Der Angeklagte wird in den Gerichtssaal gebracht
APA/HELMUT FOHRINGER
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Chronik

Prozess gegen „Ibiza-Detektiv“ erneut vertagt

Unter großem Medieninteresse ist am Mittwoch in St. Pölten der sechste Prozesstag um Drogenvorwürfe gegen den mutmaßlichen Drahtzieher des „Ibiza-Videos“, Julian Hessenthaler, gestartet worden. Das Verfahren wurde erneut vertagt.

Per Videokonferenz wurde eine in Serbien lebende Zeugin befragt. Weil der Angeklagte seinen Angaben zufolge krank ist, wurde der Prozess am Mittwoch erneut vertagt. Beim nächsten Termin am 30. März soll es ein Urteil geben. Der in U-Haft sitzende Beschuldigte beschrieb zu Verhandlungsbeginn auf Frage des Richters seinen Gesundheitszustand und meinte: „Es geht mir begrenzt.“ Dennoch wolle er während der Zeugenbefragung anwesend sein.

Der Privatdetektiv soll laut Staatsanwaltschaft 2017 und 2018 insgesamt 1,25 Kilogramm Kokain mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 70 Prozent nahe Haag (Bezirk Amstetten) in Niederösterreich, in Salzburg und Oberösterreich zu einem Grammpreis von 40 Euro an einen Bekannten übergeben haben. Damit soll Hessenthaler der Anklage zufolge Schulden beglichen bzw. seine triste finanzielle Situation aufgebessert haben.

Ehemaliger Geschäftspartner belastet Angeklagten

Belastet wird der 41-Jährige von einem ehemaligen Geschäftspartner und dessen früherer Geliebten. Der Zeuge hatte angegeben, er habe ursprünglich in seinem Prozess wegen Drogenhandels in Salzburg „reinen Tisch machen“ und gegen Hessenthaler aussagen wollen. Weil seine Mutter kurz vor seiner Hauptverhandlung von zwei Männern bedroht worden sei, habe er dann aber anders entschieden und den 41-Jährigen erst danach belastet. Der Mann vermutete, dass Hessenthaler hinter der berichteten Einschüchterung steckte. Das wurde bestritten.

Die Mutter des Belastungszeugen berichtete, dass sie im Jahr 2020 zwei Männer aufgesucht und ihr mitgeteilt hätten, „mein Sohn möge in Österreich vor Gericht aufpassen, was er sage, sonst wird es Folgen haben“. „Ich bin erschrocken und habe gesagt: ‚Hinaus, hinaus, sonst rufe ich die Polizei‘“, schilderte die Zeugin laut Dolmetscher ihre Reaktion. Die Männer beschrieb sie als „groß und kräftig“, einer der beiden soll eine Glatze haben.

Das Medieninteresse an dem Fall ist groß
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Das Medieninteresse an dem Fall war auch am sechsten Verhandlungstag groß

Angeklagter konnte Stellungnahme nicht vortragen

Die Serbin war bereits in ihrem Heimatland zweimal einvernommen worden. Da die Verteidiger nicht mit der Verlesung der Aussagen der Frau einverstanden waren, wurde eine Videokonferenz organisiert. Weil die ursprünglich für 16. Februar geplante Befragung nicht zustande gekommen war, musste der am 8. September 2021 gestartete Prozess erneut vertagt werden. Auch am Mittwoch wurde die Verhandlung aufgrund des Gesundheitszustandes von Hessenthaler nicht zu Ende gebracht. Der 41-Jährige hat seinen Angaben zufolge eine Stellungnahme vorbereitet, war aber nicht in der Lage, diese vorzutragen.

„Wir könnten seit Dezember fertig sein“, meinte der Richter daraufhin. Die Art und Weise der Verteidigung mache ein schnelles Verfahren aber unmöglich. „Es ist auch die Gefahr einer Überhaft gegeben“, sagte der Richter zum Angeklagten. Die Rechtsanwälte hielten fest, dass man dem Beschuldigten seine Krankheit nicht zur Last legen könne. Der Prozess soll am 30. März um 9.00 Uhr fortgesetzt werden.

Verteidiger über Vorwürfe: „Politisch motiviert“

Die Verteidiger haben die Vorwürfe gegen ihren Mandanten als konstruiert und politisch motiviert bezeichnet. Hessenthaler brachte ins Spiel, dass der Zeuge Geld bzw. Sachleistungen in Form von Rechtsanwaltshonorar für falsche Vorwürfe gegen ihn erhalten haben soll. Das bestritt der Betroffene. Im Fall eines Schuldspruchs drohen dem 41-Jährigen bis zu 15 Jahre Haft.

Hessenthaler soll das Video produziert haben, auf dem der damalige FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache und FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus in einer Villa auf Ibiza im Gespräch mit einer vermeintlichen Oligarchennichte zu sehen sind. Nach Veröffentlichung der Aufnahmen im Mai 2019 verloren nicht nur Strache und Gudenus ihre Jobs, sondern es kam auch zum Bruch der türkis-blauen Koalition. Eine Neuwahl war die Folge.