Szene in The Effect im Stadttheater Mödling
Bettina Frenzel
Bettina Frenzel
Kultur

Studie über Liebe und Medizin: „The Effect“

„Eine pharmazeutische Liebesgeschichte“ nennt die britische Autorin Lucy Prebble ihr Stück „The Effect“, das am Samstag seine Österreichische Erstaufführung am Samstagabend hatte: eine Art Studie über Liebe, Neurowissenschaft und Pharmaversuche.

Für die Uraufführung vor zehn Jahren am Londoner National Theatre erntete Prebble den Critic’s Circle Award für das beste Stück des Jahres. Dass sie auch erfolgreiche TV-Serien schreibt sowie Scripts von Videospielen, ist nicht ganz unübersehbar bzw. in den Dialogen nicht überhörbar. Immerhin werden große Fragen abgehandelt: nach der Echtheit von Gefühlen, nach den moralischen Grenzen der Medizin, nach der Verlässlichkeit der Forschung, nach Vertrauen und emotionaler Sicherheit insgesamt.

Eine „pharmazeutische Liebesgeschichte“

Zwei junge Leute, Conny (Veronika Petrovic lässt bei aller entzückenden Ausstrahlung auch neurotische Verhaltensweisen erkennen) und Tristan (Marc Illich gibt den etwas flippigen Lebenskünstler), melden sich freiwillig für eine klinische Studie an. Sie lernen einander beim Medikamententest kennen und fühlen sich sofort zueinander hingezogen. Doch die Sorglosigkeit ihrer entstehenden Beziehung gefährdet das Experiment, bei dem Antidepressiva getestet werden. Und dann ist da noch die Frage, wer nur mit Placebos versorgt wird.

Szene in The Effect im Stadttheater Mödling
Bettina Frenzel
„The Effect“ am Stadttheater Mödling mit Christina Saginth, Marc Illich und Veronika Petrovic (v.l.)

Als mit der Durchführung des Experiments betraute Ärztin, die selbst mit massiven Depressionen zu kämpfen hat, wie sich erst später zeigt, changiert Christina Saginth zwischen kühlem Therapeutengehabe und verzweifeltem Absturz. Anselm Lipgens verkörpert den Versuchsleiter, dem die eigene Karriere wichtiger ist als das Wohlergehen der Beteiligten. Das Experiment mündet schließlich in die Katastrophe, als Tristan durch eine Überdosis in Amnesie fällt. Conny kümmert sich um ihn – womöglich eine Lebensaufgabe.

Auch wenn manches in der Regie von Bruno Max sehr soapig und dick aufgetragen daherkommt: Gerade in pandemischen bis apokalyptisch anmutenden Zeiten sind die behandelten Themen von beträchtlicher Virulenz. Wer weiß denn auch, wie sehr der Psychopharmakamarkt noch von der gegenwärtigen Situation profitieren wird? Das Darstellerquartett legt sich jedenfalls ins Zeug, das Premierenpublikum sparte nicht mit Beifall.