Tierärzte
ORF
ORF
Landwirtschaft

Der Landwirtschaft gehen die Tierärzte aus

Im Schatten des Landarztmangels hat sich dasselbe Problem auch in der Veterinärmedizin gebildet. Nun gibt es immer weniger Landtierärzte, eine beginnende Pensionierungswelle wird die Lage wohl verschärfen. Deswegen werden mehr Studienplätze gefordert.

Es ist ein Teufelskreis. Die landwirtschaftlichen Betriebe werden weniger, genauso wie die Tierärzte. Von den 816 Tierärzten in Niederösterreich sind nur 121 in Praxen für Nutztiere tätig, Tendenz fallend. Dadurch werden die Anreise-Distanzen für die verbliebenen Veterinärmediziner immer größer. Heinz Heistinger, der frühere Präsident der niederösterreichischen Tierärztekammer, betreibt seine Praxis in Lilienfeld, muss aber oft nach Mariazell fahren, bis zu 60 Kilometer.

Kein Einzelfall, wie er erklärt, es gebe Regionen in Niederösterreich, die gar keine Nutztierpraxis mehr hätten, was sich auf die Versorgung in der Landwirtschaft eklatant auswirke, wie er sagt: „Wenn wir die Preisentwicklung von Produkten tierischer Herkunft hernehmen, dann rechnet sich eine lange Anreise oft gar nicht und das ist auch ein Tierschutzproblem.“

Tierärzte
ORF
Tierarzt Heinz Heistinger fährt oft bis zu 60 Kilometer zu seinen tierischen Patienten

Und weiter: „Nicht zu unterschätzen ist, dass Tierärzte ja auch die Lebensmittelsicherheit von Lebensmitteln tierischer Herkunft garantieren. Im Umkehrschluss bedeutet das: Wenn wir unsere regionalen Lebensmittel weiter in der Qualität haben wollen, braucht es auch die Tierärzte dazu.“

„Zusätzliche Studienplätze und Anreize nötig“

Von den jährlich 120 Studentinnen und Studenten an der Veterinärmedizinischen Universität in Wien sei die Hälfte aus Deutschland, berichtet der Schremser Bernhard Kammerer, seit einem Jahr Präsident der niederösterreichischen Tierärztekammer. Von den übrigen wolle ein großer Teil in die Kleintiermedizin und so seien es jährlich höchstens 20 Studentinnen und Studenten, die sich für eine Praxis auf dem Land entscheiden würden, sagt Kammerer – allerdings für ganz Österreich gerechnet.

Dem gegenüber stehe eine Pensionierungswelle in den Nutztierpraxen, die in den nächsten fünf Jahren heranrolle. „Wir müssen es attraktiver machen, aufs Land zu gehen. Etwa durch zusätzliche Studienplätze mit der Verpflichtung, anschließend eine solche Nutztierpraxis zu eröffnen, vielleicht auch mit dem Erlass der Studiengebühren. Generell braucht es mehr Studienplätze, denn die Nachfrage wäre da, viele gehen nach Ungarn studieren, weil hier durch die wenigen Studienplätze die Aufnahme-Anforderungen so hoch sind“, so Kammerer.

Tierärzte
ORF
Laut Bernhard Kammerer braucht es deutlich mehr Studienplätze für angehende Veterinärmedizinerinnen und -mediziner

Dabei fehle aber oft der praktische Ansatz, den etwa Kinder von Tierärzten oder auch Absolventen von Landwirtschaftsschulen mitbringen würden. Sehr viele Studienabgänger würden zudem die Mühen der Selbstständigkeit fürchten, sagt Kammerer.

Noch sei ein Kippen der Situation mit der Vergabe von mehr Studienplätzen zu verhindern, sagt er: „Das würde sich in den fünf Jahren bis zum Höhepunkt der Pensionierungswelle ausgehen.“ Wenn nicht, dann habe vor allem die Landwirtschaft und die tierische Lebensmittelproduktion bald ein ernstes Problem, betont Kammerer.