-Mails des Zeugen an die Fachabteilung. Der 48-Jährige berichtete in diesem Zusammenhang von einer anfänglichen Zusammenarbeit „auf Augenhöhe“ mit den zuständigen Landesbediensteten. Danach „ist der Ton rauer geworden“, weil der Landesrat vermutet habe, dass seine Arbeit torpediert werde.

Nach Drasenhofen verlegt wurden Jugendliche, die „eine gewisse Auffälligkeit gezeigt haben oder mit dem Gesetz in Konflikt gekommen sind“, erklärte der Mann, der acht Monate lang im Kabinett von Waldhäusl als stellvertretender Büroleiter beschäftigt war. Entsprechende Vorfälle seien festgehalten worden. Die Bewohnerliste kam laut ihm von der Fachabteilung.

Namen auch aus Büro Waldhäusl

Als nächste Zeugin wurde eine damals für Verlegungen von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen zuständige Landesbedienstete befragt. Entscheidungen habe sie zunächst gemeinsam mit Psychologinnen getroffen. Ab Herbst 2018 habe sich das geändert. Die Zweitangeklagte meinte laut der 29-Jährigen dazu, „es ist ja kein Wunschkonzert und es gibt zu viele Verlegungen“. Die 55-jährige Mitbeschuldigte erklärte, sie habe hier die Ansicht ihres damaligen Vorgesetzten wiedergegeben und über Verlegungen nach Rücksprache mit ihrem Chef entschieden.

In Bezug auf Drasenhofen war die Zeugin ihren Angaben zufolge nur für die Administration verantwortlich. Die Namen der zu verlegenden Bewohner habe sie von der Zweitangeklagten oder weitergeleitet vom Büro Waldhäusl erhalten. Die Weisung, dass Jugendliche am 30. November 2018 an einen anderen Standort wechseln und aus der Grundversorgung entlassen werden sollten, stammte demnach vom Kabinett des Landesrats und wurde über die Fachabteilung weiter kommuniziert. Die Minderjährigen waren in Folge nach St. Gabriel in Maria Enzersdorf (Bezirk Mödling) gekommen und rückwirkend wieder in die Grundversorgung aufgenommen worden.

WKStA: Keine geeignete Unterbringung

Zuvor wurde am Montag die Einvernahme der früheren Landesbediensteten beendet. Die 55-jährige Mitangeklagte ist auch wegen Fälschung eines Beweismittels und Verleumdung angeklagt, weil sie im Ermittlungsverfahren eine E-Mail unvollständig vorgelegt und so den Verdacht auf ihren Vorgesetzten gelenkt haben soll. „Mein Postfach war zu klein. Es war nicht darauf auslegt, dass man große Dateianhänge bekommt“, erklärte die Beschuldigte. Daher habe sie öfters Teile von E-Mails gelöscht und gehofft, dass die kürzere Nachricht versendet wird. Fragen der Privatbeteiligtenvertreter wollte sie nicht beantworten.

Der 56-jährige Landesrat und die damalige Landesbedienstete sollen laut Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) im November 2018 die Verlegung von zumindest 14 minderjährigen Asylwerbern in ein der Anklage zufolge ungeeignetes Quartier veranlasst haben. Damit wurden die Jugendlichen laut Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft einer „ihre Persönlichkeitsentwicklung destabilisierenden Maßnahme unterworfen“.

Die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge sollen damit in ihrem Recht auf Grundversorgung und Unterbringung in einer geeigneten Unterkunft geschädigt worden sein. Die beiden Beschuldigten bestreiten die Vorwürfe. Eine für Montag geladene Zeugin erschien aufgrund eines Auslandsaufenthalts nicht. Die Befragung des früheren Vorgesetzten der Zweitangeklagten wurde auf den nächsten Termin der Schöffenverhandlung am 28. März verschoben. Vier weitere Prozesstage sind in Aussicht gestellt, darunter zusätzlich nun auch 25. Mai und 20. Juni.